leere Wohnung
Es braucht ein Maßnahmenbündel, das neben der Abgabeneinhebung raumordnerische Maßnahmen ebenso umfassen muss wie die Setzung sonstiger Anreize und Initiativen.
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Wohnraum mobilisieren – ein schwieriger Weg

Leer stehende Wohnungen sind für viele Gemeinden längst mehr als nur ein Ärgernis. Sie stehen insbesondere im Westen Österreichs sinnbildlich für ungenutztes Potenzial, das dem lokalen Wohnungsmarkt – oft preistreibend - entzogen wird. Die betroffenen Gemeinden und das Land Tirol versuchen daher seit geraumer Zeit, durch einen „Strauß“ von rechtlichen, aber auch sonstigen (Anreiz-)Maßnahmen gegenzusteuern.

Bereits im Jahr 2022 wurde mit dem Tiroler Freizeitwohnsitz- und Leerstandsabgabegesetz (TFLAG1) eine Rechtsgrundlage für Abgaben für leer stehende Wohnungen mit der klar erkennbaren Zielsetzung eines Mobilisierungseffekts geschaffen.

Leerstand wird dabei dann angenommen, wenn Gebäude, Wohnungen und sonstige Teile von Gebäuden durchgehend mindestens sechs Monate nicht als Wohnsitz verwendet werden.2 Nicht abgabepflichtig sind demgegenüber im Wesentlichen Hauptwohnsitze, Freizeitwohnsitze sowie Wohnsitze für berufliche und Ausbildungszwecke.

Die Abgabe ist als monatsbezogene, jährlich im Nachhinein zu entrichtende Selbstbemessungsabgabe konzipiert, welche vom Liegenschaftseigentümer oder alternativ vom Eigentümer der leer stehenden Wohnung auf fremdem Grund zu entrichten ist. Bei der verordnungsförmigen Festlegung der Abgabebeträge von bis zu maximal 430 Euro im Monat ist neben der jeweiligen Nutzflächengröße auf den Verkehrswert der Liegenschaften sachlich begründet Bedacht zu nehmen.

Als Zwischenergebnis für den August 2024 ließ sich für Tirol festhalten, dass von 1.308 gemeldeten Wohnungen nach Abzug der Ausnahmefälle effektiv 210 abgabepflichtige Leerstände bekannt waren. Statistisch vermutet werden in Tirol jedoch bis zu 68.000 (!) leere Wohnungen – eine objektivierte Datenbasis zum Leerstand besteht bislang somit offenbar weiterhin nicht.

Jüngste legistische Neuerungen

Ab 1. Jänner 2026 tritt nun die TFLAG-Novelle 2025 in Kraft, welche unter mehreren Gesichtspunkten Änderungen vornimmt: Zum einen wird durch die (beschränkte) Zulassung der Zusammenführung von Informationen aus mehreren Datenquellen (Zentrales Melderegister sowie lokales Gebäude- und Wohnungsregister) die Erhebung der tatsächlichen Leerstände erleichtert8, sodass kurz- bis mittelfristig deutlich verlässlichere zahlenmäßige Grundlagen zur Verfügung stehen sollten.

Zum anderen sind Gemeinden hinkünftig nur noch zur Erlassung von Verordnungen zu Leerstandsabgaben ermächtigt, nicht jedoch verpflichtet, sodass bewusst mehr Flexibilität auf kommunaler Ebene mit Blick auf die faktischen Erfordernisse vor Ort geschaffen wurde. Der Druck auf die kommunalen Entscheidungsträger wird damit jedoch auch deutlich größer, nachdem neben den sachlichen Grundlagen nun auch die Frage zur politischen Tragfähigkeit der Abgabeneinhebung den Gemeinden zugewiesen wird.

Mit der Novelle werden zudem die Ausnahmen, etwa für Wohnungen, die unter anderem aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen nicht genutzt werden können sowie nicht gebrauchstauglich oder nutzbar sind, geschärft, wobei der Gesetzgeber den Eigentümern durchaus gewisse aktive Sanierungspflichten zuweist.

Überwachung und Sanktionen

Ergibt der Daten-Abgleich, dass für eine Wohnung keine Hauptwohnsitzmeldung vorliegt und ein Ausnahmetatbestand nicht glaubhaft gemacht wurde, ist der Abgabenpflichtige zur Abgabe einer Abgabenerklärung aufzufordern. Wird die Abgabenerklärung nicht rechtzeitig eingereicht oder kein Ausnahmetatbestand glaubhaft gemacht, sind entsprechende abgabenrechtliche Verfahren samt Strafverfolgung (BH) einzuleiten.

