Die Teuerung macht auch den Gemeinden gewaltig zu schaffen.
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Niederösterreich

Tipps für den Gemeindevoranschlag

Die Erstellung des Voranschlags für das Haushaltsjahr 2023 stellt die Gemeinden wieder vor große Herausforderungen. Waren es in den letzten beiden Jahren vor allem die uns immer wieder beschäftigende Coronapandemie und die Steuerreform, stellen nun die stark steigenden Kosten im Energie- und Personalbereich sowie die anziehenden Zinsen für die beanspruchten Fremdmittel ein Problem für die Gemeinden dar. Zusätzlich sind auch die steigenden Kosten für die Sachausgaben angesichts der sehr hohen Inflation zu berücksichtigen.

Die Verantwortungsträger müssen heuer besonders viel Fingerspitzengefühl aufwenden, um einerseits die Mittel für die unbedingt erforderlichen Pflichtausgaben bereitzustellen, andererseits aber lieb gewordene Ermessensausgaben auf ihre Notwendigkeit und soziale Treffsicherheit zu hinterfragen und nötigenfalls zu kürzen oder möglicherweise sogar zu streichen. 

Die wirtschaftliche Entwicklung

Nach dem erfreulichen wirtschaftlichen Aufschwung der letzten beiden Jahre zeigen die aktuellen Prognosen beim Wirtschaftswachstum wieder eine deutliche Abflachung. 

Auf Grund der Oktoberprognosen von WIFO und IHS ist beim Bruttoinlandsproukt (real) im Jahr 2022 noch mit einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 4,8 % bzw. 4,7 % zu rechnen. Für das Jahr 2023 rechnen die Wirtschaftsforscher jedoch nur mehr mit Steigerungen gegenüber dem Jahr 2022 von 0,2 % bzw. 0,3 %.

Die Arbeitslosenrate wird sich weiterhin stabil entwickeln. Betrug sie im Jahr 2020 noch 9,9 %, ist sie im Jahr 2021 auf 8,0 % gesunken und wird heuer voraussichtlich 6,4 % betragen. Für das Jahr 2023 prognostizieren WIFO und IHS einen leichten Anstieg der Arbeitslosenrate auf 6,7 %. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat unmittelbare Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen in Form der Kommunalsteuer.

Die Inflationsrate – welche auch in den Gemeindebudgets in allen Bereichen ihren Niederschlag findet – wird vom WIFO und IHS für das Jahr 2022 mit 8,3 % bzw. 8,5 % berechnet. Für das Jahr 2023 wird eine Inflationsrate von 6,5 % bzw. 6,8 % prognostiziert. 

Der Budgetsaldo in Prozent des BIP (= Maastrichtsaldo) betrug bedingt durch die pandemiebedingten Hilfsmaßnahmen für alle Bereiche der Gesellschaft im Jahr 2020 noch minus 8 % und ist für das Jahr 2021 auf minus 5,9 % gefallen. Durch die weiteren Hilfsmaßnahmen im Energiebereich wird er laut Prognose von WIFO und IHS im Jahr 2022 minus 3,5 % bzw. minus 3,3 % betragen. Für das Jahr 2023 sind Werte von minus 1,7 % bzw. minus 2,7 % prognostiziert.

Der Voranschlag muss auf Grundlage der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV 2015) erstellt werden. Das seit dem Jahr 2020 geschaffene Drei-Komponenten-Rechnungswesen nach der VRV 2015 bringt mit sich, dass neben diesem Rechenwerk auch die Beilagen wie z. B. der Investitionsnachweis oder der Nachweis des Haushaltspotentials auf Grundlage der NÖ Gemeindehaushaltsverordnung erstellt werden müssen, um jene Aussagekraft zu erhalten, welche vor Einführung dieses Rechnungssystems gegeben war. Trotz intensiver Bemühungen aller Betroffenen kann es immer wieder vorkommen, dass nicht alle erforderlichen Umsetzungsschritte „perfekt“ erfolgen und sicher noch ein mehrjähriger Anpassungsbedarf und Lernprozess zu erwarten ist.

