Der Unterschied zwischen Ausbildung und Abschluss wird negiert. Foto: Shutterstock

Alles nur der Quote wegen(?)

Jahr für Jahr werden internationale Studien präsentiert, die Österreich einen Nachholbedarf in Sachen Akademikerquote konstatieren. Seit vielen Jahren wird daher intensiv nach Wegen gesucht, um nicht in regelmäßigen Abständen mit negativen Schlagzeilen im Rampenlicht zu stehen.

Im Jahr 2013 hatten nur 14 Prozent der 25- bis 64-Jährigen einen akademischen Abschluss (Universität, Fachhochschule, Pädagogische Hochschule), der OECD-Durchschnitt lag hingegen bei 27 Prozent. Denkbar einfach ist die Lösung: Akademisieren. So wurde vor gar nicht allzu langer Zeit die Pflegeausbildung auf tertiäre Stufe gehoben. Etwas länger liegt die Akademisierung der Lehrerausbildung zurück. Was früher die „Pädak“ war, ist heute die Pädagogische Hochschule, was früher der „Dipl.-Päd.“ war, ist heute (zumindest) Bachelor of Education.

Etikettenschwindel zur Anhebung der Akademikerquote



Dem nicht genug ist am 1. Jänner 2013 die „Verordnung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur über die Gestaltung des Lehrganges zur hochschulischen Nachqualifizierung“ in Kraft getreten. Auf Grundlage dieser Verordnung ist es jedem Pädak-Absolventen möglich, seinen Dipl.-Päd. mit dem Bachelor of Education zu tauschen. Insgesamt 39 ECTS-Credits werden dafür verlangt. Da die Verordnung (richtigerweise) zahlreiche Anrechnungsmöglichkeiten (Hausarbeiten, Diplomarbeiten, Fort- und Weiterbildungen) vorsieht, kann dies dazu führen, dass sich der Lehrgang zur hochschulischen Nachqualifizierung auf die Einreichung von anrechnungsfähigen Leistungsnachweisen beschränkt.

Kindergartenpädagogen sind die nächsten



„Kinder und Jugendliche brauchen die besten Pädagoginnen und Pädagogen.“ Der Selbstverständlichkeit zum Trotz wird dieser Satz immer wieder in der Weise (fehl-)interpretiert, dass einzig und allein der Titel den Ausschlag dafür gibt, ob jemand geeignet und qualifiziert ist, Kinder zu betreuen oder zu unterrichten.



Da für das Kindergartenpersonal gelten muss, was für das Lehrpersonal seit längerem gilt, fordern jene eine Gleichstellung der Ausbildung auf Hochschulniveau, die bewusst oder unbewusst den bedeutenden Unterschied zwischen Ausbildung und Abschluss negieren.



Eine Lösung ohne Problem



Auch der jüngste Vorstoß des Bundes zur bundesweiten Vereinheitlichung der Qualitätsstandards in der Elementarpädagogik verheißt nichts Gutes. So wird in einem von Experten ausgearbeiteten Papier mit Verweis auf internationale Studien krampfhaft versucht, eine Akademisierung des Kindergartenpersonals nicht nur zu rechtfertigen, sondern geradezu als essentiell einzustufen. Dass in diesem Papier in keinem einzigen Satz die vermeintlichen Versäumnisse und Defizite in der derzeitigen Ausbildung in Österreich dargestellt werden, lässt vermuten, dass sich hinter der Lösung gar kein Problem verbirgt.



Einzig wird in dem Expertenpapier ausgeführt, dass eine tertiäre Ausbildung des Personals für die Qualität einer Kinderbetreuungseinrichtung unabdingbar ist. Da folgerichtig mit Widerstand jener zu rechnen ist, die für die mit einer Akademisierung allenfalls verbundenen Gehaltssteigerungen aufzukommen haben, wird zunächst nur eine akademische Ausbildung für die Einrichtungsleitung empfohlen.



Inklusion auf Pädagogenebene



Vorsichtig angemerkt wird aber dann doch, dass darüber hinaus ein Mitglied eines Gruppenteams mit tertiärer Ausbildung die Qualität der Arbeit aller Teammitglieder positiv beeinflusst – es seien daher Teams mit gemischten Ausbildungslevel und einem akademisch ausgebildeten Teammitglied zu empfehlen.



Abgesehen davon, dass einem der Verstand oder zumindest ein Blick mit offenen Augen sagen sollte, dass derartige Konstellationen mehr Konflikte denn Harmonie erzeugen, steht an anderer Stelle des Expertenpapiers in widersprüchlicher Weise die „Schwerpunktsetzung auf geringe Hierarchien“. Die vorgeschlagene partielle Akademisierung scheint daher nur ein Zwischenschritt in Richtung Vollakademisierung aller Kindergartenpädagogen mitsamt hochschulischer Nachqualifizierung zu sein. Der geringen Akademikerquote sei Dank.