Fachtagung des FLGÖ
Herausforderungen und Chancen des Informationsfreiheitsgesetzes
Bundesobmann Franz Haugensteiner eröffnete die Tagung mit einem klaren Fokus auf die Personalpolitik in den Gemeinden:
„Eines unserer Hauptanliegen in den letzten zwei Jahren ist das Thema Personal. Wir fordern zielorientierte Auswahlverfahren für leitende Gemeindebedienstete sowie eine Lehre für kommunale Facharbeiter.“
Die Bedeutung einer strukturierten und gezielten Auswahl für leitende Positionen sei enorm, erklärte Haugensteiner. Kritisch setzte er sich mit der negativen Stellungnahme des Ministeriums auseinander, das befürchtete, eine Konkurrenz zur Privatwirtschaft zu schaffen. Haugensteiner machte jedoch deutlich:
„Es kann nicht sein, dass zuerst die Wirtschaft ihre Mitarbeiter aussucht und dann erst die öffentliche Hand an der Reihe ist.“
Neben der Personalpolitik thematisierte Haugensteiner auch die Verbesserung der Dienstrechte für Gemeindebedienstete: „Wir fordern auch attraktivere Dienstrechte für unsere Mitarbeiter. In Niederösterreich ist das zuletzt gelungen.“
Finanzschulungen als Schlüssel für effiziente Verwaltung
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Gemeinden sei, so Haugensteiner, die finanzielle Kompetenz der Mitarbeiter. Der stetig wachsende finanzielle Verwaltungsaufwand erfordere gezielte Schulungen, um die Effizienz der Gemeindeverwaltungen aufrechtzuerhalten:
„Hier brauchen wir Schulungen für die Mitarbeiter, die sich mit Finanzen beschäftigen.“
Das Amtsgeheimnis wurde abgeschafft – Herausforderungen bleiben
Das Thema des Tages war jedoch zweifellos das Informationsfreiheitsgesetz. Franz Haugensteiner stellte heraus, dass das Gesetz zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses erlassen wurde, um staatliches Handeln transparenter zu gestalten. Allerdings äußerte er auch Bedenken hinsichtlich der praktischen Umsetzung:
„Es wird damit auch für Querulanten leichter, unsere Arbeit zu erschweren.“
Der Stadtamtsdirektor von Saalfelden, Rudi Oberschneider, präsentierte das Informationsfreiheitsgesetz aus Sicht der Gemeinden und beleuchtete die praktischen Herausforderungen, die mit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses einhergehen. Bereits seit 2021 beschäftige sich der FLGÖ mit dem Gesetz:
„Das Thema der Abschaffung des Amtsgeheimnisses beschäftigt uns ja schon seit Jahren. 2021 gab es den ersten Begutachtungsentwurf. Die kommunalen Interessensvertretungen waren skeptisch, weil man befürchtete, dass das Gesetz nicht umsetzbar ist.“
Die Gemeinde sei Hüterin zahlreicher sensibler Informationen, die Bürger und die Gemeinde selbst betreffen. Besonders kritisch sei es, wenn externe Interessenten Einsicht in Informationen wie z. B. Gutachten über Grundstückswerte erhalten könnten. Dies habe zu intensiven Diskussionen geführt.
Müssen Gemeinden mehr Informationen bereitstellen?