Ermessensausgaben auf ein Minimum reduzieren

In den Voranschlag 2023 sollten vorerst nur jene Mittelaufbringungen und Mittelverwendungen aufgenommen werden, welche auf Grund von rechtlichen oder vertraglichen Verpflichtungen im Haushaltsjahr 2023 anfallen werden bzw. die bewirken, dass Förderungen in Anspruch genommen werden können. Alle Ermessensausgaben sollten so weit wie möglich auf ein Minimum reduziert werden. 

Volkszählung 2021 beeinflusst Prognosen

Aus derzeitiger Sicht ist davon auszugehen, dass der Voranschlag 2023 überarbeitet und die Erstellung eines Nachtragsvoranschlags 2023 kaum vermeidbar sein wird. Dies hat vor allem auch damit zu tun, dass bei der Berechnung der Ertragsanteile und der Umlagen nicht auf die aktuellen Einwohnerzahlen der Gemeinden nach dem Finanzausgleichsgesetz zurückgegriffen werden kann. Hier wären die Einwohner zum Stichtag 31. Oktober 2021 zu berücksichtigen.

Laut Aussendung des Bundesministeriums für Finanzen beruhen die Prognosen jedoch auf den Einwohnerzahlen zum Stichtag 31. Oktober 2020. Während die Zahlen in den Vorjahren relativ punktgenau waren, handelt es sich bei den für den Voranschlag 2023 übermittelten Prognosen um sehr grobe Annäherungswerte, welche sich bei der Berechnung mit der tatsächlichen Einwohnerzahl ändern können. 

Hintergrund für diesen Umstand ist, dass zum Stichtag 31. Oktober 2021 nicht nur die jährliche Bevölkerungsstatistik erstellt wurde, sondern eine Volkszählung stattfand. Das Ergebnis wird Statistik Austria voraussichtlich erst im Mai 2023 kundmachen. Daher werden für die Voranschlagserstellung die benötigten Daten vorläufig mit dem zuletzt verfügbaren Bevölkerungsstand 2020 berechnet – also mit jenem Stand, der bereits als Grundlage für die Prognose für den Voranschlag 2022 diente.

In einem allfälligen Nachtragsvoranschlag 2023 können dann auch die Ergebnisse des Rechnungsabschlusses 2022 (Überschüsse oder Fehlbeträge im Investitionsnachweis und beim Haushaltspotential) sowie die aktuellen Zahlen aus dem Finanzausgleich und der Umlagen eingearbeitet werden. Nach Vorliegen dieser Daten sollte dann der Gemeinderat endgültig entscheiden, ob geplante Projekte umgesetzt werden können und wie deren Bedeckung erfolgen soll. 

Entwicklung der Ertragsanteile

Für die niederösterreichischen Gemeinden haben sich die Einnahmen aus Ertragsanteilen in den Monaten Jänner bis Oktober 2022 äußerst positiv entwickelt. Konnten den Gemeinden im Jahr 2021 von Jänner bis Oktober noch Ertragsanteilevorschüsse in der Höhe von 1.610,8 Mio. Euro ausbezahlt werden, hat sich im selben Zeitraum im Jahr 2022 dieser Betrag auf 1.763,3 Mio. Euro erhöht. Dies entspricht einer Steigerung von 9,5 %.

Nach dem im heurigen Jahr feststellbaren positiven Trend beim Ertagsanteilaufkommen sagten die Prognosen vom Juli für das Jahr 2023 noch einen Rückgang gegenüber dem Jahr 2022 von rund 1 % voraus. Dieser Trend hat sich mit der Oktoberprognose von WIFO und IHS und den daraus resultierenden Berechnungen im Bundesministerium für Finanzen erfreulicherweise zum positiven gedreht. Auf Grund dieser neuen Berechnungen dürfen die Gemeinden im Jahr 2023 mit einer Steigerung der Ertragsanteile gegenüber dem Jahr 2022 um 1,2 % rechnen.

