© Vilija Ramanauskiene
Zahlreiche Vertreter der Gemeinden und Regionen Europas protestieren vor dem EU-Parlament in Brüssel gegen den Haushaltsentwurf der EU-Kommission.
© © Vilija Ramanauskiene

Europäische Union

No cohesion without representation!

Während der Europäischen Woche der Städte und Regionen versammelten sich am 15. Oktober zahlreiche Vertreter der #CohesionAlliance vor dem EU-Parlament in Brüssel um gegen den Haushaltsvorschlag der EU-Kommission zu protestieren.

Würde der vorliegende langfristige EU-Haushaltsentwurf für die Zeit nach 2027 - der mehrjährige Finanzrahmen (MFR) – in der derzeitigen Fassung angenommen werden, dann würden die Kohäsionspolitik und die Agrarpolitik in einem einzigen, großen Fonds zusammengeführt und in Wettbewerb zueinander gebracht werden.  

© Paolo De Nigris
Die Demonstranten kritisieren den Haushaltsentwurf der EU-Kommission, da sie eine „Verstaatlichung“ der Kohäsionspolitik mit negativen Folgen für die Gemeinden und Regionen befürchten.                                                                                    © Paolo De Nigris

Eindringlicher Appell im Wortlaut

Die Protestierenden formulierten ihre Bedenken und Anliegen in einem Appell, der KOMMUNAL schriftlich vorliegt. Er lautet:

Appell der #CohesionAlliance, Regionen, Städten und Gemeinden volle Partnerschaftsrechte in der künftigen Kohäsionspolitik 2028–2034 zu gewähren und sich ihrer Nationalisierung und Zentralisierung zu widersetzen.

Als gewählte Vertreterinnen und Vertreter von Regionen, Städten und Gemeinden in ganz Europa, vereint in der #CohesionAlliance, rufen wir das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten dazu auf, den vorgeschlagenen Reformplan der Kohäsionspolitik, wie er im Paket der Europäischen Kommission vom 16. Juli für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028–2034 dargelegt ist, zu überarbeiten.

Die Partner der Kohäsionsallianz halten den MFR-Vorschlag für unzureichend, um die anhaltenden Kohäsionsunterschiede zu verringern sowie Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz zu fördern, die notwendig sind, um aktuellen und künftigen Herausforderungen zu begegnen.

Die Bündelung der Kohäsionspolitik mit anderen Politikbereichen wie Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung, Verteidigung oder Migration bedeutet, dass lokale und regionale Gebietskörperschaften auf nationaler Ebene um finanzielle Unterstützung konkurrieren müssten – mit Landwirten, Fischern, Sicherheitskräften, großen Privatunternehmen und vielen anderen.

Auch wenn all diese Ziele und gesellschaftlichen Gruppen Unterstützung verdienen, fordert die Kohäsionsallianz einen ortsbezogenen Ansatz, bei dem lokale und regionale Regierungen die treibende Kraft für die wirtschaftliche, soziale und territoriale Entwicklung auf lokaler oder regionaler Ebene sind.

Durch die Verlagerung des Entscheidungsschwerpunkts von den Regionen in die Hauptstädte bedeutet der Vorschlag eine tiefgreifende Veränderung der Rolle, die die Kohäsionspolitik bislang als zentrales Instrument zur Unterstützung langfristiger EU-Politikziele und territorialer Investitionen spielt. Stattdessen deutet er auf einen kurzfristig orientierten Rahmen hin, bei dem Investitionen stärker an strukturelle Reformauflagen gebunden sind.

An forderster Front des Protests standen Spitzenvertreter aus Kommunal- und Regionalregierungen. Mittendrin (in der Bildmitte) befand sich auch AdR-Präsidentin Kata Tüttö.                                                                                                                                                         © European Union / Denis Closon

Die Partner der #CohesionAlliance

  1. betonen, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union (EU) strategische Partner für die strategische Planung, Verwaltung und Umsetzung von EU-Investitionen im Zeitraum 2028–2034 sind, da sie bereits jetzt für mehr als die Hälfte der öffentlichen Investitionen in der EU verantwortlich sind. Als europäische Politik darf der Zugang zur Kohäsionspolitik sowie ihre Vorbereitung, Aushandlung, Umsetzung und Überwachung nicht allein den nationalen Behörden überlassen werden;
  2. heben hervor, dass der nächste mehrjährige Finanzrahmen (MFR) für alle Gebiete in der EU zugänglich sein muss, damit die Union die in den Verträgen über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankerten Ziele des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts erreichen kann und die Grundsätze der Mehrebenen-Governance und Partnerschaft respektiert werden;
  3. erinnern daran, dass die Kohäsionspolitik das wichtigste langfristige Instrument der EU ist, um in Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit, Wissen, Klimaschutz, nachhaltige Entwicklung, Infrastrukturaufbau und Förderung der sozialen Inklusion zu investieren – und zwar auf der Grundlage regionaler, ortsbezogener Strategien;
  4. lehnen den Vorschlag für nationale und regionale Partnerschaftspläne (NRPP) ab, soweit er zu einer Renationalisierung sowohl der Kohäsionspolitik als auch der Landwirtschafts- und ländlichen Entwicklungspolitik führen und alle von den NRPP erfassten sektoralen Politiken in Konkurrenz zueinander setzen würde; sie fordern daher stärkere Garantien für wirksame Mechanismen der Mehrebenen-Governance;
  5. fordern die Wiedereinführung von EU-weiten Finanzierungsgarantien für alle Regionen im Rahmen der Kohäsionspolitik, einschließlich Übergangs- und stärker entwickelter Regionen, damit diese in die Lage versetzt werden, ortsbezogene Politiken und Strategien zu entwickeln, die ihren jeweiligen Bedürfnissen, Kapazitäten und Verwundbarkeiten in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit, Klimaschutz, Beschäftigung und Infrastrukturaufbau gerecht werden;
  6. betonen, dass der MFR-Vorschlag 2028–2034 das Risiko birgt, das demokratische Defizit zu verschärfen und das Vertrauen in die EU-Institutionen zu untergraben, da eine wirksame Aufsicht durch das Europäische Parlament sowie nationale und regionale Parlamente nicht vorgesehen ist;
  7. fordern die Gesetzgeber nachdrücklich auf, den künftigen MFR zu überarbeiten, um einen stärker dezentralisierten Ansatz zu ermöglichen, der subnationale Behörden befähigt, Mittel effektiv zu verwalten und echte Partnerschaften zu schaffen, die eine widerstandsfähige und wohlhabende Zukunft für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger sichern. Das etablierte Modell der geteilten Mittelverwaltung muss beibehalten und die Grundsätze der Mehrebenen-Governance müssen substanziell gestärkt werden.

Was ist die #CohesionAlliance?

Die #CohesionAlliance wurde im Oktober 2017 vom Europäischen Ausschuss der Regionen und führenden europäischen Verbänden von Städten und Regionen gegründet. Seit ihrer Gründung hat sie mehr als 12.000 Mitglieder aus Regionen, Städten und Landkreisen, aus Verbänden der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, aus dem Europäischen Parlament und aus sektoralen EU‑Verbänden vereint.

Im Jahr 2022 begann die #CohesionAlliance eine neue Mobilisierungsphase, um die Kohäsionspolitik zu stärken. Im Vorfeld entscheidender Verhandlungen über den nächsten EU‑Haushalt ist die Allianz nun vollständig mobilisiert. Sie fordert, dass eine erneuerte Kohäsionspolitik weiterhin die zentrale langfristige und dezentralisierte Investitionspolitik der Europäischen Union bleibt.

Schlagwörter