Als Hauptredner der Tagung präsentierte Rechtsanwalt Robert Keisler wesentliche „Highlights“ des Informationsfreiheitsgesetzes. Dabei stellte er die Kernfragen heraus:
„Müssen Gemeinden jetzt mehr Informationen bereitstellen? Und wer ist in den Gemeinden zuständig?“
Keisler erklärte, dass die Abschaffung des Amtsgeheimnisses zwar politisch gut verkauft werde, jedoch die Geheimhaltungspflicht in vielen Fällen nach wie vor bestehe:
„Es hat sich nur umgedreht: Man hat Anspruch auf Information, aber nur, wenn keine Geheimhaltungsgründe dagegen sprechen.“
Anhand von Beispielen illustrierte Keisler, wie das Gesetz in der Praxis angewandt wird. So sei es etwa zulässig, Auskünfte über die Mitarbeiterzahl eines Gemeindeamtes oder das Gehalt des Bürgermeisters zu geben, sofern keine geheimhaltungsbedürftigen Gründe vorliegen. Wichtig sei jedoch, dass nur „amtlich bekannte“ Informationen weitergegeben werden müssten:
„Eine Auskunft ist das, was ich amtlich weiß. Eine Information ist eine Aufzeichnung.“
Zuständigkeiten innerhalb der Gemeinde
Ein weiterer zentraler Punkt war die Frage der Zuständigkeiten innerhalb der Gemeinde. Keisler machte deutlich, dass die Verantwortung für das Informationsfreiheitsgesetz bei dem Organ liege, das die jeweilige Information erstellt oder in Auftrag gegeben hat. Hier sei jedoch noch viel Unklarheit vorhanden:
„Was ist aber eigentlich ein Organ? Es stellt sich die Frage, ob z. B. der Feuerwehrkommandant ein Organ der Gemeinde ist. Ich glaube, dass man da einschränken muss.“
Zudem stellte sich die Frage, inwieweit beratende Organe, wie z. B. ein Jugendgemeinderat, auskunftspflichtig sind. Keisler erläuterte, dass nicht jedes Organ, das an der Schaffung von Informationen beteiligt war, auch zur Auskunft verpflichtet sei.
Fazit: Transparenz ja, aber mit Augenmaß
Die Fachtagung verdeutlichte, dass das Informationsfreiheitsgesetz sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Gemeinden mit sich bringt. Transparenz wird gefordert, doch die Umsetzung erfordert ein sensibles Vorgehen und klare Zuständigkeiten. Für die Gemeinden bleibt es eine zentrale Aufgabe, sich diesen neuen Anforderungen zu stellen, ohne dabei den Verwaltungsaufwand unnötig zu erhöhen.
Podiumsdiskussion zum Informationsfreiheitsgesetz
Auch die anschließende Podiumsdiskussion beschäftigte sich mit dem Informationsfreiheitsgesetz.
Zu Beginn der Diskussion stellte FLGÖ-Obmann Haugensteiner eine praxisnahe Frage an Rechtsanwalt Keisler: Was passiert, wenn ein HTL-Absolvent, der sich als Bauhofleiter bewerben möchte, wissen will, wie viel der aktuelle Bauhofleiter verdient, um seine Gehaltsvorstellungen entsprechend anzupassen? Keisler erklärte: „Der Amtsleiter muss keine Berechnungen anstellen, sondern nur auf vorhandene Informationen zurückgreifen.“
Gehaltsdaten wie die des Bürgermeisters seien gesetzlich festgelegt und öffentlich zugänglich. Beim Bauhofleiter gebe es ebenfalls standardisierte Schemata, doch bei Sonderverträgen könne es komplizierter werden.
Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl betonte die Wichtigkeit klarer Richtlinien:
„Das Gesetz ist umzusetzen, aber wir brauchen Klarheiten, wie das in der Praxis erfolgen soll. Es ist eine Haltungsfrage, ob man etwa sagt, was der Bauhofleiter verdient. Überall dort, wo wir Steuergelder verwenden, haben wir Auskunft zu erteilen. Das sollte proaktiv erfolgen.“
Informationspflicht und Datenschutz im Spannungsfeld
Moderator Schleritzko warf die Frage auf, ob das Gesetz Bürgermeister in schwierige Situationen bringe, wenn es um den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Bürger geht. Pressl räumte ein: „Es wird Diskrepanzen zwischen Informationspflicht und DSGVO geben. Diese Fälle werden vielfach durch Gerichte zu entscheiden sein.“
Rechtsanwalt Keisler bestätigte diese Einschätzung und betonte, dass es keine einfachen Faustregeln gebe:
„Ob das Grundrecht auf Information mehr wiegt als das Grundrecht auf Datenschutz, ist schwer abzuwägen. Präsident Pressl hat Recht: Das wird Sache der Gerichte sein.“
Verwaltung im Umbruch: Mehr Anfragen und neuer Aufwand?