Entwicklung der Umlagen

Die Steigerungen bei den Umlagen wurden in Kommunalgipfelvereinbarungen vom 8. Mai 2018, vom 23. Juni 2020 und vom 13. Juli 2021 festgelegt. Die Gemeinden haben damit bei den Umlagezahlungen an das Land Sicherheit bezüglich der im Ergebnis- und Finanzierungshaushalt zu budgetierenden Belastungen.

Im Jahr 2023 wird die Sozialhilfeumlage gegenüber dem Jahr 2022 um 4,6 % erhöht. Für die weitere mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2024 bis 2027 wird empfohlen – da für diesen Zeitraum noch keine Kommunalgipfelvereinbarung vorliegt - die Steigerungsrate ebenfalls mit 4,6 % fortzuschreiben. 

Bei der Festlegung der Steigerungsrate für die NÖKAS-Umlage wurde eine Erhöhung von 2022 auf 2023 von 3,0 % vereinbart. Für die mittelfristige Finanzplanung der Jahre 2024 bis 2027 wird empfohlen – da hier ebenfalls keine Kommunalgipfelvereinbarung vorliegt - die Steigerungsrate mit 3,0 % fortzuschreiben.

Ab dem Jahr 2021 erfolgt die Finanzierung des Rettungs- und Krankentransportwesens in Niederösterreich über die NÖKAS-Umlage. Damit sind nunmehr sämtliche Leistungen der Gemeinden an die Rettungsorganisationen umfasst. Dies bedeutet, dass von den Gemeinden keine weiteren Zahlungen (z.B. für Fahrzeugkäufe, Gebäude, Investitionskosten oder dergleichen) geleistet werden müssen.

Die Kinder- und Jugendhilfe-Umlage wird gegenüber dem Jahr 2022 um 4,6 % angehoben werden. Für die weitere mittelfristige Finanzplanung für die Jahr 2024 bis 2027 wird empfohlen– da auch hier keine Kommunalgipfelvereinbarung vorliegt - die Steigerungsrate mit 4,6 % fortzuschreiben.

Bezüglich der genannten Steigerungsraten muss darauf hingewiesen werden, dass sich die Werte auf die landesweite Gesamtsumme der Umlagen beziehen. Da bei der Zurechnung der Umlagen auf die einzelnen Gemeinden die Finanzkraft der Gemeinde berücksichtigt wird, kann es zu Abweichungen bei den genannten Richtwerten kommen. Der derzeitige Vorteil bei den Umlagezahlungen besteht darin, dass in den Steigerungsraten – welche auf prognostizierten Aufwendungen in den verschiedenen Bereichen beruhen – die stark gestiegenen Inflationswerte nicht mit eingerechnet sind. Dieser Vorteil wird in den Folgejahren jedoch wieder aufgeholt werden müssen, da die betroffenen Aufwendungen bereits im Jahr 2023 inflationsbedingt ansteigen werden.

Mittel aus dem Strukturfonds

Der Strukturfonds nach § 24 FAG 2017 ist mit 60 Mio. Euro aus Bundesmitteln dotiert und wird nach der Einwohnerentwicklung, der Abhängigkeitsquote und der Finanzkraft aus den Einnahmen aus Grundsteuer und Kommunalsteuer verteilt. Bis zur Bekanntgabe der endgültig errechneten Mittel durch den Bund sollten die Gemeinde daher bei der Budgeterstellung für das Jahr 2023 den Referenzwert aus dem Jahr 2022 heranziehen. 

