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Finanzen
Gemeinden müssen jeden Euro zweimal umdrehen
Mehr denn je sind Konsolidierung, Budgetdisziplin und Effizienzsteigerung geboten – die finanzielle Lage der Gemeindeebene ist angespannt wie nie. Abermals haben die Wirtschaftsforscher ihre Prognosen nach unten revidiert.
Auch die Ertragsanteile könnten 2025 wieder hinter das Jahr 2022 zurückfallen. Und diese im besten Fall Stagnation der Einnahmen trifft weiterhin auf eine hohe Ausgabendynamik vor allem bei den Personalkosten, bei der (Elementar-)Bildung und auch bei den (Umlage-)Ausgaben für Gesundheit, Pflege und Soziales.
Neue Regierung muss Gemeinden stärken, nicht belasten
Unsicherheit birgt auch die Frage, wie sich die umfangreichen Maßnahmen des Regierungsprogramms 2025-2029 in den Gemeindehaushalten widerspiegeln werden. So wurde etwa die CO₂-Steuer bei ihrer Einführung als ausschließliche Bundesabgabe definiert, weil argumentiert wurde, dass diese Abgabe von aktuell rund 1,2 Milliarden Euro pro Jahr längst nicht ausreiche, die jährlichen Ausgaben des Bundes für den Klimabonus (rund 2,3 Milliarden Euro) zu tilgen.
Nun sieht das Regierungsprogramm eine Abschaffung des Klimabonus vor, jedoch keine Umwandlung der CO₂-Steuer in eine gemeinschaftliche Bundesabgabe, was den Gemeinden Ertragsanteile an dieser Abgabe in Höhe von 11,849 % einbringen würde. Auch die Digitalsteuer, die der Bund künftig deutlich aufkommensstärker als bisher (rund 100 Millionen Euro pro Jahr) ausgestalten will, sollte in eine gemeinschaftliche Bundesabgabe umgewandelt werden.
Unklar ist etwa auch, wie sich die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer entwickeln werden, denn einerseits sieht das Regierungsprogramm vor, dass größere Immobiliendeals effektiver steuerlich erfasst werden sollen, gleichzeitig soll aber auch der Ersterwerb von Eigenheimen steuerbefreit werden.
Abzulehnen ist jedenfalls das Ansinnen des Bundes, Widmungsgewinne der Gemeinden stärker der Immobilienertragsteuer (die eigentlich eine gemeindeeigene Steuer sein müsste) zu unterwerfen. Neben diesen und anderen einnahmenseitigen Themen bergen die Pläne der Bundesregierung auch ausgabenseitig große Unsicherheiten für die kommunalen Haushalte.
So etwa die Pläne für ein zweites verpflichtendes und damit Gratis-Kindergartenjahr. Viele der Maßnahmen des Regierungsprogramms werden sich wohl im Mai im Budgetbegleitgesetz (Sammelgesetz anlässlich des Doppelbudgets 2025/2026) wiederfinden und werden dann im Begutachtungsverfahren zu bewerten sein.
Konsolidieren, aber wo?
Das Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS zeigt, dass der Bund nicht zuletzt bei seinen Förderungen und Transferleistungen sparen soll. Weiters sollen viele Leistungen, z. B. steuerliche Begünstigungen, hinsichtlich ihrer Zielsicherheit und Effektivität evaluiert werden.
Auch in der Verwaltung, auf Ebene der jeweiligen Ministerien, soll gespart werden und in vielen Bereichen, z. B. im Gesundheitswesen oder bei den Ausgliederungen, sollen Effizienzpotenziale gehoben werden. Daneben soll es auch eine Reihe einnahmenseitiger Maßnahmen bei Steuern und Gebühren geben – um die Konsolidierungsziele zu erreichen und einen gewissen Spielraum für Offensivmaßnahmen und wichtige Investitionen zu schaffen. Der Bund kann mit seinem Maßnahmen-Mix hier durchaus ein Vorbild für die Gemeinden sein.
