Symbolbild Wassertropfen in der Hand
Noch wird über die Wasserknappheit vergleichsweise wenig berichtet, sie wird aber neben dem Klimawandel das Zukunftsthema der Menschheit werden.
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Vom schonenden Umgang mit einem kostbaren Gut

Im Mai 2024 war das Thema Trockenheit eher nicht aktuell. Im Gegenteil gab es in weiten Teilen Europas Hochwasser und teils massive Überschwemmungen. Trotzdem bleibt mit Blick auf einen prognostizierten heißen Sommer der Grundwasserspiegel für viele Menschen – und damit vor allem auch Gemeinden – weiterhin ein ernstes Thema. Und das Bewusstsein steigt überall: Die Ressourcen sind auch in Österreich nicht mehr unendlich, man muss mit dem Vorhandenen haushalten.

Wer viel Wasser hat, hat auch eine gewisse Verantwortung für andere. Das gilt besonders auch für Gemeinden. Und die meisten sind sich dessen bewusst. Etwa Feldkirchen bei Graz, eine mittelgroße Gemeinde, die über die größten Grundwasserressourcen der Steiermark verfügt.

Schon jetzt hilft Bürgermeister Erich Gosch seinen Amtskolleginnen und Amtskollegen manchmal aus, wenn ihre Reserven aufgrund der Trockenheit langsam zur Neige gehen. Zur Solidarität gehört aber auch, dass der Ortschef den nassen Schatz unter der Erde hütet wie seinen Augapfel. Deshalb fördert die Gemeinde Bäuerinnen und Bauern, die im Herbst auf ihren Äckern Zwischenfrucht säen: Wiesenblumen, die den Boden auflockern und Düngemittel ersetzen. Denn diese könnten ins Grundwasser kommen. 

Begrenzte Ressource

Lange schien es so, als sei Österreich, was das Trinkwasser betrifft, eine Insel der Seligen. Immer noch gibt es insgesamt ausreichend Reserven, aber sie sind nicht unbegrenzt. Man muss haushalten, das kühle Nass schützen. Das weiß man besonders dort, wo es im Sommer manchmal verdammt knapp wird. Etwa im Tiroler Kaunerberg, wo es teilweise nicht mehr als 600 Millimeter Niederschlag pro Jahr gibt. „Bei Trinkwasser hört sich für die Leute der Spaß auf“, sagt Bürgermeister Peter Moritz. Auch deshalb regt sich in der Berggemeinde inzwischen Widerstand gegen einen geplanten Kraftwerksausbau, der zur Umleitung von noch mehr Wasser führen soll. 

Haushalten muss man auch in St. Urban in Kärnten. Dort hat man viel Geld in die Erschlie­ßung neuer Quellen gesteckt. Geld, das an allen Ecken und Enden fehlt. Aber die Wasserversorgung hat Priorität vor fast allen anderen Projekten. Immerhin ist der Grund­wasserspiegel wieder gestiegen. 

Doch Wasser ist auch Lebensraum – für Mensch, Fauna und Flora. Deswegen hat man sich im Vorarlberger Altach entschieden, einen Kanal wieder zur renaturieren und damit eine Bausünde aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auszumerzen. 5,3 Millionen Euro hat das gekostet – keine Kleinigkeit. Aber der neue Emmebach kann sich sehen lassen. Sogar Fische gibt es dort jetzt wieder.  

Beim Wasser gilt: Eine für alle und alle für eine

Was die Wasserversorgung in seiner Gemeinde betrifft, muss sich Bürgermeister Johannes Hornek nicht den Kopf zerbrechen. Während man im gut 30 Kilometer weit entfernten Seewinkel Jahr für Jahr um die Grundwasservorräte bangt, steht die Gemeinde Kittsee diesbezüglich gut da.

„Wir sind nur zwei Kilometer Luftlinie von der Donau entfernt“, sagt er. „Daher gibt es bei uns mehr Niederschläge als anderswo. Ich kenne keine Wasserengpässe.“ Nicht zuletzt auch deshalb, weil es im Gemeindegebiet zahlreiche Brunnen gibt, die so ergiebig sind, dass sie bei Bedarf auch Wasser für die anderen Gemeinden der Region liefern können. 

