Nachklärbecken in einer Kläranlage mit Blick auf Faultürme
Die Energiegewinnung aus Abwasser soll helfen, CO2-Emissionen im Wärmesektor zu reduzieren.
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Wie man aus Abwasser Energie gewinnt

11. September 2024
In Abwasser steckt viel Wärmeenergie, die oft verloren geht. In Oberösterreich wurde nun erhoben, wie groß das Potenzial ist. Daraus wurde ein Kataster erstellt, der Grundlage für die Nutzung der Abwasserenergie sein soll.

Zur Erhebung des theoretischen Energiepotentials aus kommunalen Abwasserbeseitigungsanlagen (Kanäle und Kläranlagen) wurden von Mitarbeitern der Abteilung Wasserwirtschaft des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung Berechnungen und Auswertungen durchführt. Eine wesentliche Grundlage stellten die von der Universität für Bodenkultur zur Verfügung gestellte Daten dar.

Strategische Ausgangssituation

Strategisch wurde klar festgestellt, dass die energetische Nutzung des thermischen Potentials von Abwasser einen Beitrag bei dieser notwendigen Dekarbonisierung des Wärme- und Kältemarktes leisten kann. Dabei ist natürlich darauf zu achten, dass die zentrale Aufgabe des Kanal- und Kläranlagensystems – die Sammlung und Reinigung des Abwassers bzw. der Gewässerschutz – weiterhin vollumfänglich wahrgenommen werden kann.

Dies ist insbesondere bei der Nutzung des thermischen Potentials in Bereichen vor Kläranlagen wesentlich, da ein Mindestmaß an thermischer Energie für die Aufrechterhaltung biologischer Prozesse auf Kläranlagen absolut notwendig ist.

Das thermische Potential nach Kläranlagen im Kläranlagenablauf steht wesentlich einfacher zur Verfügung. Wird hier Wärme entnommen, kann dies einer lokalen Erwärmung der betroffenen Gewässer entgegenwirken und somit einen weiteren positiven Effekt auf die Umwelt haben.

Technische Grundlagen

Technisch machbar wird die Nutzung der thermischen Energie des Abwassers durch eine Kombination moderner Wärmetauscher- und Wärmepumpentechnologien.

Je nachdem, wo die Abwasserwärme genutzt werden soll, gibt es unterschiedliche Voraussetzungen, um ein solches System gezielt einsetzen zu können.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Rechtlich gilt es zu beachten, dass die Energieneutralität und Energieautarkie des Abwassersektors (z. B. schrittweise Steigerung des Energie-Eigendeckungsgrads auf Kläranlagen) ein zentrales Ziel der mittlerweile beschlossenen kommunalen Abwasserrichtlinie der Europäischen Kommission sind. Dies könnte Auswirkungen auf die thermische Nutzung von Abwasser außerhalb des Abwassersektors haben.

Neben den rechtlichen Vorgaben gibt es aber auch die Möglichkeit, positive Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Betrieb von Anlagen zu erzielen, da Kläranlagen grundsätzlich energieintensiv sind.

Der „Abwasserwärmepotentialkataster“

Das Ergebnis der Erhebungen ist ein Kataster mit insgesamt 30 Nutzungsräumen in ganz Oberösterreich, vornehmlich aber im Zentralraum, mit einer Abschätzung des theoretischen thermischen Potentials des Abwassers für Heiz- und Warmwasserzwecke einerseits im Kanalsystem vor der jeweiligen Kläranlage, andererseits nach der Kläranlage beim jeweiligen Kläranlagenablauf.

Der erstellte Abwasserwärmepotentialkataster zeigt für Oberösterreich ein theoretisches thermisches Energiepotential von in Summe rund 485.000 MWh/a aus den relevanten Abschnitten der Kanalnetze sowie insbesondere aus den Abläufen der relevanten kommunalen Kläranlagen (hier alleine 441.000 MWh/a). Damit könnten theoretisch etwa 55.000 Haushalte (50.000 Haushalte davon in Kläranlagennähe) durchschnittlicher Größe mit Wärme-Energie aus Abwasser versorgt werden. Dies entspricht etwa acht Prozent aller oberösterreichischen Privathaushalte.

Mit diesen ersten Ergebnissen wird es nun in weiterer Folge einen Austausch mit Oberösterreichs größten Betreibern von kommunalen Abwasserbeseitigungsanlagen geben. Dabei soll ein Informations- und Wissensaustausch zur Ressource „Energie aus Abwasser“ stattfinden, bei dem technische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen abgeklärt und über die damit verbundenen Herausforderungen diskutiert werden soll.

Förderungen möglich

Für Investitionen zur Nutzung des thermischen Potentials von Abwasser aus dem Ablauf von Kläranlagen gibt es die Möglichkeit einer Bundesförderung und – in Abhängigkeit von der Standortgemeinde – auch einer Landesförderung jeweils aus den Fördermitteln für Maßnahmen in der kommunalen Siedlungswasserwirtschaft.

Land Oberösterreich - Abwasser (land-oberoesterreich.gv.at)