Modell eines "smarten" Dorfes
Ein Smart Village ist ein ländliches Gebiet oder eine kleine Gemeinde, die Technologie und Innovation einsetzt, um ihre wirtschaftliche, soziale und ökologische Situation zu verbessern.
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Digitalisierung

Was ist ein „smartes Dorf“ eigentlich wirklich?

Hinter dem Konzept intelligenter Dörfer (smart Dorf, smart village) steckt ursprünglich ein globaler moderner Ansatz für „netzferne“ Gemeinden. Die Vision hinter diesem Konzept ist es, die politischen Entscheidungsträger, Geber und sozioökonomischen Planer für die ländliche Elektrifizierung weltweit zu unterstützen. Über diesen Ansatz ist man in Europa aber bereits weit hinaus.

Das Konzept „smart village“ hat ursprünglich im Kontext asiatischer und afrikanischer Länder viel Aufmerksamkeit erhalten. Das Konzept der intelligenten Dörfer setzt sich an der Bekämpfung der realen Barrieren für den Zugang zu Energie in Dörfern, insbesondere in Entwicklungsländern mit Technologie-, Finanz- und Bildungsmethodik.

Ein Hauptaugenmerk der „intelligenten Dörfer“ ist die Einführung erneuerbarer Ressourcen anstelle von fossilen Brennstoffen, die als der beste Ansatz angesehen werden, der durch Off-Grid-Systeme* oder Gemeinden entwickelt werden kann.

Intelligente Dörfer als Rezept gegen Abwanderung

Etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung leben in ländlichen Gebieten, und die Mehrheit dieser Menschen hat keinen Zugang zu Elektrizität. Aufgrund der fehlenden Beschäftigung wandern Menschen aus ländlichen Gebieten in städtische Gebiete ab, wo sie aufgrund der industriellen Infrastruktur, die vor allem auf der Verfügbarkeit von Strom etabliert ist, sehr leicht Beschäftigungsmöglichkeiten finden.

Die Energieerzeugungsprojekte der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA), die auf kostengünstiger Technologie basieren, sind die attraktive Option für die netzferne Elektrifizierung in den meisten ländlichen Gebieten asiatischer Länder. Ihre Arbeit soll den ländlichen Strombedarf befriedigen und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, um die schnelle Urbanisierung zu minimieren.

Diese Definition wurde bereits 2010 von Hartmut Grewe von der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung getroffen. Das Konzept der intelligenten Dörfer wurde im europäischen Kontext diskutiert, zum Beispiel in Bezug auf einige Gemeinden in Tschechien, Montenegro und Polen. Zum Beispiel werden auch einige Ableger des Europäischen Jugendparlaments das Thema im Rahmen einer Debatte über regionale Entwicklung diskutieren.

Smarte Dörfer verbessern die Lebensqualität

Heute klingt die Definition „Smart** Village“ deutlich ambitionierter. Ein Smart Village ist ein ländliches Gebiet oder eine kleine Gemeinde, die Technologie und Innovation einsetzt, um ihre wirtschaftliche, soziale und ökologische Situation zu verbessern. Es ist ein Konzept, das sich auf die Verbesserung der Lebensqualität und des Wohlbefindens der Landbewohner durch den Einsatz moderner Technologien konzentriert und gleichzeitig das natürliche und kulturelle Erbe der Gemeinde bewahrt.

Im Vergleich zu einer Smart City, die in der Regel eine hohe Bevölkerungsdichte hat, hat ein Smart Village eine geringere Bevölkerungsdichte und einen engeren Gemeinschaftssinn. Smart Villages zielen darauf ab, eine ländliche Lebensweise beizubehalten und gleichzeitig Technologie und Innovation zu integrieren um die individuellen Herausforderungen im ländlichen Raum bewältigen.

Neben der Einbeziehung der Gemeinschaft und dem allgemeinen Zugang zu neuen Technologien, ist die nachhaltige Entwicklung ein Schwerpunkt für viele Kommunen. Energie und Ressourcen einsparen, Mehrwerte schaffen für die Bevölkerung und eine nachhaltige Landwirtschaft etablieren, kann Hand in Hand gehen.

Smart spart Personal

Wann rentiert sich ein Smart-Village-Projekt für eine Gemeinde? Beispielsweise kann ein Ansatz sein, fehlende personelle Ressourcen durch solche Projekte auszugleichen. Durch Fernüberwachung kann Personal beispielsweise nach Bedarf und nicht nach Turnus eingesetzt werden. Nicht für jede Tätigkeit muss der Handwerker vor Ort sein. Das setzt wiederum eine funktionierende leistungsstarke Anbindung an Glasfaser voraus. Smart Meter-Lösungen brauchen zwingend ein IoT-Netzwerk („Internet of things“), mit dem sich als Basis weitere intelligente Lösungen einsetzen lassen.

Symbolbild Internet oft things
Das Internet der Dinge (IdD) (englisch Internet of Things, kurz „IoT“) ist ein Sammelbegriff für Technologien einer globalen Infrastruktur der Informationsgesellschaften, die es ermöglicht, physische und virtuelle Objekte miteinander zu vernetzen und sie durch Informations- und Kommunikationstechniken zusammenarbeiten zu lassen. IoT wird alle Branchen durchdringen. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2025 fast 42 Milliarden vernetzte „Dinge“ im Einsatz sein werden. Bild: elenabsl - stock.adobe.com

IoT kann ein Bestandteil „der Teilhabe“ in einer Gemeinde sein. Die Bürgerinnen und Bürger untereinander zu vernetzen, die Dorfgemeinschaft zu stärken und darauf aufbauend, das IoT-Netz für private Projekte zu nutzen.

