Markus Ecker, Raiffeisen Bank International
Markus Ecker: „Es geht darum, den Cash flow von den ,braunen‘ zu den ,grünen‘ und sozialen Finanzierungen zu bringen.“

Kommunalwirtschaftsforum 2022

Nachhaltige Finanzierung – Was dahinter steckt

8. April 2022
Der Finanzsektor wird von den europäischen und österreichischen Regulatoren dazu benutzt, das Thema zu steuern. „Es geht darum, den Cash flow von den ,braunen‘ zu den ,grünen‘ und sozialen Finanzierungen zu bringen“, erläutert Markus Ecker, Kommunalexperte bei der Raiffeisen Bank International und Geschäftsführender Gemeinderat in Kirchberg am Wagram.

Wie wird diese Umverteilung durchgeführt? „Die EU hat mit der Taxonomie viel Energie darauf verwendet, um überhaupt zu definieren, was eine grüne Investition eigentlich ist. Das heißt, welche Maßnahmen nachhaltig sind und welche nicht“, berichtet Ecker.

Der nächste Schritt war dann, dass Unternehmen berichten müssen, wie nachhaltig sie agieren. Die Banken sollen dadurch ermitteln können, wie viele grüne Finanzierungen sie in ihren Bilanzen haben. In der Praxis funktioniert das allerdings noch schlecht, weil zu wenig Daten vorhanden sind. So wurden in der Vergangenheit etwa keine Energieausweise von Gebäuden gesammelt bzw. nicht in einer Form gesammelt, die man jetzt auswerten könnte.

„Wenn also so viel Energie aufgewendet für die Definition aufgewendet wurde und auf der anderen Seite die Banken den Status berichten müssen, dann liegt es auf der Hand, dass das Konsequenzen haben wird“, meint Ecker. „Welche das sein werden, weiß man noch nicht, aber es könnte beispielsweise sein, dass die Bank, wenn der Anteil an braunen Finanzierungen zu hoch ist, mehr Eigenkapital halten muss.“ Es könnte auch sein, dass die Bank in diesem Fall keine Dividende mehr zahlen darf. „Wenn das passiert, dann werden die Banken sich bemühen, mehr nachhaltige Finanzierungen in ihren Bilanzen zu haben“, vermutet Ecker.

Die Banken sind verpflichtet, ESG-Nachhaltigkeitsrisiken (environment, social and governance) zu bewerten. Das funktioniert so, dass für jede Industrie ein ESG-Rating gemacht werden musste, d. h. alle Unternehmen einer Industrie haben das selbe Rating. In einem zweiten Schritt muss nun für jedes Unternehmen ein individuelles Rating erstellt werden. Ecker: „Das kann dann dazu führen, dass es für Banken unwirtschaftlich wird, dem schlechtesten Kunden einer Industrie Geld zu geben.“

Der Experte gibt auch zu bedenken, dass beispielsweise nicht jedes Wasserkraftwerk nachhaltig ist. So etwa, wenn es zu klein ist und der Bau der Anlage mehr Energie verbraucht, als sie mittelfristig produzieren kann. Oder aber auch, wenn eine Anlage – wie manche Kraftwerke in China – zu groß ist, sodass die Umweltschäden bei der Errichtung größer sind als der Nutzen.

Mehr Informationen von Banken

Für Gemeinden erwartet der Finanzexperte keine derartigen Ratingerfordernisse. Aber auch die Gemeinden müssen sich darauf gefasst machen, zukünftig darum gebeten zu werden, den Banken mehr Informationen zur Verfügung zu stellen. Wenn man etwa ein Gebäude errichtet, dann kann es sein, dass man auch die Daten des Energieausweises zur Verfügung stellen soll. „Wenn man das aber nicht tut, dann wird das wahrscheinlich trotzdem keine Konsequenzen haben“, vermutet Ecker.