Mit der TFLAG-Novelle 2025 werden dabei hinkünftig neben umfangreichen persönlichen (z. B. Identifikations- und Erreichbarkeitsdaten, Bankverbindung) und Liegenschaftsdaten (z. B. Bestandsverträge; grundstücks-, gebäude- und wohnungsbezogene Daten u. a. m.) zusätzlich auch Daten von Ver- und Entsorgungsunternehmen bzw. Erbringern von Post- und Zustelldiensten herangezogen werden dürfen, was ein sehr enges Netz an beurteilungsrelevanten Sachverhalten aufspannt.

Angemerkt sei dazu, dass die vergleichbare rechtliche Praxis im Zusammenhang mit (unzulässigen) Freizeitwohnsitzen zu nicht unerheblichem Prüfungsaufwand für die Gemeinden und für die Betroffenen vielfach zu einem subjektiv gefühlten, massiven Eingriff in ihre Privatsphäre geführt hat – dies wird auch für die kommende Durchsetzung der Verpflichtungen aus dem TFLAG bzw. Abgabenhinterziehungsansprüchen durch die Gemeinden zu berücksichtigen sein.

Mehr als nur eine Abgabe: Flankierende Instrumente

Soweit bislang erkennbar, dürften sozialpolitisch verträgliche Abgaben das Problem des Entzugs von Wohnraum durch Leerstand allein nicht lösen. Flankierende Maßnahmen erscheinen daher jedenfalls sinnvoll.

Ein Beispiel dafür stellt etwa – im Falle ihrer Anwendbarkeit - die Vertragsraumordnung nach § 33 TROG 2022 dar. Diese erlaubt es Gemeinden, im Rahmen von Flächenwidmungen oder der Erlassung von Bebauungsplänen – unter einfach- und verfassungsgesetzlich determinierten Rahmenbedingungen – Vereinbarungen mit Betroffenen zu schließen, die beispielsweise eine zumindest befristete Verpflichtung zur Begründung von Hauptwohnsitzen enthalten.

Weitere raumordungsrechtliche bzw. planerische Bestimmungen im TROG 2022 zur Wohnraumschaffung stellen einerseits die im Rahmen der Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzepts bestehende Pflicht zur Erhebung von Leerständen und andererseits die Ausweisung von Vorbehaltsflächen für geförderten Wohnbau dar.

Auch Förderungen können einen Beitrag insbesondere im ländlichen Raum leisten, um die Wiederbelebung von Ortskernen voranzutreiben. Das Programm zur Ortskernrevitalisierung bietet etwa finanzielle Unterstützung für die Sanierung u. a. bestehender und mindestens seit drei Jahren ungenutzter Objekte.

Niederschwellige Unterstützung bietet zudem die Initiative „Sicheres Vermieten“. Sie unterstützt Eigentümer neben Beratungsleistungen u. a. durch die mögliche Übernahme der gesamten Mietverwaltung, um so Leerstände zu aktivieren und daraus leistbares Wohnen zu generieren.

Reflexion: Ein erster Schritt, aber kein Allheilmittel

Die Einführung der Leerstandsabgabe ist zweifellos ein Schritt mit Signalwirkung. Sie schafft Bewusstsein und gewährt Gemeinden ein spürbares Steuerungsinstrument. 

Doch sie ist mit großer ­Wahrscheinlichkeit kein alleiniges Allheilmittel: Leerstand ist vielfach ein Symptom tiefer liegender struktureller Probleme: steigende Baukosten, restriktive Finanzierungsbedingungen, demografische Verschiebungen und teilweise auch fehlende Mietanreize für Eigentümer bis hin zur „Angst vor dem Mieter“.

Daher braucht es ein Maßnahmenbündel, das – individuell abgestimmt auf die betroffene Gemeinde - neben der Abgabeneinhebung raumordnerische Maßnahmen ebenso umfassen muss wie die Setzung sonstiger Anreize und Initiativen. Die oben dargestellte Situation in Tirol soll dafür einige Anhaltspunkte bieten, die Praxis zeigt jedoch auch, dass der Erfolg der Maßnahmen letztlich zentral von den lokal tätigen Personen abhängt – keine leichte (neue) Aufgabe für die kommunalen Verantwortungsträger.