Leerverrohrung Munderfing mit Bauarbeitern
Mit einer enormen Steigerung der Arbeitsplätze in den letzten 15 Jahren von 700 auf nunmehr rund 2400 hat sich Munderfing von einer Agrargemeinde zu einem wichtigen Wirtschaftsstandort in der Region entwickelt. Grundlage dafür waren und sind die vielen,mit intensiver Bürgerbeteiligung entwickelten Konzepte und umgesetzten Projekte wie die Digitalisierung und die Glasfaservernetzung der Gemeinde.

Wie sich Munderfing digital vernetzt

Munderfing ist ein kleiner Ort mit knapp über 3000 Einwohnern rund 20 Kilometer südlich von Braunau am Fuße des Kobernaußerwaldes. Mit dem Windpark hat die Gemeinde ihr Energieproblem gelöst, das „Digitalisierungsproblem“ war als nächstes dran.

Bildung für Groß und Klein wird in Munderfing generell großgeschrieben. So steht die neue Bibliothek nicht nur den Schülerinnen und Schülern der Gemeinde offen, sondern kann auch von jedermann/frau besucht werden. Mit ca. 1500 Kunden und mehr als 22.000 Entlehnungen im Jahr hat sich das Bildungszentrum Munderfing zu einem wichtigen „Nahversorger im Bildungsbereich“ in der Region entwickelt. – Die Räumlichkeiten werden nicht nur von der Schule genützt, sondern stehen auch für Veranstaltungen, Workshops und Aufführungen zur Verfügung.

Besonders stolz ist Bürgermeister Martin Voggenberger auch auf den Kindergarten, in dem fünf Gruppen betreut werden, darunter die „Waldkinder-Gruppe“. Das ist eine besondere Gruppe, die das gesamte Jahr im Wald verbringt. „Dafür haben wir unter tatkräftiger Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger ein eigenes Holzhaus mit Fundament gebaut und ein paar Spielgeräte aufgestellt. Aber im Grunde brauchen die Kinder das dort gar nicht, die machen sich ihre eigenen Spiele und bauen sich ihre eigenen Häuschen. Und der Andrang zu dieser Gruppe ist gewaltig“, freut sich Voggenberger.

Digitalisierung ist heute Voraussetzung für Bildung

„Bildung“ setzt heute aber eines voraus: Digitalisierung. Dass der Anschluss an ein leistungsfähiges Glasfasernetz eine der Voraussetzungen für eine prosperierende Gemeinde ist, war der Gemeinde von Beginn an klar. Nur so können Firmen zu einer Ansiedlung bewegt werden, nur so können Bildungsprogramme für Alt und Jung wirklich greifen, nur so können die Jungen, die für oft technologielastige Studien die Gemeinde verlassen, zur Rückkehr bewogen werden.

Im Sommer 2015 folgte daher der Grundsatzbeschluss, eine Leerverrohrung durchzuführen. Die Suche nach Betreibern blieb aber erfolglos – „die Provider sehen in Munderfing kein Potenzial für einen flächendeckenden Ausbau“, hieß es ein ums andere Mal. Anfang 2016 daher der folgenschwere Entschluss im Gemeinderat: Munderfing führt den weiteren Ausbau selbst durch.

Jedes bewohnte Gebäude erhält einen LWL-Anschluss (LWL sind Lichtwellenleiter) bzw. Glasfaserkabeln.), und das zu einem günstigen Preis mit gleichzeitiger hoher Bandbreite. Alle passiven Komponenten bleiben im Eigentum der Gemeinde und nach der Errichtung des passiven Netzes werden die laufenden Arbeiten so weit wie möglich ausgelagert.

Netzstruktur für Private und für Businesskunden

Auch der Plan für die Netzstruktur wurde beschlossen. Für Privatkunden sollte es einen „Point to Multipoint“ geben, wobei vier Fasern (eine aktiv) ab einem Verteiler für diese Kunden zur Verfügung gestellt werden.

Für Businesskunden wurde ein Point to Point-Anschluss (Einzelanschluss) eingeplant. Das Leerrohrnetz wurde gleich so dimensioniert, dass es für einen späteren Einzelanschluss bereit war. Und das Leerrohrnetz wurde in Ringleitungen (Redundanz) geplant.

Nachdem mit „Kabel Braunau“ auch ein regionaler Provider gefunden wurde, starteten im Spätsommer 2017 die Grabungsarbeiten; dieser Teil soll bis 2021 abgeschlossen sein.

Gemeinden des Bezirks schlossen sich an

Durch die verschiedenen und maßgeschneiderten Preise für die Kabelanbindung haben sich nicht nur genügend Gemeindebürger gefunden, die am Glasfasernetz der Gemeinde teilgenommen haben, mittlerweile haben sich auch fast alle Gemeinden des Bezirks dem Munderfinger Projekt angeschlossen und beweisen damit, dass man manchmal die Dinge selbst in die Hand nehmen muss.

Über die Website www.regiohelp.eu ist eine transparente Aufstellung des Projekts „100 Prozent Glasfaser für den Bezirk Braunau“  verfügbar – einmal auf dem Button „mehr erfahren“ zu drücken lohnt sich sicher. Übrigens: Mittlerweile sehen auch „große“ Provider Potenzial in Munderfing. 

Coworking-Space und Revitalisierung des „Dorfbräu“

Einer der größten Coups des aus Bürgermeister Voggenberger und Amtsleiter Erwin Moser bestehenden Gespanns war die Revitalisierung des „Dorfbräu“.

Das mächtige alte Gasthaus im Zentrum der Gemeinde stand jahrelang leer, die Frage war, was man mit dem Bau machen könnte.

Hier kam der Gemeinde die Mitgliedschaft im Verein „Zukunftsorte“ sehr zugute. Einerseits hat sich dieser Verein den Kampf gegen den Leerstand in den Gemeinden verschrieben, andererseits auch dem Problem, wie die gut ausgebildete Jugend zur Rückkehr in den Ort bewegt werden könnten.

Der langen Rede kurzer Sinn: Im alten Gasthof „Bräu“ wurde ein Coworking-Raum geschaffen, gleichzeitig wurde ein Veranstaltungszentrum installiert, in dem die Gemeinde einen Seminarbetrieb betreibt und Vernissagen, Lesungen, Präsentationen und Konzerte stattfinden können.

Der Anschluss an das Glasfasernetz trug das seine dazu bei – kurze Zeit später kam der erste „Ausheimische“ wieder fix nach Munderfing zurück. Möglich gemacht hat das unter anderem die Digitalisierung Munderfings. Damit war auch für einen Gastronomen ein Anreiz da: Die Gemeinde hat nun sogar einen Haubenkoch.

Wie bei einem Stein, der ins Wasser geworfen wird und Wellen schlägt, hat ein erster Schritt viele andere Schritte nach sich gezogen. Die eigene Vorstellungskraft und der Wissenstransfer durch die Mitgliedschaft beim Verein „Zukunftsorte“ haben Munderfing ermöglicht, wovon viele Gemeinden oft nur träumen: Sie haben die Zukunft in die eigene Hand genommen. Der Weg, den die Gemeinde genommen hat, die vielen Verknüpfungen und Projekte, die eines das andere „befruchtet“ haben, können online auf einer „Wirkungslandkarte“ nachgesehen werden. Es lohnt sich.