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Der EU-Aufbaufonds: Viel Geld, wenig Kontrolle

Der Corona-Aufbaufonds der Europäischen Union, offiziell „Aufbau- und Resilienzfazilität“ (ARF), sollte die Mitgliedstaaten nach der Pandemie wirtschaftlich stärken. Mit rund 650 Milliarden Euro an zugesagten Mitteln handelt es sich um das größte Finanzinstrument, das je von der EU zur Krisenbewältigung eingesetzt wurde. Eine neue Analyse des Europäischen Rechnungshofs wirft nun ein kritisches Licht auf das Programm.

Die Europäische Union hat mit dem Corona-Aufbaufonds ein Instrument geschaffen, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Über 650 Milliarden Euro werden europaweit bereitgestellt – ein Großteil davon fließt direkt in Reform- und Investitionsmaßnahmen, die auch für Städte und Gemeinden von Bedeutung sind.

Der Aufbaufonds wurde 2021 eingeführt. Anders als frühere Programme der EU ist er nicht kostenbasiert. Das bedeutet: Die EU-Länder erhalten Geld, wenn sie bestimmte Etappenziele und Zielwerte aus ihren nationalen Plänen erreichen – unabhängig davon, was diese Maßnahmen tatsächlich kosten.

Dieser neue Ansatz sollte Reformen und Investitionen unter anderem in den digitalen und ökologischen Wandel fördern. 

Österreich hat hierfür einen nationalen Aufbau- und Resilienzplan erstellt. Dieser fördert unter anderem folgende vier zentrale Komponenten:

  • Nachhaltiger Aufbau: Investitionen in Klima- und Umweltschutz
  • Digitaler Aufbau: Förderung von Digitalisierung in Verwaltung und Infrastruktur
  • Wissensbasierter Aufbau: Stärkung von Bildung und Forschung
  • Gerechter Aufbau: Soziale Teilhabe, regionale Ausgewogenheit

Mittel aus dem Corona-Aufbaufonds stehen auch Gemeinden offen – und zwar über Förderinstrumente der Kommunalkredit Public Consulting (KPC). 

Mangelnde Rechenschaft und lasche Kontrolle

Ein aktueller Bericht des Europäischen Rechnungshofs zeigt jedoch Schwächen im System auf. Es sei unklar, was Europas Bürgerinnen und Bürger konkret für ihr Geld erhalten. Es fehle an Daten zu tatsächlichen Kosten und konkreten Ergebnissen. Dadurch lasse sich nicht ermitteln, ob die Ausgaben effizient oder wirtschaftlich waren.

Die Prüfer des Rechnungshofs sehen besonders bei Rechenschaftspflicht und Kontrolle erhebliche Schwächen. Zwar habe sich die Umsetzung des Aufbaufonds verbessert, doch bleibe die Kontrolle lückenhaft. Die EU-Kommission verlasse sich in großem Maße auf die Mitgliedstaaten, wenn es um die Einhaltung von Regeln geht. Diese sollen etwa selbst Verstöße bei der Mittelvergabe aufdecken.

Ein Problem: Bei Regelverstößen – außer in gravierenden Fällen wie Betrug – kann die Kommission keine Finanzmittel zurückfordern. Zahlungen erfolgen, solange Etappenziele formal erfüllt sind – selbst dann, wenn Projekte noch nicht abgeschlossen oder Aufträge fehlerhaft vergeben wurden. In einigen Fällen erhielten Länder bereits hohe Summen, obwohl Vorhaben noch nicht umgesetzt waren.

Verzögerungen und steigende Kosten

Ein Großteil der Projekte muss bis spätestens August 2026 abgeschlossen sein. Der Rechnungshof weist jedoch auf Verzögerungen hin. Zudem ist unklar, ob die Mittel in allen Fällen tatsächlich die Endempfängerinnen und Endempfänger erreicht haben.

Der Aufbaufonds wird größtenteils über gemeinsame EU-Schulden finanziert. Zwar konnte die EU-Kommission in den ersten Jahren zu sehr günstigen Bedingungen Geld aufnehmen, mittlerweile sind die Zinssätze jedoch gestiegen. Bis 2026 könnten sich die Finanzierungskosten mehr als verdoppeln. Das erhöht den Druck auf künftige EU-Haushalte deutlich.

Lehren für die Zukunft

Der Aufbaufonds war ein einmaliges und zeitlich befristetes Instrument. Dennoch könnten die Erfahrungen aus der Umsetzung künftige Entscheidungen über EU-Haushalte prägen. Der Rechnungshof warnt davor, ähnliche Programme erneut ohne klare Regeln, Kostentransparenz und Ergebnisnachweise einzuführen.

Für mögliche künftige Kreditaufnahmen empfiehlt er einen verbindlichen Rückzahlungsplan, der von Anfang an festlegt, woher die Mittel zur Tilgung kommen sollen. Beim Corona-Aufbaufonds habe ein solcher Plan gefehlt.

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