Schneepflug
Die rund 92.000 km Gemeindestraßen (das sind mehr als 70 Prozent aller Straßen in Österreich), die rund 14.000 km Radwege und die rund 43.000 km Güterwege (die allerdings nicht alle asphaltiert sind) sind Gemeinde­angelegenheiten.
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Richtlinien für den Winterdienst

Auch wenn in Österreich wegen der Klimaerwärmung jährlich öfter geschwitzt wird als früher, hat Österreich hohe Berge und Beckenlagen mit Kaltluftseen. Bei entsprechender Wetterlage können sich winterliche Fahrbedingungen mancherorts immer einstellen. Auf der einen Seite wollen wir klimatologisch den Winter erhalten, auf der anderen Seite erfordert das aber auch, weiterhin den Winterdienst zur Verkehrssicherheit auf den Straßen funktionstüchtig zu erhalten.

Die Basis für die Regelungen im Winterdienst bildet das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB). Mit der Wegehalterhaftung im § 1319a ABGB, veröffentlicht 1976, liegt bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit die Verantwortung bei Sach- und Personenschäden auf öffentlich zugänglichen Wegen beim Erhalter des Weges.

Wer ist für die Räumung zuständig?

Bei Bundesstraßen (Autobahnen und Schnellstraßen) liegt die Verantwortung bei der ASFINAG, bei Landesstraßen B und L bei den Bundesländern und sonst bei den Gemeinden und privaten Liegenschaftsbesitzern. Die Flächenwidmungsplanung enthält die Information, welcher Art ein Verkehrsweg ist bzw. welchem Zweck er dient, wonach die erforderliche Betreuung schließen lässt. Somit unterscheiden sich beispielsweise Gehwege von Verkehrsflächen für KFZ nach der Zuständigkeit und der Art der Betreuung.

Laut § 93 Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) sind die Eigentümerinnen und Eigentümer der angrenzenden Liegenschaften mit der Schneeräumung und Streuung der Gehsteige, inklusive Haltestellen, in der Pflicht, sofern nicht ein Vertrag mit einem Unternehmen besteht, das Schneeräumung und Streuung übernimmt.

Bei Liegenschaften ohne Gehsteig wäre der Straßenrand von einem Meter Breite zu säubern und zu bestreuen. Der Rechtsrahmen inkludiert auch Urteile von OGH, VwGH und VfGH, laut denen beispielsweise die von öffentlicher Hand hergestellten Gehsteige in der Winterpflicht dem Grundstückseigentümer automatisch übertragen werden oder es auch zumutbar ist, dass der Gehsteig öfters pro Tag geräumt und bestreut werden muss, wenn es die Witterung erfordert. 

§ 93 StVO bezieht sich auf das Ortsgebiet, das im Straßennetz durch die Verkehrszeichen „Ortstafel“ und „Ortsende“ abgegrenzt wird. Außerhalb des Ortsgebiets gilt dieser Paragraf nicht.

Richtlinien mit Berücksichtigung des Standes der Technik

Die Forschungsgesellschaft Straße - Schiene - Verkehr (FSV) ist eine Organisation, die sich zentral mit der technischen Standardisierung im Verkehrswesen beschäftigt und für das Straßenwesen Richtlinien mit Berücksichtigung des Standes der Technik erstellt.

Auch für den Winterdienst wurden einige Richtlinien (RVS) entwickelt und werden laufend bei neuen Forschungserkenntnissen aktualisiert. Innerhalb der FSV ist dafür der Arbeitsausschuss Winterdienst in der Arbeitsgruppe Straßenbetrieb und Straßenausrüstung verantwortlich. Der Arbeitsausschuss Winterdienst besteht aus über 20 Experten und betreut rund zehn RVS, die sich um die Betreuung von Straßenverkehrsflächen bei winterlichen Verhältnissen drehen.

Empfehlungen für die unterschiedlichen Winterdienstkategorien

Die RVS 12.04.12 beinhaltet allgemeine Grundsätze und Mindeststandards der Schneeräumung und Streuung für alle Arten von öffentlichen Straßen und wird als die Winterdienstrichtlinie für Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen bezeichnet.

Als zentrale Ziele der Schneeräumung und Streuung werden die Befahrbarkeit und die Verkehrssicherheit genannt. Je nach Straßentyp, ob innerorts oder im Freiland, mit Tourismusverkehr oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln befahren, wird nach unterschiedlichen Winterdienstkategorien unterschieden und es werden je Kategorie Empfehlungen für die Winterdiensttätigkeiten gegeben.

Für Bundes- und Landesstraßen gibt es die Winterdienstkategorien A bis D, für Gemeindestraßen, Radwege, Gehsteige, Fußgängerzonen und Abstellflächen die Winterdienstkategorien P1 bis P7. Landesstraßen mit den Kategorien C und D befinden sich innerorts, die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit und Befahrbarkeit obliegt hier den Straßenmeistereien der Bundesländer, für die Winterdienstkategorien P1 bis P7 den Gemeinden.

