Andrea Feichtinger
Andrea Feichtinger: „Schüchternheit zählt nicht zu meinen Stärken.“
© Gemeinde Krappfeld

Vom Gasthauskind zur Bürgermeisterin

Andrea Feichtinger ist die erste Frau an der Spitze der Gemeinde Kappel am Krappfeld. Die frischgebackene Bürgermeisterin ist als Apothekerin gegenwärtig im Intensiveinsatz, um Corona-Tests durchzuführen. Eine zusätzliche Gelegenheit für sie, mit den Menschen zu reden und ihre Bedürfnisse zu verstehen.

Das Krappfeld ist eine Talebene in Kärnten. Es liegt zwischen der Saualpe und den Gurktaler Alpen und war schon zu Zeiten der Kelten und Römer vergleichsweise dicht besiedelt. Dank seines fruchtbaren Bodens, der für den Obst- und Getreideanbau genutzt wird, nennt man es auch die „Kornkammer Kärntens“. Der größte Teil davon gehört zur Gemeinde Kappel am Krappfeld. 

Das Krappfeld
Das Krappfeld ist eine Talebene mit verstreut liegenden kleinen Ortschaften. Bild: Garzern

Pfarrkirche Kappel am Krappfeld
Die Pfarrkirche von Kappel war früher von einer Wehranlage umschlossen. Foto: Niki. L. CC BY-SA 4.0

Die ländliche Kommune setzt sich aus knapp vierzig kleineren Ortschaften zusammen. Deren Bürger und Bürgerinnen haben sich bei der Gemeinderatswahl Ende Februar zum ersten Mal überhaupt für eine Frau im Bürgermeisteramt entschieden. Ihr Name ist Andrea Feichtinger, sie ist 31 Jahre alt und studierte Pharmazeutin.

Als Apothekerin im Corona-Test-Einsatz

Im nahe gelegenen Althofen arbeitet sie in der Krappfeld-Apotheke und ist somit gegenwärtig im Corona-Test-Intensiveinsatz. Sie ist es gewohnt, den ganzen Tag mit vielen Menschen zu tun zu haben, und das schon von klein auf. Sich selbst beschreibt sie kurzerhand als Gasthauskind. Ihre Mutter hat nämlich unter der Woche im Wirtshaus in Graz gearbeitet und die kleine Andrea war immer mit dabei.

„Wir waren unter der Woche weg und am Wochenende daheim. Es hat mich geprägt, dass ich von früh an ständig den Umgang mit Menschen in meiner Umgebung gewohnt war. Ich glaube, davon habe ich viel profitiert“, meint Feichtinger und bekennt augenzwinkernd: „Schüchternheit zählt daher nicht zu meinen Stärken.“ Ihre zugängliche Art bestätigt das zweifellos: „Kommunikation und Trubel bin ich gewohnt und hab ich gern.“

Durch den heutigen Grazer Bürgermeister in die Politik gekommen

Nach wie vor wohnt Andrea Feichtinger in dem Ort, in dem sie aufgewachsen ist, „nur ein paar Häuser weiter“.

Graz war dennoch ein bedeutender Ort für sie. Nicht nur die Gasthaus-Kindheit verbindet sie mit der steirischen Landeshauptstadt, sondern auch die Schule, das Studium und das Doktorat. Nicht zu vergessen den Einstieg in die Politik. Mit 17 Jahren ist sie durch Schulkollegen zur JVP gekommen: „Der heutige Grazer Bürgermeister Sigi Nagl hat schon damals recht viele Junge in Graz mobilisiert und da war ich dabei. Das hat die ÖVP in meiner Heimatgemeinde in Kärnten mitbekommen, und als ich ca. 20 Jahre alt war, sind sie auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob ich nicht in der Gemeinde mit auf der Liste sein möchte.“ Das war vor zwölf Jahren.

Vor sechs Jahren schließlich kam Feichtinger unter dem damaligen Bürgermeister Martin Gruber mit einem vorderen Listenplatz aktiv in den Gemeinderat. Seit drei Jahren ist sie im Gemeindevorstand und seit gut einem halben Jahr war sie auch Vizebürgermeisterin.

Kein großer finanzieller Spielraum

Ab jetzt lenkt Feichtinger die Geschicke von Kappel aus der Chefposition. Keine leichte Aufgabe, denn Kappel ist von Haus aus in einer schwierigen Lage: „Wir sind eine kleinere Gemeinde, die budgetmäßig subideal aufgestellt ist. Deswegen haben wir keine großen Steckenpferd-Projekte vorzuweisen.“

Als mehr oder weniger Ausgleichsgemeinde werden eher kleinere Dinge renoviert oder der Hochwasserschutz modernisiert. Die Landgemeinde besitzt zudem ein enorm großes Wegenetz: „Da ist permanent etwas zu tun. Es gibt immer zehn Wege, die gleichzeitig zu richten wären. Und wenn die fertig sind, sind die nächsten zehn schon desolat. Das muss man eben so gut es geht instand halten. Diese Infrastruktur ist unsere große Herausforderung“ schildert Feichtinger die Lage. 