Aber es kann auch genutzt werden, um die Menschen (die Hauptzielgruppe vieler Gemeinden sind junge Familien) wieder ins Dorf zu bringen oder „die Jungen nach dem Studium wieder zurückzuholen. Bezahlbarer Wohnraum und Platz, „um sich auszubreiten“ stehen hier an erster Stelle, um ein smart village zu einem attraktiven Standort zu machen. Aber auch Wirtschaftsbetriebe und Industrie profitiert davon, und damit besteht die Chance, Arbeitsplätze in die Gemeinde zu holen.

Was ist der Unterschied zwischen Smart Village und Smart City?

Die Menschen in ländlichen Gebieten sind stark mit ihrer Gemeinschaft vernetzt und sie schauen im Gegensatz zur eher anonymisierten Stadt sehr genau, was in ihrer Umgebung passiert. Das erfordert in Gemeinden eine höhere Kommunikations- und Überzeugungsarbeit.

Zudem erreicht man in den dicht besiedelten Städten natürlich weit mehr Menschen mit weniger Aufwand. Die großen Entfernungen am Land machen es notwendig, Techniken wie LoRaWAN-Netzwerke*** einzusetzen – für ländliche Gebiete geradezu ideal.

„smart“ und Digitalisierung

Ist „smart“ zu sein immer mit Digitalisierung und digitalen Technologien verbunden? Nicht zwingend, aber für die Umsetzung über beispielsweise das österreichische LEADER-Programm (auch um eine klarere Unterscheidbarkeit zu „klassischen“ LEADER-Projekten herzustellen) sollen digitale Technologien bei der Umsetzung von Smart Village eine Rolle spielen. Der Digitalisierungsaspekt ist dabei aber nicht thematisch einschränkend. Digitalisierung wird dabei weniger als Ziel für sich, sondern vielmehr als „Mittel zum Zweck“ verstanden.

Es gibt keine Einheitslösung

Generell können und werden Smart Village Strategien sehr stark variieren. Es gibt kein einzelnes Modell oder eine Einheitslösung. Einer der wichtigsten Gründe dafür sind unterschiedliche Ausgangsituationen – beispielsweise sind einige Gemeinden bereits länger am Weg als andere. Das Konzept lässt (bewusst) sehr vieles zu, es ist eigentlich vielmehr eine Methode.

Wie läuft es in Österreich?

Für die österreichische Umsetzung von Smart Village bietet sich im Rahmen des GAP-Strategieplans 2023-2027 insbesondere LEADER an, da es einige Überschneidungen im Konzept gibt und die bestehenden LEADER Strukturen und Netzwerke genutzt werden können.

Im GAP-Strategieplan steht dazu: „Das Smart Village Konzept wird grundsätzlich über LEADER/CLLD umgesetzt. Die lokalen Aktionsgruppen können sich des Smart Village Konzepts bedienen und dieses vorzugsweise über Schirmprojekte umsetzen. Eine Kennzeichnung von Smart Village Projekten ist notwendig.

Thematisch können alle vier Aktionsfelder angesprochen werden. Zentraler Aspekt der Smart Village Umsetzung in LEADER ist das integrierte Bearbeiten von lokalen Herausforderungen durch neue und innovative Lösungen.

Als „smart“ wird dabei insbesondere der Einsatz von Technologien im Sinne der Digitalisierung definiert. Auch auf andere Merkmale von Smart Village wie zum Beispiel Partizipation und Kooperation und strategische Herangehensweise ist Bedacht zu nehmen.“

Europas erste smarte Insel in Griechenland

Mittlerweile gibt es sogar schon Europas erstes „smart island“. Mit einem ehrgeizigen Sprung verfügt die griechische Paros nun über ihr eigenes autonomes LoRaWAN-Netzwerk und verbindet alle digitalen Geräte für laufende und zukünftige Smart-City-Projekte. Diese robuste digitale Infrastruktur, die von Actilitys ThingPark Enterprise unterstützt wird, liefert Echtzeit-, unschätzbare Daten direkt an seine Bürgerinnen und Bürger. Von verfügbaren Parkplätzen bis hin zu Wasserverbrauch und Umgebungskennzahlen wie Temperatur und Luftqualität plant Paros, an der Spitze der digitalen Transformation zu stehen. 

* Der Begriff „Off-Grid“ selbst ist sehr breit und bezieht sich einfach auf „nicht oder abhängig von Strom, der über Haupt- oder nationale Netze bereitgestellt und von Hauptstrominfrastrukturen erzeugt wird. Der Begriff wird auch verwendet, um einen bestimmten Lebensstil zu beschreiben, der durch autonome Strukturen verkörpert wird. Off-Grid-Systeme verfügen über eine halb- oder autonome Fähigkeit, den Strombedarf durch lokale Stromerzeugung zu decken.

** SMART ist ein Akronym für Spezifisch (Specific), Messbar (Measurable), Erreichbar (Achievable), Relevant (Relevant) und Zeitgebunden (Time-bound). Es ist eine Anspielung an das englische Wort “smart” (klug) – denn genau so sollen SMART Ziele formuliert werden.

*** Der Begriff LoRaWAN steht für Long Range Wide Area Network und bezeichnet ein reichweitenstarkes, energiesparendes Funknetzwerk. LoRaWAN ist vor allem für drahtlose, batteriebetriebene Systeme konzipiert und stellt eine Ergänzung zum klassischen Mobilfunknetz dar.

Förderungen und Ausschreibungen

Auf den Websites des Klimafonds Österreich gibt es einiges an Förderungen und laufende Programmen, die speziell auch für Gemeinden gedacht sind und nach Zielgruppe gefiltert sind: www.klimafonds.gv.at/ausschreibungen/#gemeinden