
Nicht nur auf dem Highway sind die Steine los - auch zahlreiche Landes- und Gemeindestraßen müssen saniert werden.
© Poprock3d - stock.adobe.com
Auf Österreich Straßen rollt teure Sanierungswelle zu
Österreichs Straßennetz ist mehr als 128.000 Kilometer lang. Mit 14,5 Metern pro Kopf hat Österreich ein um zwei Drittel längeres Straßennetz als die Schweiz. Bei einer Fachveranstaltung des Verkehrsclubs Österreich VCÖ wiesen Expertinnen und Experten darauf hin, dass aufgrund des Alters der Straßen, Brücken und Tunnel die Sanierungskosten für Bund, Länder und Gemeinden in den kommenden Jahren stark steigen werden.
Zusätzlich nehmen die Reparaturkosten durch Klimaschäden stark zu. Die Mobilitätsorganisation VCÖ fordert, dass die Sanierung des bestehenden Netzes im Interesse der Mobilität der Bevölkerung und der Verkehrssicherheit absoluten Vorrang vor dem Bau neuer Straßen erhält.
Sanierung von Brücken und Tunneln ist besonders teuer
Bei den Autobahnen und Schnellstraßen waren die Instandhaltungskosten mit 717 Millionen Euro im Jahr 2023 fast doppelt so hoch wie im Jahr 2010 mit 363 Millionen Euro und mehr als fünf Mal so hoch wie im Jahr 2000 mit 131 Millionen Euro, macht der VCÖ aufmerksam. Aufgrund großer Generalsanierungen ist künftig mit einem weiteren starken Anstieg zu rechnen.
Besonders aufwändig sind Sanierungen von Brücken und Tunnel, wie derzeit die Luegbrücke auf der A13 Brennerautobahn mit Gesamtkosten von fast 390 Millionen Euro und die Sanierung der Tunnelkette auf der A10 Tauernautobahn mit Kosten von 265 Millionen Euro zeigen. Auf Österreichs hochrangigem Straßennetz gibt es rund 5.820 kleinere und größere Brücken sowie 171 kürzere und längere Tunnel.
VCÖ: Sanierung von Straßen ist wichtiger als Neubau
„Österreichs Verkehrsinfrastruktur steht vor zwei sehr großen Herausforderungen. Erstens sind altersbedingt viele, teure Generalsanierungen notwendig. Zusätzlich nehmen die Extremwetterereignisse stark zu und damit die Schäden und Beeinträchtigungen der Verkehrsinfrastruktur. Die rasche Sanierung der Brücken, Tunnel und Straßen ist sowohl für die Sicherheit als auch die Mobilität der Bevölkerung absolut vorrangig. Aus fachlicher Sicht ist von weiterem Straßenausbau, von neuen Autobahnen und Schnellstraßen abzuraten, umso mehr als es wirksamere und günstigere Maßnahmen zur Reduktion von Staus und für die Bewältigung der Mobilität gibt“, stellte VCÖ-Experte Michael Schwendinger fest.
Wichtig seien zudem verstärkte Maßnahmen zur Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene und zur Reduktion der Lkw-Belastung. Denn der Lkw-Verkehr ist hauptverantwortlich für die Abnützung von Straßen. Ein dreiachsiger 26-Tonnen Lkw nutzt die Straße so stark ab wie 25.000 Pkw mit 1,5 Tonnen Gewicht, verdeutlicht der VCÖ.
„In entwickelten Ländern sinkt der volkwirtschaftliche Grenznutzen des Straßenausbaus", erklärte der Infrastrukturexperte Markus Hoffmann bei der VCÖ-Fachveranstaltung. Die Instandsetzungskosten belaufen sind in Österreich auf den Landesstraßen B und L im Schnitt auf jährlich 210 Euro pro Quadratmeter, bei Brücken sind die Kosten mit 660 Euro dreimal so hoch und bei Tunnel mit 770 Euro pro Quadratmeter fast viermal so hoch.
