Planlosigkeit ist der Anfang vom Ende

Der Asylgipfel hat gezeigt, dass unsere Regierung noch immer nicht „mit einer Stimme“ spricht. Und sie hat definitiv keinen Plan, wie sich die „Obergrenze“ auswirken wird.

Vorweg: Diktatoren vom Schlage eines Saddam Hussein oder auch eines Hafez al Assad (der Vater des jetzigen syrischen Präsidenten Baschar al Assad) müssen meiner Meinung nach bekämpft werden. Der eine hat Giftgasbomben auf seine Bevölkerung geworfen und einen der mörderischsten Kriege der Neuzeit vom Zaun gebrochen. Der Andere hat zum Machterhalt eine seiner eigenen Städte mit Artillerie in Schutt und Asche gelegt. Beide zusammen haben vermutlich mehr als eine Million Menschenleben auf dem Gewissen. Als die westliche Welt – geführt von den USA – am Sturz dieser Regimes gearbeitet hat, haben sie recht getan.



Was die Amerikaner damals nicht hatten (und vermutlich auch heute noch nicht haben), war ein Plan für die Zeit danach. Der Stein, den sie da zuerst im Irak ins Rollen gebracht haben, der droht uns jetzt zu überrollen. Die destabilisierende Wirkung des Bürgerkriegs im Irak in Kombination mit dem arabischen Frühling wurde in seiner Auswirkung auf Syrien völlig unterschätzt. Das Zerbrechen dieser beiden Schlüsselländer das Nahen Ostens ist die erste Folge dieses rollenden Steins. Jetzt ist er zu einer Lawine angewachsen, die nach Europa rollt – in Form von Flüchtlingen.



Und auch unsere Regierung hat offenbar keinen Plan für die Zeit danach. Gut: Jetzt haben wir eine Obergrenze von vorerst 37.500 Flüchtlingen, die 2016 nach Österreich dürfen. Aber schon kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses des Asylgipfels teilen sich wieder die Meinungen. Der Kanzler spricht von Richtlinie, der Vizekanzler von Obergrenze, der Verteidigungsminister sagt, dass wir den 37.501. Flüchtling nicht zurückschicken werden, die Innenministerin meint, das wir das sehr wohl tun. Nach „mit einer Stimme sprechen“ oder gar nach Plan klingt das nicht.



Klar auf der Hand liegt meiner Meinung nach, dass das Schließen der Grenzen – begonnen haben übrigens die Schweden und die Dänen – zu einer humanitären Notlage sondergleichen führen wird. Nicht an unseren Grenzen, aber an den Grenzen der EU, sprich vor allem in Griechenland und Italien und jenen Ländern, die die „Last der Außengrenze“ tragen. Die Menschen werden weiter zu Tausenden aus den Kriegsgebieten fliehen (und zwar aus Todesangst, nicht aus wirtschaftlichen Notlagen) und sie werden sich an den Grenzen zu riesigen Mengen zusammenballen. In Zelten, Winter oder Sommer, Jung und Alt, Männer, Frauen, Kinder.



Ich stimme mit dem Integrationsexperten Kenan Güngür überein, wenn er im „Runden Tisch“ des ORF am 20. Jänner meint, dass die möglichen Auswirkungen das Zeug hätten, den ganzen Balkan zu destabilisieren. Und ich hoffe sehr, dass sich unsere Regierung wohl überlegt hat, wie wir damit umgehen, sollte eine solche Situation tatsächlich eintreten.



Aber am meisten hoffe ich, dass ich mich mit meinen Befürchtungen irre.