Gesprächsrunde bei den Sommergesprächen mit ORF Moderator
Jakob Richter, Sprecher des Initiativkreises der Europäischen Metropolregionen in Deutschland und Leiter der Geschäftsstelle der Metropolregion Hamburg, der niederösterreichische Umweltlandesrat Stephan Pernkopf und der Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Franz-Reinhard Habbel. Fotos: event-fotograf

Wenn Groß und Klein zusammenarbeiten

25. Juli 2016
„Kooperationen sind die Lebensader der Zukunft!“ Diese Meinung vertrat der Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Franz-Reinhard Habbel beim Expertentalk über die Frage, warum die bisherigen Kooperationsformen nicht ausreichen. Das Internet habe eine Fülle von neuen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit eröffnet, die aber noch nicht ausreichend genützt werden.

Kooperationen von Gemeinden können, so Habbel, aus den gleichen Gründen scheitern wie die Kooperation von zwei Menschen: die Ehe. Hier wie da sind es oft Ängste, die das gemeinsame Projekt belasten, etwa die Angst vor Kontrollverlust oder die Angst, den Überblick zu verlieren. Dazu komme auch, dass man sich oft zu viel vornimmt und an den eigenen Erwartungen scheitert. Auch Disparitäten – bei Gemeindekooperationen ist das die Frage, ob große und kleine Einheiten zusammenarbeiten können – belasten oft die Kooperation.



Diesen Faktoren, die eine Zusammenarbeit scheitern lassen können, stellte Habbel Erfolgsfaktoren für eine Kooperation gegenüber. Dazu gehören unter anderem:


  • Vertrauen – hier stehen die Chancen für Gemeinden gut, weil die Menschen ihren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern vertrauen.

  • Vernetzung

  • Teamarbeit

  • Die Nutzung von kollaborativen Elementen

  • Frühzeitige und gemeinsame Planung

  • Eine moderne Öffentlichkeitsarbeit






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Kooperationen mit den Bürgern



Stephan Pernkopf, Umweltlandesrat in Niederösterreich, wies darauf hin, dass Gemeinden nicht nur miteinander kooperieren, sondern auch Kooperationen mit den Bürgerinnen und Bürgern eingehen können. Als erfolgreiches Beispiel dafür nannte er die Energiewende in Niederösterreich. Dort wurde erreicht, dass mittlerweile 100 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Ein weiterer Aspekt: „Der Ausbau von erneuerbaren Energieformen geht in kleinen Gemeinden am besten. Und dort, wo das Freiwilligenwesen ausgebaut ist, dort gibt es auch mehr erneuerbare Energie.“ Pernkopf vermutet, dass hier die engagierten Menschen als Multiplikatoren fungieren, die Stimmung für alternative Energieformen machen.

Metropolregionen – Stadt und Land arbeiten zusammen



Einen anderen Aspekt brachte Jakob Richter in die Diskussion ein. Er ist Sprecher der Europäischen Metropolregionen und leitet die Geschäftsstelle der Metropolregion Hamburg. Eine Metropolregion umfasst eine Großstadt und den umliegenden ländlichen Raum. Ziel der Initiative ist es, die Kooperation von Stadt und Land zu fördern. „Wir wollen das Bewusstsein schaffen, dass eine Metropolregion EIN Wirtschaftsraum, EIN Arbeitsmarkt und EIN Kultur- und Lebensraum ist“, sagte Richter.



Die Metropolregionen wollen nach innen verbinden und nach außen die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Dies unter dem Aspekt, dass deutsche Großstädte im internationalen Vergleich relativ klein sind. „Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz hat es zu denken gegeben, als er realisiert hat, dass seine Stadt mit knapp 1,8 Millionen Einwohnern im Vergleich zur Partnerstadt Shanghai, die 23 Millionen Einwohner hat, nur ein größerer Vorort ist.“ Mit den Umlandgemeinden kommt Hamburg immerhin auf rund fünf Millionen Einwohner in über 1.100 Gemeinden.



Damit eine Metropolregion funktioniert braucht es aber, so Jakob Richter, gewisse Voraussetzungen, denn sonst droht die Gefahr, dass sich die kleinen Gemeinden übervorteilt führen:


  • Die Zusammenarbeit muss auf Augenhöhe stattfinden.

  • Durch gemeinsame Projekte muss Vertrauen geschaffen werden.

  • Legitime Interessen müssen formuliert und gegenseitig anerkannt werden.

  • Das Handeln muss transparent sein, vor allem im Finanzbereich.

  • Bei formalen Entscheidungen braucht man sehr hohe Quoren, um einen möglichst breiten Konsens sicherzustellen.






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Als Beispiele für Aktivitäten von Metropolregionen nannte Richter:


  • die Erarbeitung von Verkehrskonzepten

  • Clusterinitiativen entlang von Wertschöpfungsketten

  • die Vernetzung von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen

  • die Akquise von Fördermitteln bei Bund und Ländern






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In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum zeigte sich, dass Gemeinden bereits in sehr vielen Bereichen zusammenarbeiten. Kritisiert wurde aber, dass die Umsatzsteuerpflicht sowie die Aufteilung der Kommunalsteuer große Hemmnis für die Kooperation von Gemeinden darstellen.