Stadtamtsdirektor Rudi Oberschneider sprach aus der Praxis und prognostizierte einen anfänglichen Anstieg an Anfragen von Bürgern, die das neue Gesetz nutzen wollen: „Anfangs werden Gemeinden von gewissen Bürgern mit Anfragen belastet werden. Es ist aber zu hoffen, dass mit der Zeit eine gewisse Beruhigung bei dem Thema eintreten wird.“
Oberschneider betonte, dass es in Zweifelsfällen oft besser sei, Auskünfte zu verweigern, um nicht in Konflikt mit der Datenschutzbehörde zu geraten. Er berichtete von einem Fall, bei dem ein Unternehmer sich beschwert hatte, weil sein Businessplan in einem Gemeinderatsprotokoll veröffentlicht wurde: Die Bürger wollen möglichst viel Transparenz, aber nicht bei sich selbst.“
Kleine Gemeinden gelassen: „Die Gehälter sind ehrlich verdient“
Peter Pohl, FLGÖ-Obmann im Burgenland, zeigte sich optimistisch und berichtete von den Erfahrungen kleinerer Gemeinden: „Die Gehälter der Bürgermeister und der Mitarbeiter sind ehrlich verdient. Daher habe ich kein Problem, wenn sie bekannt werden.“
Er hoffte, dass sich das Informationsfreiheitsgesetz ähnlich wie die DSGVO entwickeln werde, die sich letztlich als „Papiertiger“ erwiesen habe: „In den kleinen Kommunen glaube ich nicht, dass wir mit Anfragen überfordert werden.“
Missbrauch des Gesetzes für politische Zwecke?
Moderator Christian Schleritzko stellte schließlich die Frage, ob das Informationsfreiheitsgesetz für politische Zwecke missbraucht werden könnte. Johannes Pressl sah das gelassen: „Wenn alles im Internet einsehbar ist, dann wird Querulanten der Wind aus den Segeln genommen. Wir brauchen keine Angst haben. Das Gesetz kann auch dazu führen, dass Menschen mehr Verständnis für die Arbeit der Gemeinden bekommen.“
Oberschneider zeigte sich skeptisch, ob das Gesetz tatsächlich dazu beitrage, Unruhestifter zu beruhigen: „Bürger, die die Gemeinden besonders beschäftigt halten, haben meist einen anderen Konflikt. Da bin ich skeptisch, ob sich diese Leute dadurch beruhigen lassen, indem man sagt, dass eh alles im Internet ist.“
IT-Lösungen und Schulungen als Antwort auf den Verwaltungsaufwand
Um den erhöhten Verwaltungsaufwand durch das neue Gesetz zu bewältigen, setzte Oberschneider seine Hoffnung auf technische Lösungen: „Meine Hoffnung ist, dass die IT-Dienstleister gefordert sind, Lösungen zu finden, die den Großteil der Anfragen automatisiert abarbeiten können.“
Peter Pohl betonte jedoch, dass IT-Lösungen teuer seien und forderte zentrale Anlaufstellen, die von den Bundesländern eingerichtet werden sollten, um den Gemeinden bei der Beurteilung von Anfragen zu helfen: „IT-Lösungen kosten halt Geld. Ich wünsche mir, dass zentrale Anlaufstellen von den jeweiligen Bundesländern geschaffen werden.“
Zum Abschluss der Diskussion hob Franz Haugensteiner die Notwendigkeit von Schulungen für Gemeindemitarbeiter hervor:
„Es wird Schulungen geben müssen, um das Gesetz zu handeln.“
Transparenz ja, aber mit klaren Spielregeln
Die Podiumsdiskussion machte deutlich, dass das Informationsfreiheitsgesetz zwar einen Schritt zu mehr Transparenz darstellt, jedoch auch viele praktische Herausforderungen birgt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass klare Richtlinien und Schulungen notwendig sind, um das Gesetz effizient und rechtssicher umzusetzen. Automatisierte IT-Lösungen könnten eine zentrale Rolle dabei spielen, den Verwaltungsaufwand zu bewältigen und den Bürgern die gewünschten Informationen zugänglich zu machen.