Ein Wasserwerk für die ganze Region

Auch deshalb wurde vor gut vier Jahren in der Gemeinde unweit der Grenze zur Slowakei mit etwas mehr 3.600 Einwohnerinnen und Einwohnern ein besonders innovatives Wasserkraftwerk eröffnet, mit dem die Wasserversorgung des ganzen nördlichen Burgenlandes für die kommenden Jahrzehnte sichergestellt sein sollte. Es speist sich aus insgesamt fünf Tiefbrunnenanlagen, von denen zwei bereits seit vielen Jahren in Kittsee im Einsatz sind. 60 Liter Wasser sprudeln pro Sekunde aus der Erde. Es wird gefiltert und dann über das Leitungsnetz in der ganzen Region verteilt. 

Das Gemeinschaftsprojekt ist ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gemeinden, die das vorhandene Wasser aufteilen. Es zeigt aber zugleich, wie wichtig Kooperation in unsicheren Zeiten wird – gerade auch, wenn es das Thema Wasserversorgung betrifft. Schon seit Jahren warnen Fachleute davor, dass die Grundwasser-Reserven irgendwann zur Neige gehen könnten. Eine von der Bundesregierung 2021 in Auftrag gegebene Studie kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Bis zum Jahr 2050 könnten die Ressourcen an Grundwasser um bis zu 23 Prozent zurückgehen – bei gleichzeitig deutlich steigendem Verbrauch. 

Oberflächenwasser ist kein Trinkwasser

Österreich mag ein Land der Seen und Flüsse sein. Aber mit dem sogenannten Oberflächenwasser kann man zwar den Garten gießen, zum Trinken eignet es sich aber nicht. Nur ein verschwindend kleiner Teil des Niederschlags versickert so tief, dass er ins Grundwasser gelangt – das in der Regel bedenkenlos getrunken werden kann.

Fairerweise muss man dazusagen, dass Österreich eines der wenigen Länder ist, in denen das Grundwasser ausreicht, um den Bedarf an Trinkwasser abzudecken. Anderswo ist man schon jetzt auf Aufbereitungsanlagen angewiesen, mit denen Oberflächenwasser gereinigt und damit genießbar gemacht wird. Wünschenswert ist das freilich nicht. 

Den einen Grund für den Rückgang der Grundwasserreserven gibt es nicht. Der Klimawandel spielt zweifellos eine Rolle. Zum einen weil die Winter immer schneeärmer werden. Aber gerade die Schneeschmelze im Frühling ist besonders ergiebig für den Aufbau des Grundwasserspiegels. Auch die längeren und häufigeren Trocken- und Hitzeperioden spielen eine Rolle. Und die Bodenversiegelung:  Denn wenn es einmal ordentlich regnet, kann der Niederschlag kaum versickern. 

Was tun gegen Wassermangel?

Viele Faktoren spielen eine Rolle, und die eine Lösung gegen den Wassermangel gibt es nicht. In vielen Gemeinden beginnt man langsam mit der Entsiegelung, auch das Pflanzen von Bäumen wird von Fachleuten empfohlen. Im besten Fall können diese sogar das Mikroklima beeinflussen. Und natürlich führt kein Weg an einem bewussteren Umgang mit Wasser vorbei. Brauchen wir wirklich einen Swimmingpool? Muss ich jeden Tag eine Viertelstunde duschen? Ist es wirklich notwendig, die Pflanzen im Garten mit dem kostbaren Wasser aus der Leitung zu gießen? Diese Fragen muss jede und jeder für sich selbst beantworten. 

Tatsache ist aber auch: Die ­Großwetterlage kann man weder als Einzelperson noch als Gemeinde beeinflussen. Wir haben es nicht in der Hand, wann es wo wie viel regnet. „Gegen die Natur kommt man als Bürgermeister nicht an“, sagt Hornek. Da könne man nur reagieren und möglichst vorausplanend denken. Etwa mit einem gemeinsamen Wasserwerk wie jenem in Kittsee. 