Externe Experten können helfen
Wichtig ist es, einen noch klareren Blick auf die eigenen Gemeindefinanzen zu bekommen. Hier können externe Experten dabei helfen, etwa mit Kennzahlanalysen oder Benchmarking die Kostentreiber und Problemlagen zu identifizieren. Eine tiefer gehende Analyse der Einnahmen und Ausgabenstruktur ist jedenfalls sinnvoll.
So startet etwa in Salzburg gerade auf Initiative des Gemeindeverbandes ein sechsmonatiges Benchmarking- und Analyseprojekt von fünf Gemeinden zwischen 2.500 und 18.000 Einwohnern. Auch kann es sich lohnen, bestehende Verträge und die Gemeindegesellschaften genauer unter die Lupe zu nehmen oder sich näher anzusehen, ob gemietet oder doch gekauft werden sollte und ob jede Ausgliederung (noch) Sinn macht.
Ausgabenseitig Handeln
Ausgabenseitig sollte eine der Grundfragen sein, welche Aufgaben aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen erbracht werden und welche Leistungen freiwillig erfolgen. Sowohl im Bereich der Pflicht- als auch der Ermessensausgaben sollte auf Kostenwahrheit geachtet werden, z.B. in welchen Tätigkeitsbereichen Bauhofpersonal zum Einsatz gebraucht wird oder wie hoch der Aufwand für Verwaltungspersonal für den Betrieb einer Postgeschäftsstelle tatsächlich ist.
Alle Ausgabenbereiche sollten hinsichtlich Effizienz und Wirkung hinterfragt werden, vor allem die freiwilligen Leistungen sollten einer Priorisierung unterzogen werden. Förderungen und freiwillige Sozialleistungen sollten hinsichtlich sozialer Treffsicherheit überprüft werden.
Wesentlich ist auch die Prüfung, ob Gemeindeeinrichtungen nicht zuletzt im Freizeit-, Sport- und Kulturbereich nachhaltig finanzierbar sind. Auch sollte angesichts der aktuellen fiskalischen Situation sondiert werden, ob Leistungen im Weg von Kooperation mehrerer Gemeinden kostengünstiger erbracht werden können.
Ausgabenseitig stellt sich in der aktuellen Liquiditätskrise letztlich auch die Frage, welche Investitionen bzw. Sanierungsmaßnahmen die größte Dringlichkeit haben bzw. ob die Gemeinde noch über Rücklagen eventuell aus den Gebührenhaushalten verfügt, die temporär über innere Darlehen für notwendige Investitionen genutzt werden könnten.
Maßnahmen auf der Einnahmenseite
Augenmerk sollte auch darauf gerichtet werden, wo die Gemeinden ihre Einnahmen steuern können – angesichts der aktuellen und wohl zumindest auch mittelfristig angespannten Finanzlage sollten auch die Kostenkalkulationen in den Gebührenhaushalten oder auch bei der Aufschließungsabgabe überprüft und allenfalls angepasst werden (ebenso sollten Indexanpassungen durchgeführt werden). Allenfalls bestehende Außenstände könnten strikter eingemahnt und eingebracht werden.
Wird der Bund auch diesmal helfen?
Die Gemeinden sind gut beraten, sich nicht darauf zu verlassen, dass der Bund angesichts der aktuellen und leider wohl auch nachhaltigen Ausgabendynamik bei gleichzeitig stagnierenden Einnahmen weitere Gemeindepakete schnürt, wie dies in den vergangenen Jahren (Corona, Teuerungskrise etc.) der Fall war. Und ebenso wenig darauf, dass sich aus den Maßnahmen des Regierungsprogramms nicht auch dort und da Mehrausgaben der Gemeinden ergeben könnten.
Als Österreichischer Gemeindebund werden wir natürlich versuchen, weitere Unterstützungen des Bundes und der Länder zu erreichen. Es zeigt sich in vielen Gesprächen aber ebenfalls, dass auch die Gemeinden ihre Hausaufgaben machen und auch noch ein Stück effizienter werden müssen (etwa durch mehr Kooperation und mehr Kostenwahrheit) und sich das eine oder andere Mal trauen müssen, dem Bürger mit einem Nein oder mit einem leistungsgerechten Eigenanteil oder Selbstbehalt gegenüberzutreten. Letzteres sollte vor allem auch für die Bundes- und Landespolitik gelten.