Frau im Rollstuhl gibt Pflegerin die  Hand
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Bedürfnisgerechte Hilfe im Alter

17. November 2025
Die Lebenserwartung steigt – und mit ihr die Verantwortung der Gemeinden für Pflege. Die Finanzierung und Organisation der Pflege zählt zu den größten Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Notwendig ist eine Strategie entlang der gesamten Pflegekaskade – von Alltagshilfen bis zur stationären Versorgung.

Bis 2080 steigt die Lebenserwartung auf 92 Jahre bei Frauen und 84 Jahre bei Männern – rund acht bis zehn Jahre mehr als heute. Bis 2040 wird österreichweit die Bevölkerung ab 65 Jahren um rund 45 Prozent zunehmen. Besonders dramatisch: Auf 100 Personen im Alter von 50 bis 64 Jahren kamen 2021 noch elf Hochbetagte über 85 Jahre – 2050 werden es bereits 34 sein. Die Zahl der professionell betreuten Personen könnte bis 2050 auf 515.000 ansteigen.

Finanzielle Belastung der Gemeinden

Pflege ist bereits jetzt einer der Posten mit den größten Ausgabensteigerungen. Die Netto-Ausgaben im Sozial- und Pflegebereich stiegen in zehn Jahren um fünf bis sechs Prozent jährlich – deutlich über den Zuwächsen der Gemeinde-Ertragsanteile. Gemeinden tragen je nach Bundesland zwischen 35 und 50 Prozent der Sozial- und Pflegekosten, haben aber kaum Mitspracherechte. Während die Sozialhilfeumlagen um 47 Prozent stiegen, nahmen die Ertragsanteile nur um 36 Prozent zu.

Die Pflegekaskade

Nicht alle Menschen benötigen sofort intensive Pflege. Oft genügen zunächst einfache Unterstützungen wie Mobilität oder Beratung. Erst dann folgen mobile Betreuung oder Essen auf Rädern. Die 24-Stunden-Pflege oder ein Heimplatz kommen erst später zum Tragen. Diese abgestufte Herangehensweise ist menschlicher und wirtschaftlich sinnvoller. Eine ausgewogene Förderung aller Stufen ermöglicht Menschen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben.

Die Pflegekaskade

Gemeindekooperationen als Lösung

Nicht jede Gemeinde kann alle Pflegeangebote selbst bereitstellen. Gemeindekooperationen schaffen Synergien: Gemeinsam organisierte Rufbusdienste, mobile Betreuung oder Beratungsstellen senken Kosten. Kleinere Gemeinden erhalten Zugang zu Angeboten, größere können ihre Infrastruktur besser auslasten.

Ehrlichkeit ist notwendig

Die demografische Entwicklung erfordert ehrliche Gespräche über Finanzierbarkeit. Gemeinden brauchen verlässliche Rahmenbedingungen von Bund und Ländern. 

Einmalige Hilfspakete reichen nicht – notwendig sind strukturelle Reformen. Bis 2030 werden österreichweit 51.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt, bis 2050 fast 200.000. Attraktivere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und mehr Wertschätzung für Pflegeberufe sind unumgänglich.

Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Gemeinden stehen an vorderster Front und kennen die Bedürfnisse ihrer Bewohner am besten. Sie können diese Aufgabe nur bewältigen, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen und zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ehrlich über Kosten und Lösungen gesprochen wird. Die Zahlen sind seit Jahren bekannt – jetzt müssen die Weichen gestellt werden. 

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