Mehr als fünf Millionen Euro hat der Wasserverein investiert. Dafür spielt das auch ästhetisch ansprechende Gebäude alle Stückeln: Es ist mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet, zusätzlich gibt es ein Notstromaggregat für den Fall eines Blackouts. „Ein sensationelles Projekt“, sagt Bürgermeister Hornek. 

Mann steht vor einer trockenen Wiese
In der Landwirtschaft wird zum Teil sehr viel Wasser eingesetzt, das dann einfach verdunstet oder in der Erde versickert. Aus rein ökologischer Sicht schadet das so verloren gegangene Wasser der Natur – aber auch hier kann man gegensteuern.
Der erste Schritt für Gemeinden ist jedenfalls, Aufklärungsarbeit zu leisten und auf die Menschen zuzugehen. Foto: BIB-Bilder - stock.adobe.com

Eine für alle, alle für eine

Sensationell soll auch ein anderes Projekt werden, das in St. Veit an der Glan seinen Ausgang nehmen soll. Die Stadtgemeinde hat sich mit vier anderen Städten zusammengeschlossen, um eine riesige Ringleitung für Wasser zu bauen, deren Einzugsgebiet das halbe Bundesland umfasst. Für den St. Veiter Bürgermeister Martin Kulmer ist das nicht zuletzt ein Akt der Solidarität. St. Veit bezieht das kostbare Nass aus einem riesigen Grundwassersee am nahen Krappfeld. 

Das Reservoir liegt 45 Meter unter der Erde, pro Sekunde sprudeln von dort 45 Liter Wasser – doppelt so viel, wie die Bevölkerung von St. Veit benötigt. Schon seit Langem gibt es eine Wasserschiene nach Klagenfurt, nun soll es noch eine Grundversorgung für zwei weitere Bezirke geben. Kulmer: „Wir haben das Glück, eine Reserve von hundert Prozent zu haben. In anderen Zonen des Landes fehlt dieses Wasser.“ 

Noch ist die Ringleitung Zukunftsmusik. „So ein Projekt wird nicht in ein paar Jahren aus dem Boden gestampft“, sagt Kulmer. Schließlich müssen Hunderte Kilometer an Rohren verlegt werden, neben der Hauptleitung zwischen den einzelnen Städten sollen weitere Leitungen in die einzelnen Gemeinden führen. Das Projekt ist auch ein Beispiel dafür, wie sich Kommunen zusammenschließen, ohne auf den eigenen Vorteil zu achten: „Gerade jetzt, wo die finanziellen Belastungen für Gemeinden steigen, ohne dass die Ressourcen entsprechend erhöht werden, ist das unumgänglich“, meint der Bürgermeister. „Alleine schafft man es einfach nicht mehr, wir alle müssen lernen, über die Grenzen hinauszudenken.“ 

Wenn das Wasser knapp wird ...

  • Neue Situation. In vielen Gemeinden muss man sich erst darauf einstellen, dass die Grundwasserreserven zur Neige gehen können. Wenn keine zusätzlichen Wasserquellen erschlossen werden können, ist man auf die Solidarität anderer angewiesen. 
     
  • Insgesamt gibt es noch genug. Die gute Nachricht: In Summe ist in Österreich derzeit noch mehr als genug Trinkwasser vorhanden. Es ist eine Frage der Verteilung. 
     
  • Kooperation. Dazu ist es aber notwendig, sich über Gemeindegrenzen hinaus zu verständigen. Es braucht ein überregionales Leitungssystem. Dabei handelt es sich um kostspielige Großprojekte, die nicht von heute auf morgen gebaut werden können. 

Stichwort „Wassermangel“ und „Wasserhaushalt“

„Wie Gemeinden mit der Trockenheit umgehen“, lesen Sie auch in Ausgabe 05/2023 der „Bürgermeister Zeitung“. Unter anderem mit zehn Tipps: „Wie sich der Verbrauch von Wasser reduzieren lässt.“ Oder Sie holen sich ein Abo und lesen die Beiträge online nach:
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