Aktenordner mit Aufschrift "Ausschreibungen"
Die nach dem BVergG zulässigen ökologischen und sozialen Kriterien stellen zentrale Instrumente für eine regionale Beschaffung dar.
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Die E-Vergabe in der kommunalen Praxis

Seit zwei Jahren ist das Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG) als Totalrevision des Vergaberechts mit beachtlichen Neuerungen in Kraft.

Seit Oktober 2018 sind Gemeinden dazu verpflichtet, Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich elektronisch abzuwickeln. Das heißt, nach der derzeit geltenden Schwellenwertverordnung für

  • Bauaufträge ab 5.350.000 Euro (exkl. USt.) und
  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge ab 214.000 Euro (exkl. USt.).

Für Auftragsvergaben im Unterschwellenbereich (das heißt unterhalb dieser Wertgrenzen) besteht keine gesetzliche Verpflichtung, aber weiterhin die Möglichkeit zur elektronischen Vergabe. Darunter versteht man die weitgehende Abwicklung der kommunalen Beschaffung auf elektronischem Weg. 

Erfahrungen auf kommunaler Ebene

Nach den Erwartungen der Kommunen sollte eine Implementierung auf einer zentralisierten Beschaffungsform erfolgen und dazu führen, dass Erleichterungen bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen, standardisierte und transparentere (Vergabe-)Verfahren und eine verbesserte Vertragsabwicklung etabliert werden, was schlussendlich auch zu Kosteneinsparungen führen sollte.

Geblieben ist eine große Auswahl an unterschiedlichen Beschaffungsplattformen und unterschiedlichen Anlaufstellen für die kommunale Beratung und Begleitung, welche aber auch ein breites Spektrum an Angeboten und Services bieten, um die gesteckten Erwartungen zu erfüllen.

Neben den bereits erwähnten Vorteilen der elektronischen Beschaffung zeigen die Erfahrungen, dass Gemeinden, die sich dennoch für diesen Weg entschieden haben, weniger mit dem Vorwurf der Intransparenz konfrontiert wurden, ihren Bedarf besser einschätzen konnten und vor allem auch ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis erzielten.

Insbesondere kleinere Gemeinden bleiben aber (bedauerlicherweise) bei Altbewährtem, da sich ihre Beschaffung nur selten im Oberschwellenbereich bewegt und demnach für sie auch die e-Vergabe weiterhin nicht verpflichtend ist, obwohl damit aber erhebliche Erleichterungen verbunden wären. 

Aller Anfang ist schwer?

Auf Gemeindeebene steht und fällt die elektronische Beschaffung zunächst mit der elektronischen Signatur (Amtssignatur), welche nach dem BVergG grundsätzlich bei der Übermittlung von Teilnahme- und Ausschreibungsunterlagen benötigt wird, sowie dem gemeindeinternen vergaberechtlichen Know-how, was durch eine gezielte Schulung von Mitarbeitern aber aufgebaut werden kann.

Je nach organisatorischer Größe und jährlichem Beschaffungsvolumen der Gemeinde kann die elektronische Beschaffung selbst oder unter Zuhilfenahme zahlreicher Vergabeplattformen organisiert werden.

Der Vorteil der eigenen elektronischen Beschaffung liegt definitiv in deren Individualität, welche an die eigenen spezifischen Bedürfnissen angepasst werden kann – was aber für kleinere Gemeinden, die nur sporadisch Vergabeverfahren durchführen, aufgrund der fehlenden Erfahrungen eine beträchtliche Hürde darstellen kann.

Zu diesem Zweck erleichtern zahlreiche am Markt vertretene Vergabeplattformen die Beschaffung durch anwenderfreundliche und automatisierte Webapplikationen, welche die Verwaltung und Abwicklung von (auch kleineren) Vergabeverfahren erheblich erleichtert. So ist durch die Verwendung derartiger Plattformen eine verminderte Fehleranfälligkeit zu beobachten, da einzelne Abläufe einer strikten Logik unterliegen, Schulungsplattformen zur Verfügung stehen sowie auch der formale Ablauf (z. B. Veröffentlichung, Eignungsdatenbank) weitegehend automatisiert ist.

E-Vergabe vs. regionale Vergabe

Die e-Vergabe stellt auch durch ihre größere Reichweite keinen Widerspruch zur im Trend liegenden regionalen Beschaffung dar.

Auch wenn „die Regionalität“ im BVergG kein zulässiges Kriterium darstellt, kann mithilfe geeigneter Kriterien dennoch ein annähernder Effekt erzielt werden. Im Rahmen der elektronischen Vergabe ist demnach bei der Erarbeitung von (regionalen) Kriterien besonders Bedacht zu nehmen und es gilt der Grundsatz: „Qualität kann nur durch Qualität ersetzt werden, denn es ist vielmehr das WIE, das das Was veredelt!“

Die nach dem BVergG zulässigen ökologischen und sozialen Kriterien stellen dabei zentrale Instrumente für eine regionale Beschaffung dar. Derartige Kriterien können – richtig ausgearbeitet – zulässig sein, wenn beispielsweise eine angemessene Entfernung und Erreichbarkeit zur Nutzung einer beschafften Leistung erforderlich ist oder auch, wenn die Transportweite einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität der zu transportierenden Waren hat. Jedenfalls sollte bei der Ausarbeitung solcher Kriterien professionelle Hilfe (z. B. Nachhaltiges Beschaffungservice NÖ, professionale Berater) zu Rate gezogen werden.

Daneben besteht auch weiterhin die Möglichkeit der sogenannten Kleinlosregelung, wo Gesamtaufträge nicht als Ganzes, sondern in kleinere Aufträge unter erleichterten Bedingungen an regionale Unternehmen vergeben werden können, solange die Schwellenwertregelungen nicht umgangen werden.

Mit der Einführung der e-Vergabe sollten jedenfalls auch frühzeitig regionale Unternehmen über die Umstellung auf die e-Vergabe informiert werden, weil diesen meist (noch) zu Beginn das notwendige Know-how für eine Beteiligung am elektronischen Vergabeprozess fehlt. 

Zusammengefasst

Obwohl die erstmalige Einführung der e-Vergabe insbesondere für kleinere Gemeinden zunächst ein anspruchsvolles Projekt darstellt, kann diese aber auch im Unterschwellenbereich erhebliche Erleichterungen mit sich bringen, was auch positive Auswirkungen auf das kommunale Wachstum zur Folge haben kann.