Was Österreichs Gemeinden beschäftigt
83 Prozent der befragten Gemeindevertreterinnen und -vertreter geben an, dass ihnen Nachhaltigkeit (sehr) wichtig ist.
Rund 58 Prozent der Teilnehmenden, für die Nachhaltigkeit relevant ist, setzen in ihrer Gemeinde bereits Projekte und Maßnahmen zu Nachhaltigkeitsthemen um. Fast ein Drittel hat zumindest mit der Planung solcher Vorhaben begonnen. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf dem Ausbau der Kapazitäten im Bereich erneuerbare Energien.
Compliance-Defizite: Gemeinden müssen nachbessern
Deutlichen Aufholbedarf offenbart die Studie in puncto Compliance. Lediglich elf Prozent der Gemeinden verfügen über einen Verhaltenskodex für ihre Organe. 40 Prozent haben Verantwortlichkeiten zur Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften zugewiesen.
Zudem wünscht sich mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Teilnehmenden Schulungen zu Haftungsfragen. Aktuell werden Schulungen jedoch primär auf freiwilliger Basis angeboten.
„Es besteht dringender Handlungsbedarf: Ein Verhaltenskodex sowie laufende Schulungen liefern Organen und Bediensteten wertvolle Informationen für die ordnungsgemäße Erledigung ihrer täglichen Aufgaben und reduzieren das Risiko eines Fehlverhaltens“, so Sonja Irresberger, Senior Managerin bei KPMG.
Angespannte Lage bei Personal und Kinderbetreuung
Weiter verschärft hat sich die Situation bei der Besetzung von Dienstposten mit qualifiziertem Personal. Während 2022 rund 43 Prozent angaben, dass Stellen mit qualifiziertem Personal besetzt werden können, sind es 2023 nur noch 31 Prozent.
Dass ausreichend Personal zur Verfügung steht, bejaht nur ein Viertel der Befragten (2022 war es rund ein Drittel). Besonders in großen Gemeinden entwickelt sich die Lage durch die bevorstehende Pensionierungswelle noch kritischer.
„Mit Blick auf die nächsten fünf Jahre wird die Verfügbarkeit von Pädagog:innen und Betreuer:innen in der Kinderbetreuung für sieben von zehn Befragten die größte Herausforderung, die es zu lösen gilt“, erläutert Franziska Cecon, Professorin für Public Management an der FH Oberösterreich.
Digitalisierung als zentrale Aufgabe
Auch Österreichs Gemeinden stellen sich den Herausforderungen der digitalen Transformation, das zeigen die Studienergebnisse. Bereits drei Viertel der Befragten ergreifen Maßnahmen zur Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen.
Mit steigendem technischem Reifegrad gewinnen zudem IT-Sicherheit und Cybersecurity an Bedeutung. Dem Schutz vor Cyberkriminalität wird endsprechend mehr Relevanz eingeräumt als noch im Vorjahr (24 Prozent 2023 vs.12 Prozent 2022). Dennoch schafft es Cybersecurity nicht in die Top 5 der bedeutsamsten Themen der kommenden fünf Jahre.
Gemeindehaushalte unter Druck
Die angespannten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bilden sich auch in Österreichs Gemeinden ab. Mehr als ein Viertel der Teilnehmenden erwartet für das Jahr 2023 eine negative Ergebnisrechnung. Bei der Finanzierungsrechnung geht fast ein Drittel davon aus, dass diese 2023 negativ sein wird.
„Zur Sicherstellung eines nachhaltig ausgeglichenen Haushalts sollte diese Situation als Chance genutzt werden, um im Rahmen einer umfassenden Leistungs- und Aufgabenkritik die historisch gewachsenen Strukturen zu analysieren und Optimierungen vorzunehmen. Informationen aus der Drei-Komponenten-Rechnung der VRV 2015 können dabei unterstützen“, so Michael Klewan, Partner bei KPMG.
Über die Studie
An der diesjährigen Umfrage haben sich 440 Teilnehmende aus rund 300 Gemeinden beteiligt. Die Umfrage richtete sich an politische Entscheidungsträger und leitende Verwaltungsbedienstete. Die Fragestellungen aus dem Vorjahr wurden an die sich wandelnden Rahmenbedingungen angepasst (geopolitische Krisen, signifikante Preisanstiege u. a. bei Energie und die damit verbundene anhaltend hohe Inflation). Zusätzlich wurden die Schlüsselthemen Digitalisierung und Kinderbetreuung inkludiert.
Alle Unterlagen sowie die Studie zum Download finden Sie hier: KPMG Gemeindestudie 2023