Steigerung bei den Lohnkosten

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrages wurde die erste Verhandlungsrunde zwischen den Gewerkschaften und den Dienstgebern aufgenommen, Ergebnisse lagen erwartungsgemäß nicht vor. Auf Grund der derzeitigen Inflation, den bereits feststehenden Erhöhungen gegenüber den Pensionistinnen und Pensionisten und den erhobenen Gehaltsforderungen in der Privatwirtschaft sollte im öffentlichen Bereich eine Steigerung von mindestens 7 % budgetiert werden. 
Biennalsprünge sind zusätzlich zu budgetieren. In den Folgejahren könnten Steigerungsraten von rund 3 % angesetzt werden. 

Energiekosten

Im Bereich der Steigerungen bei den Energiekosten wird teilweise mit Prozentsätzen in der Öffentlichkeit argumentiert, welche zu hinterfragen sind. Entscheidend für diese Berechnungen sind die derzeit bestehenden Verträge mit den Energieanbietern, und diese sind bei Gemeinden unterschiedlich. Während viele Gemeinden schon jetzt angemessene Energiepreise zahlen müssen, hatten einige auf Grund vertraglicher Regelungen den Vorteil, noch günstige Tarife verrechnet zu bekommen. Daher fallen hier die Steigerungen höher aus.

Für den Voranschlag 2023 sind daher die einzelnen Verträge mit den Energieanbietern zu analysieren und die realen Kostensteigerungen zu errechnen. Entscheidend sind daher die Realzahlen der Energiekosten als auch die erzielbaren Einsparungsmaßnahmen im Energiebereich.
In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass nicht unbedingt zu erfüllende Pflichtaufgaben kooperativ durch nur eine Gemeinde in der Region für die Bürgerinnen und Bürger bereitgestellt werden könnten.

Zinsentwicklung

Während sich die Gemeinden im letzten Jahrzehnt auf eine stabile Zinsentwicklung bei den in Anspruch genommenen Investitionskrediten verlassen konnten, ist im Jahr 2023 mit einem beträchtlichen Anstieg der Kosten für Zinszahlungen zu rechnen. Die Europäische Zentralbank hat mit der Anhebung des Leitzinssatzes von 0 % auf derzeit 1,25 % diese Trendwende eingeleitet. Mit einer weiteren Anhebung des Eckzinssatzes ist auf Grund der Aussagen der EZB noch in diesem Jahr und auch im nächsten Jahr zu rechnen. 

Nach der Erhöhung des Leitzinssatzes sind alle derzeit am Markt befindlichen Zinssätze sprunghaft angestiegen. So wies der für viele Darlehen der Gemeinde gültige Sechs-Monats-Euribor mit Stand Anfang Oktober bereits einen Wert von 1,775 % auf. 

Aus derzeitiger Sicht und mit dem Wissen, dass die Zinssätze weiter ansteigen werden, sollten die Gemeinden für den Voranschlag 2023 zumindest 4 % jährliche Zinsen für die bestehenden variabel verzinsten Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten budgetieren. Diese Höhe sollte auch im mittelfristigen Finanzplan weitergeschrieben werden. 

Kommunales Investitionsprogramm 2020

Aus aktuellem Anlass wird nochmals darauf hingewiesen, dass die Gemeinden die Mittel des Bundes aus dem kommunalen Investitionsprogramm 2020 vollständig abrufen sollten. Dies ist nur mehr bis 31. Dezember 2022 möglich.

Sollten bei Gemeinden keine oder nicht ausreichende Projekte vorliegen, sollte zumindest versucht werden, die Fördermittel für Investitionen in Wasserversorgungs- oder Abwasserbeseitigungsanlagen abzuberufen, da in diesen Bereichen viele Gemeinden laufend investieren müssen.
Die genaue Förderhöhe je Gemeinde ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen von jedermann abrufbar. 
Die Abwicklung erfolgt über die Buchhaltungsagentur des Bundes. Alle Unterlagen können über die Homepage abgerufen werden. Sollten Gemeinden die Fördermittel nicht abrufen, verfallen sie zu Gunsten aller anderen Gemeinden.