Rohre werden zusammengeschraubt
In Ohlsdorf musste man, um die Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser zu versorgen, rasch eine neue Transportleitung errichten und Wasser aus der Nachbargemeinde Gmunden zukaufen, was mit immensen Kosten verbunden war. (Symbolbild)
© Mulderphoto - stock.adobe.com

Trinkwasserskandal

Schadenersatz nach Grundwasserverunreinigung

Nach über zehnährigem Prozessmarathon wurde vom Obersten Gerichtshof die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz bestätigt und ausgesprochen, dass ein Abfallentsorgungsbetrieb und dessen damaliger Geschäftsführer der Gemeinde Ohlsdorf die erlittenen Schäden ersetzen müssen. Die Verursacher haften auch für potenzielle zukünftige Schäden. Dieser Beitrag zeigt auf, welche Lehren Gemeinden in ähnlichen Situationen daraus ziehen können.

Bereits Anfang 2014 wurde in der Ohlsdorfer Wasserversorgung ein modriger Geruch festgestellt. Nach intensiven Recherchen der Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Land Oberösterreich, der Umweltabteilung der Kriminalpolizei und diversen Sachverständigen konnten als Ursache für die Grundwasserverunreinigung illegale Ablagerungen von Pestiziden in einer in Ohlsdorf gelegenen Baurestmassendeponie festgestellt werden. 

Mit der Entsorgung dieser flüssigen Produktionsabfälle aus der Pflanzenschutzmittelproduktion war ein Abfallentsorgungsbetrieb aus einer Nachbargemeinde beauftragt gewesen.

In Ohlsdorf musste man, um die Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser zu versorgen, rasch eine neue Transportleitung errichten und Wasser aus der Nachbargemeinde Gmunden zukaufen, was mit immensen Kosten verbunden war.

Eine strafrechtliche Verantwortung dafür, dass die Pestizide nicht fachgerecht, sondern illegal auf der Deponie in Ohlsdorf entsorgt wurden, konnte von den zuständigen Gerichten nicht festgestellt werden. 

Die Gemeinde Ohlsdorf hat, vertreten durch die Florianer Rechtsanwälte Mühlleitner, Wageneder, Steinbüchler und Weidinger, in der Folge den Zivilrechtsweg beschritten. Dies trotz des Umstands, dass das Land Oberösterreich und andere geschädigte Gemeinden nicht weiter gegen den Entsorgungsbetrieb vorgegangen sind. 

Die Schädiger zogen im Zivilverfahren - wie bereits zuvor im Strafverfahren - sämtliche Register und boten gleich mehrere Großkanzleien und Sachverständige auf, um sich auch zivilrechtlich einer Verantwortung zu entziehen bzw. von der Haftung zu befreien.

Umso erfreulicher ist für die Gemeinde Ohlsdorf daher das Ende Juni ergangene Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH 24.06.2024, 1 Ob 10/25i), mit dem der Gemeinde ein Schadenersatz in Höhe von ca. 770.000 Euro zuzüglich Zinsen und Kosten zugesprochen wurde.

Vom Etappensieg zur endgültigen Entscheidung

Das Erstgericht hatte zwar die Haftung der Schädiger bereits grundsätzlich bestätigt, jedoch noch ausgesprochen, dass sich die Gemeinde einen Teil des Schadens als „Vorteil“ anrechnen lassen müsse, weil die Transportleitung theoretisch noch längere Zeit nutzbar sein werde. Ebenso hatte das Erstgericht ausgesprochen, dass die über die Kommunalkredit Public Consulting GmbH gewährte Umweltförderung für die Transportleitung auf den Schaden angerechnet werden müsse. 

