Monika Obereigner-Sivec - Bürgermeisterin
Monika Obereigner-Sivec: „Die Politik ist männerdominiert und das merkt man schon, speziell auf Bürgermeisterebene.“

"Es ist etwas Schönes, zu gestalten"

Als Berufsschullehrerin hat Monika Obereigner-Sivec große Erfahrung in der Arbeit mit Menschen. Diese nutzt sie auch als Bürgermeisterin von Groß-Enzersdorf.

Wie sind sie in die Politik gekommen?



Ich stamme aus einer sehr politischen Familie. Meine Großeltern waren schon in den Zwischenkriegszeiten bei der Arbeiterbewegung engagiert. Mein Großvater war Bürgermeister, mein Vater ebenso, und ich habe von Kindheit an in der Familie mitbekommen, dass es eine ganz tolle Sache sein kann, sich für andere einzusetzen und mitzugestalten.



Eine Zeit lang war Politik für mich kein Thema, doch über die Kinderfreunde bin ich letztendlich wieder in die Politik gekommen. Das war nicht wirklich geplant, hat sich aber so ergeben.



Was hat sie in ihrem Leben geprägt?



Von der politischen Seite her betrachtet, wie kurzlebig manches sein kann, und wie rasch sich Dinge verändern können, die eigentlich ganz klar und eindeutig waren; Und dass gemeinsam vieles besser geht.



Welche Konsequenz haben sie aus der Erkenntnis gezogen?



Man distanziert sich nicht, aber ich gehe mit dem, was im Moment stattfindet, gelassener um. Es gibt oft unschöne Erfahrungen, persönliche Angriffe, Wortmeldungen, oder Aussagen, die ich dank dieser Erkenntnis gut relativieren und anders damit umgehen kann. Gleichzeitig schöpfe ich Kraft aus den vielen schönen Erfahrungen und Momenten, wenn ein Projekt umgesetzt wurde, wenn Menschen geholfen werden konnte oder auch wenn Bürgerbeteiligung funktioniert und gelebt wird.



Sie sind Lehrerin, unter anderem für Kommunikation. Inwieweit hilft das als Bürgermeisterin weiter? Gibt es da Schnittmengen?



Auf jeden Fall. Ich arbeite schon viele Jahre als Berufsschullehrerin, dabei habe ich mit angehenden Erwachsenen zu tun. In der Tätigkeit als Bürgermeisterin gibt es durchaus Schnittmengen zu meiner Ausbildung. Man ist jeden Tag mit neuen Herausforderungen konfrontiert in der Gemeinde wie auch in der Schule.



Als Lehrerin ist man permanent mit 110 Prozent unterwegs; man weiß nie, was einen in einer Stunde erwartet, denn keine Stunde läuft gleich ab. Die kann noch so perfekt durchgeplant und vorbereitet sein. Man arbeitet eben mit Menschen und genau das ist die Gemeinsamkeit. Das Wissen darum und die daraus resultierende Flexibilität helfen in der täglichen Gemeindearbeit.



Groß-Enzersdorf liegt unmittelbar neben Wien. Gibt es ein eigenständiges Gemeindeleben?



Absolut. Die Stadtgemeinde Groß-Enzersdorf hat sieben Katastralgemeinden, und jede war früher eine eigenständige Gemeinde. Erst in den 70er-Jahren erfolgte die Zusammenlegung. Auch heute noch zeichnet sich jede Katastralgemeinde durch ein eigenständiges „Dorfleben“ aus.



Groß-Enzersdorf ist Vorort der Stadt Wien und es gibt viele, die Groß-Enzersdorf als ihren Wohnbereich sehen, jedoch in Wien arbeiten und dort natürlich auch ihre Freunde haben. Dennoch, Groß-Enzersdorf hat ein reges kulturelles Leben und ist mit seinen Märkten ein interessanter Einkaufsort.



Viele, wie etwa die Vereine oder die Gemeinde selbst, sind bestrebt ein Stück weit ein Pendant zu Wien zu bilden. So besuchen mittlerweile auch Personen aus dem 22. Bezirk, die Veranstaltungen in Groß-Enzersdorf. Sie kommen lieber zu uns, als ins [Wiener] Zentrum hinein zu fahren. Natürlich macht das unmittelbare Angrenzen an Wien diese Aufgaben und deren Gestaltung spannend, denn die Autobuslinie 26A der Wiener Linien führt bis ins Stadtgebiet von Groß-Enzersdorf und man ist relativ rasch in Wien.



Ist es als Frau schwieriger sich in der Politik zu behaupten?



Es ist nach wie vor noch so, dass man, wie in allen anderen Berufen, in manchen Bereichen die gläserne Decke spürt. Die Politik ist männerdominiert und das merkt man schon, speziell auf Bürgermeisterebene. Frauen müssen sicher doppelt so hart arbeiten, um in eine Führungsposition zu kommen. Bei einem Mann wird nie so stark an der Qualifikation gezweifelt wie bei Frauen. Es herrschen vielfach noch immer die alten Rollenbilder auch wenn manches ein bisschen offener geworden ist.



Politik ist meist weder frauen- noch familienfreundlich. Die Veranstaltungen sind am Wochenende oder am Abend. Auch Gemeinderatssitzungen sind am Abend und dauern recht lange. Wenn man Kinder hat, ist das oft schwierig. Männer (Väter) müssen sich da meist nicht darum kümmern, wer an Sitzungsabenden die Kinder betreut, das machen ja die Mütter. Bei Frauen muss es einen Partner geben, der das mitträgt, seinen Beitrag leistet und unterstützt. Davon darf man sich aber auf keinen Fall abschrecken lassen, es lässt sich alles planen und organisieren. Politik kann und soll Spaß machen. Es ist etwas Schönes, zu gestalten und etwas zu bewirken.



Wesentlich ist, immer darauf zu achten, egal wie viele Jahre man in der Politik ist, dass man die Freude nicht verliert und man gerne mit den Menschen arbeitet. Leider  habe ich das Gefühl, dass gerade im Bereich der Politik die Bereitschaft und der Wille sich für die Allgemeinheit einzusetzen immer mehr abnehmen.



Es würde mich daher freuen, wenn sich viel mehr Frauen und junge Menschen in der Politik engagieren würden. Man muss es ja gar nicht auf Dauer machen, aber sich einen Teil seines Lebens politisch zu engagieren und mitzugestalten, dazu möchte ich einladen und anregen.