
Im Plenum des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) fiel die Ablehnung des Haushaltsentwurfes der EU-Kommission deutlich aus.
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Europäische Union
Europäische Regionen warnen vor Zentralisierung der Kohäsionspolitik
Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) hat die EU-Institutionen eindringlich aufgefordert, den Vorschlag für den mehrjährigen Finanzrahmen nach 2027 grundlegend zu überarbeiten.
Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften warnen vor einer Zentralisierung der Kohäsionspolitik und befürchten den Verlust demokratischer Kontrollmechanismen.
Einstimmiges Votum gegen geplante Reform
Auf der AdR-Plenartagung am 15. Oktober verabschiedeten die Vertreter aller politischen Familien einstimmig eine Entschließung gegen die Reform. Der aktuelle Kommissionsvorschlag sieht vor, Kohäsions-, Agrar- und Fischereipolitik in einem einzigen Fonds zusammenzuführen. Dies würde nach Einschätzung des AdR zu einem direkten Wettbewerb zwischen den verschiedenen Politikbereichen führen und die bisher dezentral verwalteten Programme verstaatlichen.
Besonders problematisch bewerten die Regionen und Städte, dass weder das Europäische Parlament noch nationale oder regionale Parlamente künftig Kontrolle über regionale Investitionen hätten. „Der Vorschlag könnte das Vertrauen in die EU-Organe untergraben und die Demokratie in Europa gefährden", heißt es in der Entschließung.

Bayern und Österreich fordern Zugang für alle Regionen
Eric Beißwenger, Staatsminister für Europa und Internationales des Landes Bayern, machte die Position deutscher Regionen deutlich: „Es ist unerlässlich, dass alle europäischen Regionen weiterhin von den EU-Kohäsionsmitteln profitieren. Nur so kann Europa zusammenwachsen, statt sich zu spalten." Er warnte davor, dass wirtschaftlich starke Regionen wie Bayern durch die Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf Zentralregierungen leer ausgehen könnten.
Sonja Ledl-Rossmann, Präsidentin des Tiroler Landtags, unterstrich die Bedeutung der Kohäsionspolitik als wichtigstes langfristiges EU-Instrument zur Absicherung von Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiger Entwicklung. Für diese „müssen ausreichende separate Mittel vorgesehen werden, unter besonderer Berücksichtigung der grenzübergreifenden Kooperation zur Bewältigung der großen aktuellen Herausforderungen sowie der außerordentlichen Rolle der Stakeholder vor Ort – der Gemeinden, Städte und Regionen. Der Vorschlag der EU-Kommission wird dem in keiner Weise gerecht, sondern vielmehr die Akzeptanz der EU in der Bevölkerung noch weiter vermindern und kann daher von den Ländern und Regionen nicht akzeptiert werden.“
Kohäsionspolitik als Motor für regionale Entwicklung
Die AdR-Mitglieder betonten die zentrale Rolle der ortsbezogenen Kohäsionspolitik für regionale Wettbewerbsfähigkeit, nachhaltige Entwicklung und soziale Inklusion. Diese müsse weiterhin für alle Gebiete in der EU zugänglich bleiben und Mittel für alle Regionskategorien – von weniger entwickelten bis hin zu stärker entwickelten – bereitstellen. Entscheidend sei zudem, dass die Kohäsionspolitik weiterhin gemeinsam mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften konzipiert und verwaltet werde.
AdR-Präsidentin Kata Tüttő, Gemeinderätin von Budapest, forderte die Europäische Kommission auf, die Architektur ihres Haushaltsvorschlags grundlegend zu überdenken: „Es gibt keine eindeutigen rechtsverbindlichen Garantien dafür, dass kohäsionspolitische Investitionen mit Regionen und Städten gestaltet und umgesetzt werden." Die Zusammenlegung der Fonds ohne klare Zuweisungskriterien bringe Landwirte in Wettbewerb mit lokalen Gemeinschaften und trenne die EU von ihren Regionen und Städten.

Öffentlicher Protest und weitere Schritte
Am 15. Oktober schlossen sich AdR-Mitglieder mit Unterstützung von Europaparlamentariern einem öffentlichen Protest der #CohesionAlliance vor dem Europäischen Parlament [LINK zu Cohesionalliance-Artikel]an. Der AdR arbeitet derzeit an einer spezifischen Stellungnahme zum künftigen mehrjährigen Finanzrahmen, die im März 2026 verabschiedet werden soll. Diese wird durch mehrere Stellungnahmen zu sektorspezifischen Vorschriften ergänzt, die im ersten Halbjahr 2026 angenommen werden sollen. Berichterstatterin dafür ist Sari Rautio aus Finnland.
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Wolfram Leibe, Oberbürgermeister von Trier, sieht in der Entschließung einen ersten wichtigen Schritt, mahnte aber weitere Anstrengungen an: „Der AdR sollte auch prüfen, wie die Kohäsion eine integrative und nachhaltige Stadtentwicklung im künftigen mehrjährigen Finanzrahmen unterstützen könnte."