Die Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen ist vor allem dann schwierig, wenn es sich nicht um die eigenen vier Wände, sondern um ein Mehrfamilienhaus oder ein gemietetes Haus mit mangelhaftem Stiegenhaus handelt.
© frenzelll - stock.adobe.com

Sturzgefahr im Stiegenhaus

20. Juni 2021
Wackelige Geländer, ungleiche Stufenhöhen, fehlende Beleuchtung: Wie eine aktuelle Untersuchung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) ergibt, sind Mängel und Sicherheitsrisiken in Stiegenhäusern keine Seltenheit. Ihre Beseitigung könnte zahlreiche Unfälle verhindern.

Rund 28.500 spitalsbehandelte Treppensturzunfälle ereignen sich jährlich in Österreich, durchschnittlich 58 Menschen pro Jahr sterben an den Folgen eines Treppensturzes. Damit zählen Sturzunfälle – und im Besonderen Treppensturzunfälle – zu den stark unterschätzten Gesundheitsrisiken. 

Das KFV hat im Rahmen einer aktuellen Studie österreichweit 700 mehrgeschoßige Wohnhäuser unterschiedlicher Bauperioden mit mehr als drei Wohneinheiten überprüft. Die Ergebnisse waren nicht nur in Altbauten (Baujahr bis 1918) und Zwischen- und Nachkriegsbauten (Baujahr 1919 bis 1960) ernüchternd. Auch in Neubauten (Baujahr ab 1961) fanden sich Sicherheitsrisiken – besonders häufig mangelhafte Beleuchtungen, Handläufe oder fehlende Absturz-Sicherungen für Kinder. 

Handläufe: zu kurz, zu wackelig oder nicht vorhanden

Obwohl auf Treppen mit zwei oder mehr Stufen laut ÖNORM B 5371 Handläufe auf beiden Seiten vorzusehen sind, ist dies in vielen Wohnhäusern nur auf einer Seite der Fall. In einem sicheren Stiegenhaus sollten Handläufe zudem 30 Zentimeter über das Ende der letzten Treppenstufe hinausreichen – auch diese Voraussetzung ist in vielen Häusern nicht erfüllt: Bei 43 Prozent der Gebäude endeten die Handläufe abrupt oder bereits davor.

Erschwerend kommt hinzu, dass zahlreiche Menschen seit Beginn der Covid-19-Pandemie vermeiden, den Handlauf beim Treppensteigen anzufassen, um einer möglichen Ansteckung vorzubeugen.

Auch die Beleuchtung kann schnell zu einem Problem werden: Etwa jedes zehnte Treppenhaus (neun Prozent) ist schlecht, weitere 38 Prozent sind nicht vollständig ausgeleuchtet.

Kinder im Treppenhaus. Überklettern und Durchschlüpfen verhindern.

Neben allgemeinen Sicherheitsrisiken wurden die Stiegenhäuser auch in Bezug auf die Kindersicherheit einer Überprüfung unterzogen. Auch hier zeigte sich: In weit mehr als der Hälfte der überprüften Gebäude war das Geländer bei einer möglichen Absturzhöhe von bis zu 12 Metern niedriger als einen Meter.

Mehr als ein Drittel der Geländer enthielt Elemente, die als Aufstiegshilfe genutzt werden konnten – ein Hochklettern für Kinder also ermöglichten. Auch der Maximalabstand von 12 Zentimetern zwischen zwei Geländersprossen sowie der Abstand zwischen Boden und Geländer, der ein Durchschlüpfen von Kindern verhindern soll, wurde in vielen Gebäuden überschritten.

Vermieter oder Wohnhauseigentümer haften

Die Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen ist vor allem dann schwierig, wenn es sich nicht um die eigenen vier Wände, sondern um ein Mehrfamilienhaus oder ein gemietetes Haus mit mangelhaftem Stiegenhaus handelt. Jedem Vermieter oder Wohnhauseigentümer muss bewusst sein, dass ihm im Falle eines Sturzes eine Klage droht, wenn die Sicherheit in Treppenhäusern nicht gewährleistet ist. Das KFV appelliert daher an alle Hauseigentümer und Vermieter, ihre Stiegenhäuser technisch sicher zu gestalten, um Sturzgefahren zu minimieren.