Erläuterungen

Beispielsweise sind zwei Kategorien näher erläutert:

P1 betrifft innerörtliche Hauptverkehrswege, Straßen mit öffentlichem Verkehr, wie Straßenbahnen und Buslinien, sowie Zufahrten zu Feuerwachen und Krankenhäusern. Der Zeitraum der Betreuung liegt zwischen 4 und 22 Uhr und sie sollte bevorzugt mit Salzstreuung erfolgen, ein Einsatzleiter organisiert mit dem vorhandenen Personal und den verfügbaren Geräten einen möglichst wirksamen Winterdienst. Das Personal sollte entsprechend qualifiziert sein, einerseits gut geschult und andererseits auch ortskundig. Befahrbarkeit und Verkehrssicherheit sollten für Fahrzeuge mit Winterausrüstung angestrebt werden, daher wird bei Schneefall eine Häufigkeit der Einsätze von fünf bis sieben Stunden empfohlen.

P5 betrifft Radwege mit örtlicher Erschließungsfunktion und Freizeitverkehr. Der Betreuungszeitraum liegt zwischen 6 und 19 Uhr; die Betreuung kann mittels Splitt- oder Salzstreuung oder kombiniert erfolgen. Die Befahrbarkeit ist nicht immer gewährleistet. Die Häufigkeit der Winterdienst-Einsätze richtet sich nach dem Bedarf.

Mindestanforderungen für Streumittel

In Bezug auf die Streumittel kann eine weitere RVS, die RVS 12.04.16, angewendet werden. Die Richtlinie ist allgemein gehalten, um einzelne Produkthersteller nicht zu bevorzugen. Die Richtlinie gibt aber Mindestanforderungen an Splitte (abstumpfende Streumittel) oder Salzlösungen (auftauende Streumittel) vor, bei denen für die Anwender gewünschte Ergebnisse erzielt werden können.

Empfohlen werden auch regelmäßige Qualitätskontrollen der Streumittel. Die RVS 12.04.16 wurde vonseiten der Europäischen Union notifiziert, um nicht gegen die Binnenmarktregeln zu verstoßen.

Lenker müssen sich orientieren können

Leitlinien für Schneestangen
2004 wurden zur Gestaltung und Anordnung von Schneestangen mehrere Richtlinien festgeschrieben, die österreichweit Anwendung finden.

Abgesehen von technischen Mitteln kommt es im Winterdienst aber auch auf die menschliche Komponente an. Ohne bestens geschultes Personal wird die Schneeräumung und der Einsatz der Streumittel nicht gut funktionieren.

Die Lenkerinnen und Lenker der Schneepflüge sind meist die Ersten, die auf den schneebedeckten Fahrbahnen unterwegs sind. Aber Fahrbahnränder und Bodenmarkierungen sind nicht gut zu erkennen, daher muss das Fahrpersonal mittels Schneestangen richtig geleitet werden. Schon 2004 wurden zur Gestaltung und Anordnung von Schneestangen mehrere Richtlinien festgeschrieben, die österreichweit Anwendung finden.

Für das Personal wurden in der RVS 14.02.16 einheitliche Einweisungsunterlagen für den Winterdienst erstellt. Wie bei allen technischen Tätigkeiten ist die Vorbereitungszeit, bevor es zum ersten Einsatz kommt, zur Prüfung der Geräte, zur Bevorratung der Streumittel und zur Schulung der Mitarbeiter zu nützen.

Umweltgerechte Lagerung von Streumitteln

Um dem Gebot des Umweltschutzes gerecht zu werden, sind auch die Streumittel unter Berücksichtigung von Umweltauswirkungen zu lagern, einzusetzen und nach der Schneeschmelze wieder zu entfernen. Die Einsatzleitung muss bei der Dienstplaneinteilung das Arbeitsrecht der Arbeitskräfte mitberücksichtigen.

Die bereits erwähnten Winterdienstkategorien ergeben unterschiedliche Betreuungszeiträume und unterschiedliche Intensitäten in der Räumung und Streuung, die vom Personal innerhalb der Dienstzeiten erfüllt werden müssen, weil der Wegehalter sonst seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommen würde. Zusätzlich brauchen Arbeitskräfte regelmäßige Schulungen, um die Sensibilität der Tätigkeiten im Winterdienst zu erhalten, und jede Tätigkeit muss auch möglichst abgesichert erfolgen, also mit tauglichen Winterreifen, eventuell Schneeketten, Schutzkleidung etc.

Winterdiensteinsätze sind zu protokollieren

Sämtliche Winterdiensteinsätze sind vom Personal zu protokollieren, dies inkludiert auch besondere Vorkommnisse, Wetterberichte und Straßenzustandsberichte. Die Protokolle können in Haftungsfragen dienlich sein und haben auch für den Materialverbrauch und die Einsatzdauer einen statistischen Wert.

Das Netzwerk aus rechtlichen und technischen Vorschriften hat das Ziel, möglichst konfliktfrei den Winterdienst zu regeln, der bei gegebener winterlicher Witterung zur Erhaltung der Nutzbarkeit der Straßen dient, und gleichzeitig bei Schäden und Unfällen Vorgaben für finanzielle Abgleiche oder gleichwertigen Ersatz zu bieten. 

Wo erhält man die Richtlinien?

Die Regelwerke und Leistungsbeschreibungen sind unter www.fsv.at gegen einen Selbstkostenbeitrag zum Download verfügbar. Durch klimaaktiv mobil, die Klimaschutzinitiative des BMK, werden 11 RVS kostenfrei bereitgestellt.