Finanzfluss umleiten

Die Schätzungen, wie viel Geld in der EU investiert werden müssen, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, differieren zwischen 180 Milliarden und 350 Milliarden Euro im Jahr. Die Gemeinden können ihren Beitrag leisten durch effizientere Straßenbeleuchtung, sparsamere Energie- und Wärmenetze, den Ausbau der Erneuerbaren Energien, Elektromobilität im Öffentlichen Verkehr und energieeffiziente Gebäude.

„Auch hier geht es darum, dass man den Finanzfluss von umweltschädlichen Projekten zu grünen Projekten umleitet“, so Ecker.

Geld für Klimaschutz umschichten

Das alles wird Geld kosten, das aber in Wahrheit nicht da ist. „Nur weil das Problem da ist, gibt es keine zusätzlichen Finanzierungsquellen. Es kann nur funktionieren, wenn man umschichtet. Derzeit ist es noch so, dass von den Kommunen relativ wenig Geld in die Themen Energie- und Klima investiert wird. Das wird sich wahrscheinlich ändern und die Gemeinden werden sich gezwungen sehen, mehr für Energieeffizienzmaßnahmen auszugeben“, weiß Ecker.

Private Investoren machen es nicht billiger

Auch bei Förderungen wird es andere Schwerpunktsetzungen geben.

Die Gemeinden haben in der Regel nicht das Problem, billiges Geld zu bekommen, weil sie eine gute Bonität haben. Daher kommen private Investoren meist nur dann ins Spiel, wenn diese sich gute Erträge von einem Projekt erhoffen können oder wenn die öffentliche Hand nur den Anstoß gibt und die Finanzierung dann privat erfolgt. Ecker: „Billiger wird es mit privaten Investoren nicht.“ Das gelte auch für Mischformen wie Private Public Partnerships. Solche lohnen sich nur, wenn der private Partner einen zusätzlichen Mehrwert bieten kann, etwa Know-how, das in der Gemeinde nicht vorhanden ist.

Wie können nachhaltige Projekte finanziert werden?

  • Wenn Raiffeisen ein nachhaltiges Projekt finanziert, wird es häufig mit einem „Green Bond“ refinanziert. Das ist eine Anleihe der Bank, bei der den Investoren versprochen wird, das Geld in nachhaltige Projekte zu investieren.
  • Eine andere Möglichkeit ist der sogenannte „Grüne Schuldschein“. Deutsche Investoren, oft Versicherungen, sind daran interessiert, langfristige Finanzierungen in ihre Bücher zu bekommen. Auch bei diesen Schuldscheinen wird versprochen, in grüne Projekte zu investieren. Für Kommunen ist eine derartige Finanzierung meist nicht notwendig, weil sie langfristige Finanzierungen auch von Banken erhalten.
  • An Unternehmen wird derzeit vor allem ein Produkt verkauft, bei dem die Konditionen mit einem Nachhaltigkeitsverhalten des Kunden kombiniert wird. Der Kunde gibt sich dabei ein Ziel – bei einem Glashersteller könnte das etwa eine Erhöhung er Recyling-Quote sein – und bekommt dafür von der Bank günstigere Konditionen. Wenn er die Quote dann nicht erfüllt, muss er mehr zahlen. „Die Unterschiede in den Konditionen sind aber nicht sehr hoch. Daher wird das von den Unternehmen hauptsächlich deswegen gemacht, um zu zeigen, dass man das Problem ernst nimmt“, meint Ecker. Auch Gemeinden könnten sich für diesen Weg entscheiden.
  • Und dann gibt es noch den klassischen „Grünen Kredit“. Das ist ein Kredit, der etwa für die Errichtung eines energieeffizienten Gebäudes vergeben wird.

Alle diese Produkte gibt es auch für den sozialen Bereich, beispielsweise für die Errichtung eines Kindergartens. „Zu beachten ist dabei, dass ein Projekt nur dann sozial ist, wenn es eine benachteiligte Zielgruppe gibt“, stellt Ecker klar. So wäre es etwa nicht sozial eine Schule nur für Kinder reicher Eltern zu bauen. Auch die Forschung für ein neues Medikament ist nur dann sozial, wenn es dann auch jedem zur Verfügung steht.