Die Räum- und Streupflicht für Gehsteige gilt grundsätzlich zwischen 6 und 22 Uhr. Wie häufig geräumt werden muss, hängt vor allem von der Intensität des Schneefalls oder der Eisbildung ab.
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Winterliche Haftungsfallen
Der Winter bringt nicht nur Schnee, sondern auch eine Vielzahl an rechtlichen Pflichten für Gemeinden, Hausbesitzer und Verkehrsteilnehmer mit sich. Von Räum- und Streuarbeiten über Dachlawinen bis hin zum richtigen Verhalten im Straßenverkehr – die kalten Monate bergen zahlreiche Haftungsfallen, die oft unterschätzt werden.
Dieser Weg wird bei Schneefall nicht geräumt!“ Schild aufgestellt und Pflichten erfüllt? Ganz so simpel ist es nicht. Der Hinweis „Dieser Weg wird bei Schneefall nicht geräumt“ findet sich häufig auf privaten, gelegentlich aber auch auf öffentlichen Flächen. Doch die rechtliche Wirkung ist begrenzt. Denn: Überall dort, wo eine gesetzliche Räumpflicht besteht – insbesondere auf Gehsteigen –, hat ein solches Schild keinerlei rechtliche Bedeutung. Die Eigentümer bleiben in der Verantwortung.
Bei anderen Wegen hingegen hängt viel vom Einzelfall ab: Gibt es zumutbare Ausweichmöglichkeiten? Ist der Weg als Winterweg gewidmet? Erst diese Faktoren entscheiden, ob ein Nicht-Räumen zulässig sein kann.
Dachlawinen: Reichen Warnstangen aus?
Im Winter bergen Schneewechten und Eisbildungen auf Hausdächern ein mögliches Gefahrenpotenzial für Passant:innen. Das Aufstellen einer gut sichtbaren Stange oder Absperrung ist in akuten Situationen sinnvoll – und für den Zeitraum, der zur unverzüglichen Beseitigung der Gefahr benötigt wird, sogar verpflichtend.
Als dauerhafte Ersatzmaßnahme taugen solche Stangen jedoch nicht. Sie ersetzen weder die ordnungsgemäße Räumung noch das Entfernen der Gefahr. Bleibt diese länger bestehen, trifft den Eigentümer weiterhin die volle Verantwortung. Kommt es zu einer Verletzung, etwa durch eine Dachlawine oder einen herabfallenden Eiszapfen, handelt es sich strafrechtlich um ein Offizialdelikt. Das bedeutet: Die Polizei muss von Amts wegen ermitteln – unabhängig davon, ob eine Anzeige erstattet wird. Geht es hingegen um zivilrechtliche Ansprüche wie Schmerzengeld oder den Ersatz eines Sachschadens, müssen Betroffene selbst aktiv werden und den Zivilrechtsweg beschreiten.
Wie oft müssen Gehsteige geräumt werden?
Die Räum- und Streupflicht für Gehsteige gilt grundsätzlich zwischen 6 und 22 Uhr. Wie häufig geräumt werden muss, hängt vor allem von der Intensität des Schneefalls oder der Eisbildung ab. Bei starkem oder anhaltendem Schneefall kann daher auch mehrmaliges Räumen erforderlich sein. Auch die Breite des Gehsteigs spielt eine Rolle: Gibt es einen Gehsteig, der weniger als drei Meter vom eigenen Grundstück entfernt ist, muss der gesamte Gehsteig geräumt werden. Ein schmaler „Durchgang“ reicht nicht aus.
Haftpflichtversicherung ausreichend?
Viele Eigentümer verlassen sich im Ernstfall auf ihre Haftpflichtversicherung. Doch Vorsicht: Ob ein Schaden gedeckt ist, hängt auch davon ab, ob grobe Fahrlässigkeit mitversichert ist. Noch entscheidender: Bei Personenschäden steht die strafrechtliche Verantwortung im Vordergrund – und dafür gibt es keine Versicherung. Vernachlässigte Pflichten können hier also empfindliche Folgen nach sich ziehen.
Motor laufen lassen – Komfort oder Gesetzesverstoß?
Vor allem im Winter sieht man häufig Fahrzeuge, bei denen der Motor im Stand weiterläuft – in der Hoffnung, rasch Wärme ins Fahrzeuginnere zu bringen.
„Unsere Studien zeigen: 66 Prozent aller befragten Personen lassen beim Eiskratzen, beim Warten an einer Eisenbahnkreuzung bei geschlossenem Schranken oder beim Abholen/Warten auf eine Person den Motor laufen. Diese Praxis ist jedoch sowohl für die Umwelt als auch für das Fahrzeug selbst mit potenziellen Schäden verbunden – und untersagt“, so Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Recht & Normen im KFV. Denn: Das Laufenlassen des Motors ohne Fahrabsicht ist grundsätzlich verboten. Zulässig ist es nur dann, wenn es technisch erforderlich ist, etwa bei Kühl- oder Arbeitsfahrzeugen oder wenn der Motor benötigt wird, um spezielle Geräte anzutreiben. Aus reinen Komfortgründen wie Heizen oder Kühlen ist es hingegen strafbar. Eine praktikable Alternative bieten allerdings Standheizungen, deren Nutzung üblicherweise toleriert wird.
Freikratzen der Autoscheiben: Wie viel ist Pflicht?
Wer keine Garage hat, kennt das Problem: Schnee und Eis bedecken das Auto und der Weg zum freien Sichtfeld scheint mühsam. Dennoch gilt eine klare Regel: Alle Scheiben des Fahrzeugs müssen vollständig vom Schnee befreit werden. Ein kleines „Guckloch“ in der Windschutzscheibe reicht nicht aus – es gefährdet die Verkehrssicherheit und führt zu Strafen. Ebenso muss das Kennzeichen gut lesbar sein und Schneemassen müssen vom Autodach entfernt werden, denn: Herabfallender Schnee kann andere Verkehrsteilnehmer gefährden und ebenfalls zu Straf- oder Haftungsfolgen führen.
Sommerreifen im Winter: wer haftet im Schadensfall?
Auch die Nutzung von Sommerreifen im Winter birgt rechtliche Risiken. Kommt es zu einem Unfall, bei dem ein anderer Verkehrsteilnehmer den Vorrang missachtet hat, stellt sich oft die Frage: Kann man trotz Unschuld eine Teilschuld bekommen?
Die Antwort lautet: Ja – aber nur, wenn die Sommerreifen tatsächlich unfallkausal waren.
Das bedeutet: Wenn der verlängerte Bremsweg durch Sommerreifen dazu geführt hat, dass der Unfall nicht mehr verhindert werden konnte, kann eine Mithaftung entstehen. Wäre der Unfall mit Winterreifen in dieser Form voraussichtlich nicht passiert, kann das rechtliche Konsequenzen haben.
Fazit
Im Winter gelten besondere Verkehrssicherungs- und Sorgfaltspflichten, die dazu dienen, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten und das Risiko von Unfällen deutlich zu reduzieren. Gemeinden können durch Information und Sensibilisierung dazu beitragen, dass Bürgerinnen und Bürger diese Regeln kennen – und so sicherer durch die kalte Jahreszeit kommen.