Hoffmann: „Die Herausforderung für die Zukunft ist eine nachhaltige, effiziente Sicherung des Bestandes durch rechtzeitige Sanierung, Verlängerung der Lebenszyklen, Recycling und Nutzung nachhaltiger Materialien sowie Bauweisen.“
Der Schweizer Infrastruktur-Experte Thomas Hug-Di Lena weist darauf hin, dass bei neuen Straßenprojekten in der Kosten-Nutzen-Analyse der durch die Straße ausgelöste zusätzliche Mehrverkehr unbedingt berücksichtigt werden muss. „Der Mehrverkehr kann beim Kosten-Nutzen-Verhältnis den Nutzen um den Faktor 1,2 bis 4,1 reduzieren.“
Auch Landesstraßen müssen saniert werden
Aber auch bei vielen Landesstraßen stehen in den kommenden Jahren Generalsanierungen an. Für Tirol beispielsweise hat im Vorjahr der Landesrechnungshof festgestellt, dass ein Drittel der Tiroler Landesstraßen einen schlechten oder sehr schlechten Substanzwert mit Erhaltungsrückstand aufweist. Ein Aufschieben kommt teuer: Ein Aufschub von drei Jahren erhöht die Kosten um rund zehn Prozent, ein Aufschub von fünf Jahren um 25 Prozent und bei einem Aufschub von acht Jahren verdoppelt sich der Erhaltungsaufwand.
In der Steiermark haben sich die Kosten allein für die Instandhaltung von Brücken verdoppelt, werden bis zum Jahr 2030 rund 28 Millionen Euro betragen nach durchschnittlich 13 Millionen Euro im Zeitraum 2013 bis 2022.
Kosten sparen durch Redimensionierung
Eine Möglichkeit, die laufenden Kosten zu reduzieren, ist die Redimensionierung überbreiter Straßen. So wurde in Kärnten auf der B 83 bei Arnoldstein ein Grünstreifen herausgefräst. Dadurch wurde der Erhaltungsaufwand, der pro Jahr und Fahrspur-Kilometer rund 7.000 Euro beträgt, um bis zu 30 Prozent gesenkt. Zusätzlich ist bei diesem Beispiel rechts neben dem Grünsteifen auf der bereits vorhandenen Asphaltfläche sehr kostengünstig ein Radweg entstanden.
Klimawandel schädigt Straßen
Die Wissenschafterin Birgit Bednar-Friedl vom Wegener-Center der Uni-Graz verdeutlichte in ihrem Vortrag die Folgen des Klimawandels auf die Verkehrsinfrastrukturen: „Starkregen und Überschwemmungen nehmen mit dem fortschreitenden Klimawandel zu. Gepaart mit zunehmender Versiegelung erhöht dies die Risiken für das Verkehrssystem.“
Bereits zehn Prozent der Instandhaltungskosten gehen in Österreich auf Wetterextreme zurück. Im Zeitraum 2000 bis 2019 gab es um 83 Prozent mehr Wetterextreme als in den 20 Jahren davor. In den vergangenen fünf Jahren haben die Wetterextreme nochmals stark zugenommen.
In Tirol haben sich die Kosten für die Reparatur von Straßenschäden infolge von Muren, Hochwasser oder Stürmen auf zuletzt über 18 Millionen Euro verdreifacht. In Niederösterreich hat allein das Hochwasser im vergangenen September 750 punktuelle Schäden auf Landesstraßen mit Gesamtkosten von 14 Millionen Euro verursacht.
Auch Schienennetz leidet unter dem Klimawandel
Österreichs Schienennetz ist mit 5.577 Kilometer deutlich kleiner als das Straßennetz, aber ebenfalls vom Klimawandel massiv betroffen. Allein die Infrastrukturschäden auf der neuen Westbahnstrecke infolge des Hochwassers im September des Vorjahres belaufen sich auf rund 100 Millionen Euro.
Eisenbahn-Experte Markus Loidolt von der TU-Graz: „Die Eisenbahninfrastruktur steht seit jeher unter dem Einfluss von Naturgewalten, doch der Klimawandel bringt neue Herausforderungen mit sich. Diese müssen durch technische Anpassungen und strategisches Risikomanagement adressiert werden.“ So kann Hitze zu Gleisschäden führen, Steinschläge, Muren, Stürme und eben Überschwemmungen sind weitere Gefahren.