Julius-Perathoner-Preis
Werner Stuflesser, Mitglied der Jury des Julius-Perathoner-Preises, Johanna Mitterhofer, eine der Preisträgerinnen, Andreas Schatzer, Präsident des Südtiroler Gemeindenverbandes, und Jurymitglied Arthur Scheidle,

Werner Stuflesser, Mitglied der Jury des Julius-Perathoner-Preises, Johanna Mitterhofer, eine der Preisträgerinnen, Andreas Schatzer, Präsident des Südtiroler Gemeindenverbandes, und Jurymitglied Arth

"Die Bürokratie ist kaum noch zu bewältigen"

28. August 2018
Beim Gemeindetag der Südtiroler Gemeinden wurde deutlich, dass Ansprüche und Anforderung immer mehr steigen. Daher es gibt auch immer mehr Überforderung, Unzufriedenheiten und Stress.

Neben der Vollversammlung bildet der Gemeindentag den jährlichen Höhepunkt im Verbandsleben des Südtiroler Gemeindenverbandes. Zu den amtierenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern gesellten sich viele ehemalige Amtsinhaber und Vertreter der benachbarten Gemeindeverbände wie Ernst Schöpf, Präsident des Tiroler Gemeindenverbandes. Auch zahlreiche Politiker, allen voran Landeshauptmann Arno Kompatscher, und Vertreter anderer Institutionen waren der Einladung nach Kurtinig an der Weinstraße gefolgt.

Nach der Begrüßung durch die Musikkapelle stellte Bürgermeister Manfred Mayr den Anwesenden die Gemeinde Kurtinig an der Weinstraße vor. Wegen einer Operation an den Stimmbändern musste der Präsident des Gemeindenverbandes, Andreas Schatzer, seine Rede vom Vizepräsidenten Joachim Reinalter vortragen lassen.

Die Anforderungen steigen, die Verwaltung wird komplexer

Dieser sprach dann auch eine Reihe von Problemen an, die den Gemeinden unter den Nägeln brennen und bei denen er die Unterstützung des Landes einforderte: Die Ansprüche und Anforderungen an die Gemeinden steigen, gleichzeitig wird die Verwaltung komplexer und der bürokratische Aufwand ist kaum noch zu bewältigen. Immer öfter ist daher die Rede von Überforderung, Unzufriedenheit und Stress.

Verwaltungsüberschüsse dürfen nicht mehr verwendet werden

Große Sorge bereiten den Bürgermeistern auch die staatlichen Bestimmungen zum Haushaltsausgleich. Demnach dürfen die Gemeinden ihre Verwaltungsüberschüsse nicht mehr verwenden. Für die Besetzung der Sekretärsstellen in den kleinen Gemeinden brauche es unbedingt eine Lösung. Schatzer lobte aber auch die gute Zusammenarbeit mit dem Landeshauptmann und dem zuständigen Landesrat.

Kompatscher: Verständnis für die Anliegen der Gemeinden

In seiner Replik zeigte Landeshauptmann Arno Kompatscher Verständnis für die Anliegen der Gemeinden und lobte sie für die Bewältigung der immer schwieriger werdenden Arbeit.

In Bezug auf die Verwendung der Verwaltungsüberschüsse sei bereits ein Gesetz in Verabschiedung, welches es den Gemeinden erlaubt, diese auch weiterhin für Investitionen zu verwenden. Für kleine, abgelegene Gemeinden soll es möglich werden, einen Sekretär in Vollzeit anzustellen. Landesrat Arnold Schuler seinerseits erklärte, dass die Lösung für die ständig wachsenden Aufgaben der Gemeinden in den neuen Verwaltungseinheiten liegt. Gemeinden müssen auf der Verwaltungsebene verstärkt zusammenarbeiten, damit wird das Personal entlastet, Mitarbeiter können sich spezialisieren und so ihre Aufgaben besser meistern.

Im seinem Gastreferat sprach Professor Roland Benedikter über die Rolle der Gemeinden in einer globalisierten Welt. Immer mehr globale Themen strahlen auch nach Südtirol.

Gemeinden haben zentrale Rolle gegen Politikverdrossenheit

Land und Gemeinden sehen sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die nicht lokalen, sondern internationalen und globalen Ursprung haben. Solche Themen seien beispielsweise die Migration, die Umwelt und nicht zuletzt die Krise der liberalen Demokratie durch den Ansturm nicht demokratischer Gesellschaftsmodelle aus China, Russland oder der islamischen Welt. Hier komme den Gemeinden eine zentrale Rolle zu, um der Politikverdrossenheit und dem Wutbürgertum entgegenzuwirken.

„Julius-Perathoner-Preis“ erstmals verliehen

Erstmals verliehen wurde heuer der „Julius-Perathoner-Preis“. Mit dem vom Südtiroler Gemeindenverband ins Leben gerufenen Preis sollen wissenschaftliche Arbeiten belohnt werden, die sich mit Gemeindethemen auseinandersetzen.

Die ersten Preisträger sind Johanna Mitterhofer und Verena Wisthaler von der Eurac Research für ihre Auseinandersetzung mit den Themen Migration und Integration. In ihrer Arbeit erörtern sie, vor welche Herausforderungen die Zuwanderung Südtirol stellt, wie bisher damit umgegangen wurde und welche Möglichkeiten Gemeinden haben, das Zusammenleben in der neuen Vielfalt nachhaltig zu gestalten. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen und ist mit 5000 Euro dotiert.