
Nicht nur große Konzerne, sondern auch regionale Klein- und Mittelbetriebe sollen eine Chance haben, bei öffentlichen Bauaufträgen konkurrenzfähig mitbieten zu können. Foto: www.BilderBox.com
Bauaufträge fair vergeben
Um die Rechtssicherheit für Gemeinden zu erhöhen, haben Wirtschaftskammer, Gewerkschaft, und Gemeindebund einen Leitfaden für die faire Vergabe von Bauaufträgen erarbeiten lassen.
2016 vollzog sich ein Paradigmenwechsel in der Vergabe: Es wurde dem Best- anstelle des Billigstprinzips Vorrang gegeben. Vielen öffentlichen Auftraggebern, darunter sind auch die Gemeinden, ist nicht bewusst, dass auch sie selbst im Rahmen des Vergaberechts weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Fairness bei öffentlichen Aufträgen setzen können. Gemeinsam mit der renommierten Kanzlei Heid-Schiefer, die auf Vergaberecht spezialisiert ist, haben der Österreichische Gemeindebund und die Sozialpartner-Initiative „Faire Vergaben sichern Arbeitsplätze“ einen Vergabeleitfaden speziell für Gemeinden zur fairen Auftragsvergabe erarbeitet.
Der Leitfaden für faire Vergaben wird in den nächsten Wochen an alle heimischen Gemeinden übermittelt.
Muster-Zuschlagskriterien
Zu dem Leitfaden gibt auch einen Beilage. Diese umfasst
- ein Beispiel für die Gewichtung der Zuschlagskriterien,
- ein Beispiel zur Berechnung der Preispunkte in einem relativen System sowie
- die Textierung der möglichen Muster-Zuschlagskriterien aus dem Bestbieterkriterien-Katalog für Gemeinden.
Es bleibe aber dennoch immer in der Verantwortung des jeweiligen Gemeindemitarbeiters, welche Kriterien vor dem Hintergrund eines konkreten Vorhabens eingesetzt werden und welche Bedeutung diesen Kriterien im Verhältnis zum Preis eingeräumt wird, stellt der Gemeindebund klar.
Chance für regionale KMU
„Die Gemeinden sind die größten öffentlichen Auftraggeber des Landes“, sagt Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. „Sie investieren insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr in neue Projekte, das ist mehr Geld als etwa die Länder oder auch der Bund in Infrastruktur investieren. Es ist daher sinnvoll, dass man die gesetzlichen Normen des Bestbieterprinzips um einige Hilfestellungen ergänzt, die insgesamt zu mehr Fairness bei öffentlichen Vergaben führen“, so Mödlhammer. „Ich habe mich vor ein paar Monaten darüber geärgert, dass so ein Leitfaden erschienen ist, der sich vorwiegend mit großen Auftraggebern wie der ASFINAG oder der ÖBB befasst hat. Die Projekte und Verfahren der Gemeinden haben in der Regel ein viel kleineres Ausmaß, da kann man nicht die gleichen Kriterien anlegen wie bei großen Auftraggebern und großen Baukonzernen“, so Mödlhammer. „Wir haben uns daher sehr rasch mit den Sozialpartnern zusammengesetzt, um eine eigene Version für Gemeinden zu erarbeiten. Diese legen wir heute vor.“

„Fairness beinhaltet nämlich auch, dass nicht nur große Konzerne, sondern auch regionale Klein- und Mittelbetriebe eine Chance haben, bei öffentlichen Bauaufträgen konkurrenzfähig mitbieten zu können“, so Mödlhammer. „Die Ausschreibungskriterien müssen daher sowohl für kleine Gemeinden machbar, als auch für Klein- und Mittelbetriebe verständlich und erfüllbar sein“, so der Gemeindebund-Chef. „Jede Novelle der Vergaberichtlinien bringt einen deutlich höheren bürokratischen Aufwand für Auftraggeber und Auftragnehmer mit sich. Das hat zur Folge, dass inzwischen kleinere Betriebe bei öffentlichen Ausschreibungen gar nicht mehr mitbieten.“
Besonders auch für kleine Gemeinden
Stephan Heid, Chef der Kanzlei Heid-Schiefer, hat den Katalog maßgeblich erarbeitet: „Mit dem vorliegenden Bestbieterkriterien-Katalog ist es vor allem kleineren und mittleren Gemeinden möglich, auf einfache Weise den vergaberechtlichen Anforderungen an das Bestbieterprinzip bei Bauaufträgen über einer Million Euro nachzukommen. Die vorgeschlagenen Beispiele für wirtschaftliche, soziale und Umweltkriterien bieten für jedes Vorhaben die Grundlage für einen auf den Einzelfall abgestimmten Mix an Zuschlagskriterien und fördern auf zulässige Weise den Einsatz regionaler Unternehmen.“