Kläranlage
Durch Abwasserreinigung kann die Konzentration etlicher Wirkstoffe deutlich vermindert werden aber einige Wirkstoffe werden in der Kläranlage nur zum Teil zurückgehalten und gelangen somit über die Kläranlagenabläufe in Oberflächengewässer.
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Wie kommt das Gift aus dem Wasser?

Arzneimittelwirkstoffe, die in der Human- und Veterinärmedizin eingesetzt werden, verlassen den Körper auf natürlichem Ausscheidungsweg teilweise unverändert. Über die Kanalisation gelangen diese Stoffe in die Kläranlage, wo viele dieser Substanzen nicht ausreichend entfernt werden. Ein Problem für Gemeinden?

Humanarzneimittel werden vorwiegend in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen sowie in privaten Haushalten eingesetzt und gelangen über unterschiedliche Wege in die Umwelt. Bei ordnungsgemäßer Anwendung werden Wirkstoffe in unveränderter Form oder als Metabolite ausgeschieden und gelangen so in das Abwasser. Ein weiterer Eintragspfad in Abwässer oder die Umwelt stellt die unsachgemäße Entsorgung über Abfluss, Toilette oder den Restmüll dar. Eine aktuelle Publikation des Umweltbundesamtes Dessau gibt an, dass bis zu 47 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Arzneimittelreste immer oder gelegentlich unsachgemäß entsorgen,

Der Haupteintrag von Humanarzneimitteln in die Umwelt erfolgt aber sicherlich über Abwassereinleitungen. Durch Abwasserreinigung kann die Konzentration etlicher Wirkstoffe deutlich vermindert werden aber einige Wirkstoffe werden in der Kläranlage nur zum Teil zurückgehalten und gelangen somit über die Kläranlagenabläufe in Oberflächengewässer.

Somit birgt die Abwasserreinigung ein großes Reduktionspotential für Humanarzneimittelemissionen.

Generell ist aber Bündel von Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen sinnvoll. Dazu zählen neben direkten technologischen Entfernungsmaßnahmen auf Kläranlagen auch Kommunikation und Aufklärung zum umweltgerechteren Umgang mit Arzneimitteln aber auch die Erfassung der Umweltbelastung.

Bei den Maßnahmen sind hervorzuheben, wobei auf Gemeinde-Ebene vor allem Maßnahmen bei der Anwendung und Behandlungsmaßnahmen hervorzuheben sind:

  • Maßnahmen an der Quelle: dazu zählen sowohl regulatorische Vorgaben als auch eine verstärkte Orientierung hin zur Entwicklung von umweltverträglichen Arzneimittelwirkstoffen (Schlagwort „green pharmacology“).
  • Maßnahmen bei der Anwendung: dazu zählen die Schaffung von Bewusstsein für einen gesunden Lebensstil, eine Ausdehnung der Verschreibungspflicht für Arzneimittel sowie die Aufklärung über korrekte Entsorgung.
  • End-of-pipe Maßnahmen: Durch gezielte technische Verfahrensschritte auf Kläranlagen ist eine Verringerung der Emission erreichbar. Solche technische Verfahrensschritte sind z.B. die Behandlung von biologisch gereinigtem Abwasser über eine Adsorptions- (Aktivkohlebehandlung) und/oder eine Oxidationsstufe (Ozonierung). Dazu gibt es zahlreiche Forschungsprojekte und in der Schweiz und in Deutschland auch großtechnische Umsetzungen. Anzumerken ist dazu aber auch, dass diese weitergehende Abwasserbehandlung zu einem höheren Energieverbrauch und somit zu höheren Betriebskosten im Vergleich zum derzeitigen Ausbauzustand führt, der auf die Nährstoffentfernung ausgelegt ist.
  • Die richtige Entsorgung ist ein zentraler Ansatzpunkt für eine Reduktion der Arzneimittelbelastung in der Umwelt. Nicht mehr benötigte Arzneimittel sollen nicht über die Toilette bzw. über den Restmüll oder den Biomüll entsorgt werden, sondern zum Bauhof bzw. zur Problemstoffsammelstelle gebracht werden. Die Gemeinden haben hier eine wichtige Rolle, um über die richtige Entsorgung zu informieren und allenfalls andere Abgabemöglichkeiten einzurichten, etwa im Gemeindeamt oder beim Gemeindearzt. Auch Abholung von zu Hause- speziell für ältere Menschen oder spezielle Entsorgungstage für Arzneimittel – sind effektive Maßnahmen.