Beide Seiten erhoben gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung. Die Entscheidung des Erstgerichtes war aus Gemeindesicht nicht ganz nachvollziehbar, als einerseits die Transportleitung ohne Verunreinigung des Trinkwassers überhaupt nicht gebaut worden wäre und andererseits eine staatliche Förderung nicht die Entlastung der Schädiger bewirken kann. Wäre man dieser Argumentation gefolgt, so hätte dies bedeutet, dass durch öffentliche Gelder für ein Infrastrukturprojekt der zu leistende Schadenersatz vermindert worden wäre. Plakativ dargestellt müsste dann auch ein Brandstifter, der ein Schulgebäude anzündet, nicht den gesamten Schaden ersetzen, wenn der Neubau des Schulhauses (zumindest teilweise) durch Förderungen gedeckt ist. 

Das Oberlandesgericht Linz ist der Argumentation der Gemeinde Ohlsdorf gefolgt, was nun vom Obersten Gerichtshof bestätigt wurde.

Vorteilsanrechnung, Förderung, zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Anspruch

Das Höchstgericht hat in der vorliegenden Entscheidung ausgesprochen, dass die Transportleitung, die ohne das schädigende Ereignis nicht gebaut worden wäre, keinen vermögenswerten Vorteil darstellt. Die Gemeinde 
hat daher die gesamten Baukosten - und nicht nur einen Teil davon - als Schadenersatz zu erhalten.

Die für den Bau gewährte Förderung ist nicht zugunsten der Schädiger anrechenbar. Dazu merkte der Oberste Gerichtshof an, dass „die Förderung unter anderem die Wasserversorgung der Bevölkerung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser bezweckt“. 

Eine Entlastung des Schädigers erschien dem Obersten Gerichtshof jedenfalls sachlich nicht gerechtfertigt. So hielt er in der Entscheidung dazu ausdrücklich fest:
„Es finden sich auch sonst keine Anhaltspunkte, dass mit der (öffentlichen) Förderung ein die Trinkwasserversorgung beeinträchtigender Schädiger entlastet werden soll oder dessen Entlastung vom Fördergeber auch nur mitbezweckt ist. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist kein Vorteilsausgleich vorzunehmen.“

Im Zuge des gegenständlichen Verfahrens wurde von den Schädigern, um der zivilrechtlichen Haftung zu entgehen, auch behauptet, dass die Gemeinde Ansprüche im Zusammenhang mit der Trinkwasserverunreinigung nicht zivilrechtlich geltend machen könne, sondern Schadenersatz nach dem Wasserrechtsgesetz von der Wasserrechtsbehörde mit Bescheid vorzuschreiben wäre. Dieser Argumentation sind die Zivilgerichte nicht gefolgt. Der Schaden ist im Zivilprozess geltend zu machen.

Was es zu beachten gilt: 

Für eine Gemeinde ist natürlich nicht nur das schädigende Ereignis selbst (für dessen Bewältigung im konkreten Fall ein immenser Kraftakt seitens der Organe und der Gemeindebediensteten erforderlich war), sondern auch ein derartiges Gerichtsverfahren mit personellen und finanziellen Ressourcen verbunden. Es kann sich aber durchaus bezahlt machen, Zeit und Geld in die Verfolgung der Ansprüche zu investieren und sich auch gegen scheinbar übermächtige Unternehmen zu wehren. Gegenständlich wurden von den Schädigern jahrelang sämtliche Instrumente aufgeboten und Rechtsmittel ausgeschöpft und trotzdem hat sich David gegen Goliath durchgesetzt.

Bei der Prozessführung durch die Gemeinde ist zu beachten, dass die Formalitäten der Beschlussfassung der einzelnen Prozessschritte nach der jeweiligen Gemeindeordnung eingehalten werden. Dies kann, um keine Fristen zu versäumen, auch die Abhaltung von außerplanmäßigen Sitzungen erforderlich machen.  

Fazit: Keine Anrechnung von Förderungen

Aus der vorliegenden Entscheidung lässt sich ganz allgemein ableiten, dass Gemeinden sich Förderungen der öffentlichen Hand nicht anrechnen lassen müssen, wenn sie aufgrund eines von einem Dritten verursachten Schadens Investitionen zu tätigen haben. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Schädiger für die gesamte notwendige Investition haftet, auch wenn ein Teil der Investition mit einer Förderung finanziert wird.