Frau aus Jedermann-Darstellung auf der Bühne
Auch „nicht gemeinnützige“ Theateraufführungen, wie hier der „Jedermann“ werden künftig höher besteuert.

Gemeinnützigkeit entscheidet über Steuersatz

Nicht mehr jedermann kann den begünstigten Umsatzsteuersatz von zehn Prozent in Anspruch nehmen: Mit dem Steuerreformgesetz wird er ab 1. Jänner 2016 für Umsätze von Kindergärten, Jugendheimen, Theater, Museen auf 13 Prozent angehoben, wenn diese „nicht gemeinnützig“ sind.

Mit dem Steuerreformgesetz 2015/16 (BGBl. I Nr. 118/2015) wird ab 1. Jänner 2016 der begünstigte Steuersatz für kommunale Leistungen durch Betriebe gewerblicher Art wie Kindergärten, Museen, Schwimmbäder etc. von zehn auf 13 Prozent angehoben. Wenn diese Leistungen die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit im Sinne der Bestimmungen der §§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung (BAO) erfüllen, kann der Umsatzsteuersatz von zehn Prozent beibehalten werden, sofern die Gemeinde überhaupt zur Steuerpflicht für den Kindergarten optiert hat.

Ein Blick zurück



Mit Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (1. Jänner 1995) war eine Anpassung des nationalen Umsatzsteuerrechts an die 6. Mehrwertsteuerrichtlinie der EU erforderlich, die unter anderem eine Umsatzsteuerbefreiung für Kindergärten, Jugendheime, Theater, Museen und ähnliches vorsieht. Dabei sind die Einnahmen nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen - bei gleichzeitigem Vorsteuerabzugsverbot. Mittels Optionsrecht kann die Gemeinde gestützt auf die Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 (Artikel XIV – BGBl. I Nr. 21/1995) aber seit 1. Jänner 1995 zur Steuerpflicht optieren. Die Einnahmen unterliegen diesfalls dem begünstigten Steuersatz von zehn Prozent, im Gegenzug sind die anfallenden Vorsteuern abzugsfähig.



Mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016 wird der begünstigte Steuersatz von zehn Prozent aber ab 1. Jänner 2016 unter anderem für Umsätze von Kindergärten, Jugendheimen, Theater, Museen und ähnliches auf 13 Prozent angehoben. Dieser Steuersatz ist auf all jene Umsätze von Betrieben gewerblicher Art (BgA) anzuwenden, die zur Steuerpflicht gemäß den angeführten Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz (UStG 1994) optiert haben (Achtung: Wurde beziehungsweise wird einmal zur Steuerpflicht optiert, ist ein „Rückoptieren“ zur Steuerbefreiung nicht zulässig).



Wird nun von einer Gemeinde zum Beispiel ein Kindergarten, ein Jugendheim, ein Theater oder ein Museum gemeinnützig im Sinne der

§§ 34 ff BAO geführt, dann unterliegen die Umsätze dieser Betriebe gewerblicher Art weiterhin dem begünstigten Umsatzsteuersatz von zehn Prozent.

Voraussetzungen für die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit



Die BAO normiert in den §§ 34 ff die Voraussetzungen, wann von Betätigungen für gemeinnützige Zwecke ausgegangen werden kann. Der Kreis der gemeinnützigen Zwecke erstreckt sich dabei unter anderem auf Leistungen der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, auf die Erziehung, auf den Körpersport, auf die Schulbildung oder auf die Förderung der Kunst und Wissenschaft. Als gemeinnützige BgA kommen somit unter anderem Kindergärten, Altersheime oder Museen in Betracht.



Erst bei Erfüllung der folgenden fünf Voraussetzungen liegt im Sinne der BAO die geforderte ausschließliche Förderung vor:


  1. Der BgA darf, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzecken, keine anderen als gemeinnützige Zwecke verfolgen.

  2. Der BgA darf nicht nach Gewinn streben.

  3. Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung des BgA nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile zurückerhalten.

  4. Der BgA darf keine Person durch Verwaltungsausgaben, die dem Zweck des BgA fremd sind, oder durch unterverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen.

  5. Bei Auflösung des BgA oder Wegfall des bisherigen begünstigten Zwecks darf das Vermögen nur für begünstigte Zwecke verwendet werden.






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Erfahrungsgemäß erfüllen die von den Gemeinden unterhaltenen Kindergärten die geforderten Kriterien für die Gemeinnützigkeit, mit Ausnahme von den verfahrensrechtlich zwingend vorgeschriebenen Satzungen, die alle diese Merkmale zu enthalten haben.



Dieser „Mangel“ kann in Form eines Organisationsstatuts für den „Kindergarten BgA“ mittels eines vor dem 1. Jänner 2016 gefassten Gemeinderatsbeschlusses behoben werden. Der Österreichische Gemeindebund hat die nebenstehenden Musterstatuten durch das Bundesministerium für Finanzen überprüfen lassen. Das Finanzministerium hat bestätigt, dass diese den Anforderungen der §§ 34 ff BAO entsprechen.



Trotzdem empfiehlt es sich, jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob der Kindergarten der Gemeinde oder das von der Gemeinde geführte Museum die Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen, unabhängig von den noch zu beschließenden Satzungen, auch bisher tatsächlich erfüllt hat.



Wird ein Kindergarten von einer Gemeinde zur Betreibung an einen Dritten verpachtet, so ergeben sich durch das Steuerreformgesetz 2015/2016 keine Änderungen. Der Steuersatz für das Pachtentgelt beträgt weiterhin 20 Prozent, sofern die Umsätze aus der Verpachtung des Kindergartens den Jahresbetrag von 2900 Euro netto übersteigen.

Beachte



Grundsätzlich sind bei Übergang von der unbeschränkten Steuerpflicht des BgA zur Befreiung von der Körperschaftsteuer für den BgA die stillen Reserven für das Betriebsvermögen (dazu zählt auch das Gebäude) aufzulösen (§ 18 Abs. 1 KStG). Es ist aber davon auszugehen, dass die Gemeindekindergärten die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit ohnehin erfüllt haben und nunmehr nur der Mangel der fehlenden Satzungen nachgeholt wird.



Der Österreichische Gemeindebund hat zuletzt eine diesbezügliche Anfrage an das Bundesministerium für Finanzen gerichtet. KOMMUNAL wird über das Thema in seiner Dezember-Ausgabe weiter berichten.