Keine Grenzwerte für Arzneimittelwirkstoffe

Derzeit sind in Österreich keine Grenzwerte für Arzneimittelwirkstoffe weder für Abwässer noch für Oberflächengewässer vorgegeben.

In der Leitlinie „Umgang mit nicht geregelten Fremdstoffen im Trinkwasser (BMG, 2014) wird eine Vorgangsweise beschrieben, falls nicht geregelte Fremdstoffe im Trinkwasser nachgewiesen werden. Dies betrifft eine Risikobewertung des Fremdstoffes und eine Ursachenabklärung der Kontamination. Bei Positivbefunden von anthropogenen Indikatorsubstanzen sollten Wasserversorger ihre Risikobewertungen auch auf das Einzugsgebiet außerhalb allfälliger Schutzgebiete erweitern, um auf Basis der lokalen hydrogeologischen Standortverhältnisse frühzeitig mögliche Risiken zu identifizieren und vorab entsprechende Maßnahmen ausarbeiten zu können.

Toleranzwerte für Trinkwasser

Konzentrationen von Arzneimittel-Wirkstoffen im Trinkwasser sind nicht von der Trinkwasser-Verordnung erfasst. Um Trinkwasserversorgern eine Orientierung zu geben, welche Menge eines Arzneimittel-Wirkstoffes im Wasser enthalten sein darf, um als gesundheitlich unbedenklich zu gelten, haben die ExpertInnen des Umweltbundesamtes maximal tolerierbare Konzentrationen abgeleitet. Die in Zusammenarbeit mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES entstandene Studie ist auf der Umweltbundesamt-Webseite abrufbar.

 Die Ermittlung der Toleranzwerte folgt einer Leitlinie des Gesundheitsministeriums für Säuglinge sowie Erwachsene und basiert auf toxikologischen Kennzahlen. Von Antibiotika über Blutdrucksenker bis zu Psychopharmaka ermittelten die ExpertInnen die jeweiligen Toleranzwerte für 90 Arzneimittel-Wirkstoffe und Stoffwechselprodukte. Dabei wurden die Werte für jene Wirkstoffe berechnet, bei denen der Verbrauch besonders groß ist oder deren Eigenschaften der Umwelt besonders zu schaffen machen, da sie langlebig, wasserlöslich und mobil sind, wie beispielsweise Hormone.

Analyse von Arzneimitteln im Wasser

In einer Studie hat das Umweltbundesamt 2016 erstmals umfassend den aktuellen Verbrauch an Arzneimittel-Wirkstoffen von 24 wichtigen Medikamenten-Gruppen erhoben und aktuelle Untersuchungen über ihr Vorkommen in der Umwelt zusammengetragen. Aufbauend auf den Ergebnissen haben die ExpertInnen des Umweltbundesamt-Labors dieses Jahr einen innovativen Screeningtest entwickelt, mit dem verschiedene Arzneimittel-Wirkstoffe im Trinkwasser, aber auch in Grund- und Oberflächengewässern sowie im Abwasser nachgewiesen werden können. Mit dem neuen Test können auf Anhieb 90 Substanzen detektiert werden. Auch ein Nachweis der genauen Konzentrationen im Nanogramm pro Liter-Bereich ist möglich.

Arzneimittel-Screeningtest – Analyse von Arzneimittelwirkstoffen im Wasser

Mehr als 13.000 verschiedene Medikamente sind in Österreich zugelassen. Der Verbrauch ist entsprechend hoch. Auch die Palette der enthaltenen Wirkstoffe wird immer größer – und diese hinterlassen Spuren. Sie sind in Abwässern, Flüssen und Seen aber auch im Grund- und Trinkwasser nachweisbar. Nicht nur die hohen Verbrauchsmengen machen der Umwelt zu schaffen, oft sind es auch die Eigenschaften der Wirkstoffe. Viele von ihnen sind langlebig, wasserlöslich und mobil und können dadurch zum Problem werden.

 Das Umweltbundesamt hat einen innovativen Teste entwickelt, mit dem eine Wasserprobe auf 90 Arzneimittelwirkstoffe gescreent wird und für 10 Substanzen die genauen Konzentrationen im Nanogrammbereich quantifiziert werden. Alternativ werden auch die Konzentrationen aller 90 Stoffe quantifiziert.

Kosten: 490 Euro / Probe für Screening und Quantifizierung von zehn Substanzen bzw.

652 Euro / Probe für Screening und Quantifizierung aller Substanzen [1]

http://www.umweltbundesamt.at/azm-test/

[1] Preise gültig ab 5 Proben, sonst Mindestmengenaufschlag für 1-2 Proben: 50% und 3-4 Proben: 25%