Schafhirten
Hirten helfen nicht nur mit, Herden vor Wölfen zu schützen.
© CH Wolf.org

Wiederbelebung des Hirtenberufs gefordert

8. Juli 2021
Heuer gab es bereits 27 Nachweise von Wölfen in sieben Bundesländern. Die Bestände in umliegenden Staaten steigen –Konflikte kochen wieder hoch. Nun fordert der WWF gemeinsam mit Landwirten eine Herdenschutz-Offensive.

Anlässlich der beginnenden Almsaison veröffentlicht die Naturschutzorganisation WWF Österreich neue Zahlen zur Wolfspopulation und fordert gemeinsam mit Landwirten ein Herdenschutz-Paket.

Bis Mitte Mai dokumentierten schon sieben Bundesländer insgesamt 27 Wolfsnachweise – davon je sechs in Niederösterreich und Tirol, vier in Salzburg, je drei in Vorarlberg, der Steiermark und Oberösterreich sowie zwei in Kärnten. Ein wesentlicher Grund dafür ist laut WWF die Erholung der Populationen in umliegenden Ländern. Da Wölfe auf der Suche nach neuen Lebensräumen weite Wege zurücklegen, konnten heuer bereits Individuen aus drei verschiedenen Nachbar-Populationen in Österreich festgestellt werden.

„Der Wolf ist eine streng geschützte Art und eine absolute Bereicherung für unsere Natur. Für ein gutes Miteinander braucht es mehr Herdenschutz und eine Wiederbelebung des traditionellen Hirtenwesens. Das würde sich doppelt und dreifach rentieren“, sagt WWF-Wolfsexperte Christian Pichler. Zugleich benötige es ein besseres Monitoring und schärferes Vorgehen gegen kriminelle Abschüsse von Wölfen. Denn vermutlich verursachten illegale Tötungen im Vorjahr einen Rückgang auf maximal 40 Wölfe und nur noch ein Rudel in Österreich.

Politik soll mehr informieren, um Herden besser schützen zu können

Auch der Vorarlberger Landwirt Herbert Strolz plädiert für mehr Herdenschutz-Maßnahmen: „Seit vielen Jahren wissen wir, dass Wölfe nach Österreich zurückkehren und wir uns darauf vorbereiten müssen. Es findet langsam ein Umdenken statt und in den Bundesländern sind engagierte Zuständige am Werk. Dennoch muss die Politik der Landwirtschaft viel stärker unter die Arme greifen und mehr informieren, um Herden besser schützen zu können.“

Die Schweiz gehe seit Jahren mit gutem Beispiel voran, sagt Strolz, denn so steige zwar die Anzahl der Wolfsrudel kontinuierlich, aber es sinke die Anzahl gerissener Schafe pro Beutegreifer.

Behirtung bringt Vorteile

Herdenschutz durch Behirtung bringe zahlreiche Vorteile, erklärt der niederösterreichische Landwirt und Gründer des Vereins „Hirtenkultur“, Stefan Knöpfer: „Behirtung schützt Nutztiere vor Krankheiten, Unwetter oder Steinschlag. Das sind sehr viel häufigere Todesursachen als Wölfe. Eine von Hirtinnen und Hirten gelenkte Bewirtschaftung von Weiden oder Almen stärkt den Schutz vor Bodenerosion und belebt die biologische Vielfalt – etwa von Pflanzen und Vögeln.“

Stefan Knöpfer
Stefan Knöpfer, Gründer des Vereins „Hirtenkultur“: „Behirtung schützt Nutztiere vor Krankheiten, Unwetter oder Steinschlag. Das sind sehr viel häufigere Todesursachen als Wölfe“

Auch wenn Herdenschutz im alpinen Gelände herausfordernder sei als im Flachland, führe daran kein Weg vorbei. Kontraproduktiv seien hingegen die ständigen Rufe nach – europarechtswidrigen – Abschüssen: „Am strengen Schutzstatus wird sich nichts ändern. Wölfe aus umliegenden Ländern werden immer wieder durch Österreich streifen. Herdenschutz ist alternativlos und Behirtung bringt viele Vorteile“, ist der Landwirt überzeugt.

WWF für Herdenschutz-Paket

Der WWF fordert Länder und Bundesregierung zum raschen gemeinsamen Handeln auf: Zur Wiederbelebung des traditionellen Hirtenwesens braucht es ein besseres Ausbildungsangebot und eine höhere Bezahlung samt einer Reform des Förderwesens im Sinne der Alm- und Weidewirtschaft.

Der Einsatz von Herdenschutzhunden muss erleichtert werden, die Rahmenbedingungen sind bisher unzureichend. Zudem braucht es mehr sachliche Informationen über Herdenschutz für Bäuerinnen und Bauern. Das soll mit stärkeren Förderungen für Schutzmaßnahmen und einem unbürokratischen Ausgleich im Schadensfall bei fachgerecht geschützten Herden einhergehen. Die Politik muss auch Fördertöpfe der Europäischen Union deutlich stärker als bisher ausschöpfen.

„Gibt es fachgerechten Herdenschutz, meiden Wölfe Weidetiere von Beginn an und konzentrieren sich auf ihre Rolle als eine Art Gesundheitspolizei des Waldes“, argumentiert WWF-Biologe Christian Pichler. Wölfe halten den Wildbestand und damit den Wald gesund, indem sie vor allem kranke und schwache Tiere erbeuten. Zusätzlich profitieren andere Arten von Nahrungsresten, die ihnen Meister Isegrim hinterlässt.