Klärnalage
Zur Bestimmung des Klärwerts des Abwassers werden generell laufend Proben gezogen und in den Labors der Kläranlagen analysiert.
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Im Abwasser können sich Viren nicht verstecken

„Im Wiener Abwasser könnten sich bereits Spuren der britischen Mutation des Coronavirus befinden. Das wird offiziell derzeit zwar nicht bestätigt, es könnte aber darauf hindeuten, dass zwei Prozent der infizierten Wiener dieses Virus in sich tragen.“ Diese Meldung auf ORF-News Mitte Jänner 2021 spricht Bände. Immerhin kann man herauslesen, dass eine der wichtigsten kommunalen Infrastrukturen einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen die Ausbreitung des Corona-Virus leisten kann. Denn selbst wenn Menschen keinerlei Symptome zeigen, finden sich die Viren oder deren Reste im Abwasser.

Das Abwasser spiegelt das Konsumverhalten, aber auch den Gesundheitszustand der österreichischen Bevölkerung wider. Das genetische Material des Virus kann im Abwasser meist schon nachgewiesen werden, bevor bei den Betroffenen erste Symptome auftreten. Die Abwassermessungen können auch zur Entwarnung in einer Region genutzt werden. „Weltweit wird an der Entwicklung von Methoden für den Nachweis von SARS-CoV-2 im Abwasser gearbeitet. Österreich ist unter den ersten Ländern, die an dieser Methode forschen und in der Praxis Erfahrungen sammeln“, so Umweltministerin Elisabeth Köstinger 2020 bei der Vorstellung des Projekts „Coron-A“.

Das Netzwerk „Coron-A“ bündelt die in Österreich in den Bereichen Abwasserepidemiologie, -mikrobiologie und -molekularbiologie vorhandenen Expertisen und Ressourcen, um in einer gemeinsamen Anstrengung der beteiligten Institutionen (Universität Innsbruck, Medizinische Universität Innsbruck, Technische Universität Wien, AGES - Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH und Umweltbundesamt GmbH) ein Monitoring zur Erfassung von umfassenden Informationen zur räumlichen Verteilung und des zeitlichen Verlaufs der Covid-19 Pandemie durchführen zu können.

Ermöglicht wird dieses Forschungsvorhaben unter anderem durch finanzielle Mittel des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, vertreten durch die Kommunalkredit Public Consulting GmbH, und des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie von acht Bundesländern.

Ziel ist ein Analyseverfahren zum Nachweis von Corona in Abwässern

Ziel des Forschungsprojekts ist die Etablierung eines zuverlässigen Analyseverfahrens zum Nachweis von SARS-CoV-2-RNA in Abwässern sowie ein umfassendes Monitoring ausgewählter österreichischer Kläranlagen zur Erfassung der räumlichen Verteilung und des zeitlichen Verlaufs der Corona-Pandemie. Zudem sollen ein Prognosesystem und ein Frühwarnsystem durch Abwassermonitoring bei künftigen Krisen entwickelt werden.

Die Probennahmen laufen bereits seit März 2020 an 23 Kläranlagenstandorten in allen Bundesländern. Die Analyse der Proben baut auf den Erfahrungen in der Abwasserepidemiologie auf, die in Österreich seit Jahren erfolgreich zum Monitoring des Konsums von Drogen, Genussmitteln und Pharmazeutika eingesetzt wird. Die Projektgesamtkosten belaufen sich auf rund 500.000 Euro.

Reinigungsleistung und Kosten

In der überwiegenden Anzahl der kommunalen Kläranlagen erfolgt eine mechanische Reinigung der Abwässer durch Rechen und Siebe, die Entfernung der Nährstoffe Kohlenstoff und Stickstoff in der biologischen Stufe der Abwasserreinigung sowie die Entfernung des Nährstoffes Phosphor entweder ebenfalls in der Biologie oder durch chemische Fällung. Darüber hinaus wird eine Vielzahl von Chemikalien aus Haushalten sowie Gewerbe und Industrie (Indirekteinleiter) abgebaut oder durch Adsorption am Klärschlamm aus dem Abwasser entfernt. Zudem erfolgt in den Kläranlagen eine Reduktion der im Zulauf vorhandenen Mikroorganismen um rund 99 Prozent.

Die mittlere erreichte Reinigungsleistung der Kläranlagen beträgt für die Kohlenstoffentfernung, beschrieben durch den Parameter Biochemischer Sauerstoffbedarf BSB5 99 Prozent bzw. für den Parameter Chemischer Sauerstoffbedarf CSB 95 Prozent sowie für Stickstoff (Nges) 81 Prozent und Phosphor (Pges) 91 Prozent.

Mit dieser Reinigungsleistung erfüllt Österreich die Vorgaben der EU Richtlinie zur Behandlung von kommunalem Abwasser zu 100 Prozent.

2018 betrug die durchschnittliche Abwassergebühr pro Einwohner und Jahr 161 Euro. Die jährlichen Betriebskosten einer Kläranlage lagen pro Einwohner und Jahr zwischen 16 und 34 Euro.

Seit 1959 wurden in Österreich rund 48 Milliarden Euro in die Abwasserwirtschaft für die Errichtung von Kanälen und Kläranlagen (fast 93.000 km öffentlicher Kanal, ca. 1900 Kläranlagen größer  50 EW60) investiert.

940 der 2102 politischen Gemeinden in Österreich weisen eine Bevölkerung von mehr als 2000 Einwohnern auf und nur sieben davon, mit in Summe 15.486 betroffenen Einwohnern, verfügen über keinen Anschluss an eine kommunale Kläranlage der Größenklasse >2000 EW60. Der Grund dafür ist jeweils ein nicht ausreichend konzentriertes Siedlungsgebiet. Dennoch ist für sämtliche Gemeinden und Haushalte eine geeignete Behandlungsmaßnahme entweder über kleinere kommunale Kläranlagen, Klein- und Hauskläranlagen oder durch Senkgruben sichergestellt.

Wasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung im Corona-Modus

Große Frage, schnelle Analyse: Sowohl in der Wasserversorgung als auch in der Abwasserentsorgung läuft seit Beginn der Pandemie vor fast einem Jahr alles ohne gröbere Probleme. 

So gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass sich Menschen über herkömmliche Lebensmittel bzw. über Trinkwasser/Leitungswasser oder Oberflächenwasser mit dem Coronavirus infiziert haben. Auch für andere Coronaviren sind keine Berichte über Infektionen durch Lebensmittel bekannt. Antworten auf diese Fragen gibt unter anderem die AGES auf ihrer Website.

Und die Mitarbeiter, die für die Kanalisation und damit das Abwasser zuständig sind, müssen sowieso Schutzkleidung tragen. Dies weniger, weil Coronaviren ein Thema sind, sondern weil sich in der Kanalisation Viren „tummeln“, die viel problematischer sind, wie Prof. Andreas Farnleitner von der TU Wien schon im Mai 2020 im KOMMUNAL-Gespräch ausführte.