
Die 164. Plenarsitzung des Ausschusses der Regionen fand in Straßburg statt.
© European Union / Claudio Centoze
Regionalpolitik soll Ungleichheiten bekämpfen
Während einer Plenardebatte mit dem Exekutiv-Vizepräsidenten (EVP) der Europäischen Kommission für Kohäsion und Reformen, Raffaele Fitto, sprachen sich regionale und lokale Vertreter gegen eine Zentralisierung der künftigen Kohäsionspolitik aus. Sie forderten einen EU-Haushalt nach 2027, der es den Regionen ermöglicht, Ungleichheiten zu bekämpfen und auf neue Herausforderungen zu reagieren.
Zum Auftakt der neuen fünfjährigen Mandatsperiode tauschten sich die Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) mit Kommissar Raffaele Fitto darüber aus, wie die Kohäsionspolitik effizienter gestaltet werden kann. Dabei sollte weiterhin wirtschaftliche Konvergenz gefördert und soziale sowie territoriale Disparitäten verringert werden.
Die lokalen und regionalen Vertreter warnten vor der Gefahr, die künftigen EU-Kohäsionsfonds mit einem zentralistischen und ortsunabhängigen Ansatz zu verwalten. Ein solcher Ansatz würde nicht nur die regionalen Disparitäten nicht effektiv reduzieren, sondern auch langfristige Investitionen in allen Regionen gefährden.
Zudem bestehe das Risiko, dass Mittel eher aus politischen Erwägungen als auf Grundlage regionaler Bedarfe zugeteilt werden. Wie die Europäische Kommission in ihrer jüngst veröffentlichten Mitteilung zum nächsten langfristigen EU-Haushalt betont, muss eine gestärkte Kohäsions- und Wachstumspolitik in Partnerschaft mit nationalen, regionalen und lokalen Behörden gestaltet und umgesetzt werden.
EVP Fitto forderte die regionalen und lokalen Vertreter auf, die Zusammenarbeit bei der Reform der Kohäsionspolitik zu intensivieren. Dabei versicherte er ihnen, dass die Kernprinzipien der Kohäsionspolitik – Partnerschaft, gemeinsame Verwaltung, mehrstufige Regierungsführung und ortsbezogene Ansätze – weiterhin gewahrt bleiben.
Schwerpunkte für die anstehende Halbzeitbewertung
Ein weiteres Thema der Debatte war die Halbzeitbewertung der Kohäsionspolitik für den Programmzeitraum 2021–2027. Die AdR-Mitglieder betonten, dass die grüne und digitale Transformation der Regionen durch ortsbezogene Industrie- und Energiestrategien unterstützt werden müsse. Dies sei entscheidend, um die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der EU insgesamt zu stärken und ihre strategische Autonomie zu sichern.
Stimmen aus der Debatte
Kata Tüttő, neu gewählte Präsidentin des AdR und Stadträtin in Budapest: „Die Kohäsionspolitik ist nicht nur das beste Mittel gegen die Fragmentierung unserer Regionen und Gesellschaften, sondern auch die Garantie dafür, dass EU-Politik im Alltag der Menschen spürbar wird. Sie ist das wichtigste Stabilitätsinstrument Europas – wirtschaftlich, sozial und territorial – und muss daher weiterhin in Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Behörden gestaltet werden. Eine zu starke Zentralisierung oder Kontrolle würde dazu führen, dass sie ihr Ziel verfehlt, uns durch globale Veränderungen zu navigieren. Die Kohäsionspolitik muss flexibel, dezentralisiert und innovativ bleiben."
Raffaele Fitto, Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission für Kohäsion und Reformen: „Die Zeiten ändern sich, und die Kohäsionspolitik muss sich mit ihnen verändern. Unterschiedliche Realitäten erfordern unterschiedliche Ansätze, und wir können nur mit direkter Beteiligung der Regionen erfolgreich sein. Gleichzeitig müssen wir die Leistungsfähigkeit der Politik verbessern – durch eine stärkere Governance, beschleunigte Umsetzung und den Ausbau von Kapazitäten. Die lokalen und regionalen Behörden müssen in die Gestaltung, Verwaltung und Umsetzung der Politik einbezogen werden. Die anstehende Halbzeitbewertung der aktuellen Programme ist eine goldene Gelegenheit. Dies ist unsere Chance, nicht nur die Umsetzung zu beschleunigen, sondern die Kohäsionspolitik auch besser mit den Prioritäten der EU in Einklang zu bringen. Europa wird mit einer starken Kohäsion weiter vorankommen.“
Hintergründe
- Am 12. Dezember 2024 nahm Kommissar Raffaele Fitto an seinem ersten öffentlichen Auftritt nach seinem Amtsantritt teil: der jährlichen gemeinsamen Sitzung des AdR-Ausschusses für territoriale Kohäsionspolitik und EU-Haushalt (COTER) sowie des Ausschusses für regionale Entwicklung (REGI) des Europäischen Parlaments.
- Während der Plenarsitzung am 20.–21. November verabschiedete der AdR ein Meinungsbild, das die Grundpfeiler der Kohäsionspolitik nach 2027 definiert.
- Die Kohäsionspolitik umfasst in der aktuellen Programmperiode 2021–2027 fast 370 Milliarden Euro an EU-Mitteln und macht damit ein Drittel des langfristigen EU-Haushalts aus.