Entscheidender Vorteil der Vernetzungstreffen: Die Arbeit und der Erfahrungsaustausch in kleinen und überschaubaren Gruppen. Foto: Luiza Puiu

„Ihr braucht euch nicht zu fürchten“

Unter großer medialer Aufmerksamkeit haben Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, Franz Fischler vom Forum Alpbach und Helmut Mödlhammer vom Österreichischen Gemeindebund drei Vernetzungstreffen organisiert, um gemeinsam mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus ganz Österreich das Flüchtlingsthema zu diskutieren.


Erschwerend kommen weitere Punkte hinzu



Flüchtlingskoordinator Christian Konrad: „Wir waren nicht vorbereitet.“ Und meinte damit keineswegs die Gemeinden, sondern die Regierung, die anfangs die Krise unterschätzt und keinen Plan gehabt hatte. Als es darauf ankam, habe dann die Zivilgesellschaft Großes geleistet. Jetzt müsse man aber weiterarbeiten, denn das Problem sei mit dem Jahreswechsel nicht plötzlich aus der Welt. „Seit 1. Jänner sind über 40.000 Menschen durch unser Land gezogen, und 5000 haben einen Asylantrag gestellt“, rechnete Konrad in Zirl vor. Was ein Problem darstelle, sei die Tatsache, dass immer noch zu viele Flüchtlinge in Notquartieren leben, wie Konrad weiter festhielt. „Nur wenn wir menschengerechtes und leistbares Wohnen ermöglichen, kann sichergestellt werden, dass Integration funktioniert.“



Die ständige Forderung nach mehr Quartieren und die einseitige Berichterstattung vieler Medien stehen ebenfalls beispielhaft für Punkte, die den Bürgermeistern zu schaffen machten.



Was die Quartiere betraf, führte der Rankweiler Architekt Andreas Postner richtigerweise aus, dass in Zeiten der Wohnraumknappheit es schwer argumentierbar sei, leistbaren Raum nur für Flüchtlinge zu schaffen. Seine Plattform „Transfer Wohnraum Vorarlberg“ hat ein integriertes Wohnkonzept für Asylsuchende und Ortsansässige geplant: kleine, zwei- bis dreigeschossige Holzbau-Einheiten, 15 bis 30 Personen pro Haus, zwei Monate Bauzeit. Die Objekte sind von Gärten umgeben – als Spiel- und Aufenthaltsraum, aber auch, um Lebensmittel anbauen zu können. Es sind keine Asylunterkünfte, sondern Objekte, die beliebig nachgenutzt werden können. Mehr über das Thema temporäre Unterkünfte und Quartiere lesen Sie ab der Seite 34 dieser Ausgabe

Ausgebrannte Ehrenamtliche



Einer der größten Pluspunkte der Gemeinden ist die unglaubliche Zahl der ehrenamtlichen Helfer, die teilweise den Transport übernehmen, die Deutschkurse geben, kurz: die die Flüchtlinge bei ihren ersten Schritten in der für sie fremden Welt „Österreich“ begleiten. Ganz selten nur müssten die Gemeinden auf hauptamtliche Betreuer zurückgreifen. Aber mittlerweile stößt mancherorts das System mit den Ehrenamtlichen an seine Grenzen, sind mehr und mehr der freiwilligen Helfer ausgebrannt oder bereits völlig überlastet.



Auch das wieder ein Punkt, wo die Regierung und die Länder helfend einspringen müssten.Sehr hilfreich war im Gefolge der Vernetzungstreffen der Auftritt der beiden Bürgermeister Dieter Posch aus Neudörfl und Johannes Pressl aus Ardagger im ZiB2-Studio bei Armin Wolf. Die sachliche, ruhige und lösungsorientierte Art und Weise, wie die beiden die Situation der Gemeinden schilderten, war ein Musterbeispiel dafür, wie in der Kommunalpolitik über Parteigrenzen zusammengearbeitet wird.



Die Gespräche in den Vernetzungstreffen verliefen generell in einer sehr offenen Atmosphäre und durchaus auch kontrovers. „Es ist wichtig, dass hier alle offen reden können“, meinte Mödlhammer. „Es gibt ja auch viele Stolpersteine und da oder dort auch Probleme, die man überwinden muss. Wenn andere Kolleginnen und Kollegen daraus lernen können, muss nicht jeder seine Erfahrungen selbst machen.“



Die Bilanz von Forums­präsident Franz Fischler zum Abschluss der Veranstaltungsreihe fällt durchwegs positiv aus. Er habe die Stimmung unter den Bürgermeistern als praktisch, engagiert und lösungsorientiert empfunden.