Glücklicherweise arbeitet man in Kappel verhältnismäßig gut zusammen. „Fast alle Beschlüsse haben wir in den letzten Jahren einstimmig beschlossen, das ist ein Dauererfolg.“ Grundsätzlich habe man mit den begrenzten Mitteln ziemlich gut gewirtschaftet.

Radwege und Kinderbetreuung als wichtige Themen

Optimierungsmöglichkeiten hat Feichtinger dennoch auf ihrer Liste: „Radwege sind ein ganz aktuelles Thema bei uns. Und es gibt einen großen Ortsteil, der mit keinem Radweg erschlossen ist. Das zu ändern ist mir wichtig.“ Außerdem will Feichtinger versuchen, „jegliche Art von Förderungen und finanziellen Unterstützungen zu bekommen, die man nur irgendwie in die Gemeinde holen kann. Das ist in dem letzten Jahren nämlich leider vernachlässigt worden.“

Gemeindeamt in Kappel am Krappfeld
Das Gemeindeamt in Kappel am Krappfeld ist neben der Krappfeld-Apotheke in Althofen der neue Arbeitsplatz von Bürgermeisterin Andrea Feichtinger. Foto: Mefusbren69 

Gelingt das, würde es der neuen Bürgermeisterin helfen, zwei weitere ihrer Anliegen voranzutreiben: Zum einen will sie die Kinderbetreuungssituation in der Gemeinde verbessern und zum anderen „möchte ich die notwendigen Rahmenbedingungen für barriere­freies Wohnen schaffen. Das ist zwar nicht unbedingt das leichteste Projekt, aber meiner Ansicht nach umso notwendiger. Bislang stand das nicht im Vordergrund.“ Doch Feichtinger kennt die Bevölkerung und weiß, wie sehr dieser Schuh drückt. Oft hört sie: „Wir können nicht mehr alleine wohnen, aber wir wollen nicht weg. Wir brauchen Unterstützung zu Hause!“ 

Test-Angebot wird gut angenommen

Die Bürgermeisterin kommt auch als Apothekerin mit den Leuten ins Gespräch. Ganz besonders jetzt, denn aktuell ist sie im Corona-Test-Intensiveinsatz: „Ich stehe jeden Tag bereits ab halb sieben in der Früh in der Teststraße, damit wir die Kapazitäten auch nur irgendwie bewältigen, denn wir sind mehr als ausgebucht.“

Einerseits freut es Feichtinger, dass das Testangebot so gut angenommen wird: „Es ist ja eigentlich ideal, dass sich die Leute so bereitwillig testen lassen“,  für sie und ihre Kolleginnen bedeutet es aber auch eine extreme Mehrbelastung. Schon Anfang März hatte Feichtinger alleine rund 1500 Tests durchgeführt, zusätzlich zum normalen Arbeitspensum, und sie ist darauf eingestellt, „dass uns die Testerei noch länger verfolgen wird“. 

Krappfeld-Apotheke
Als Mag. Dr. Andrea Feichtinger arbeitet die Bürgermeisterin von Kappel als Apothekerin in der Krappfeld-Apotheke in Althofen. Foto: Krappfeld-Apotheke

Die Stimmung in der Bevölkerung nimmt sie als „bipolar“ wahr. Allgemein habe das letzte Jahr eine große Umbruchstimmung gebracht: „Am Anfang waren die Menschen sehr ängstlich. Das ist übergegangen zu genervt. Dabei teilt es sich auf, und zwar unabhängig von der Generation. Die einen sagen: ,Mir ist alles egal, ich mag nimmer‘, und die anderen sagen: ,Wir müssen uns dran halten, ich will nicht, dass es mich erwischt.‘

Sicherheit und positives Zukunftsgefühl vermitteln

Die Grundstimmung ist auf jeden Fall keine leichte. Es herrscht eine Unsicherheit, die wir seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gehabt haben. Das Virus hat uns doch sehr schnell und eiskalt erwischt. Deswegen ist es wichtig, dass man Sicherheit und ein positives Zukunftsgefühl vermittelt“, beschreibt Feichtinger ihre Eindrücke.   

Ob sie durch ihren Beruf einen anderen Zugang zu Corona hat? „Ich glaube, dass ich mehr Hintergrundwissen habe. Ich habe mich sehr intensiv damit beschäftigt - und damit meine ich nicht, was in der Boulevardpresse steht, sondern wissenschaftliche Fakten. Ich denke, dass ich das ganz gut einschätzen kann. Wirtschaftlich ist es natürlich nochmals etwas ganz anderes.“ 

„Grundsätzlich ist es wichtig, dass man sich impfen lässt. Das ist das Um und Auf. Wenn wir uns alle ein bisschen mehr einhalten würden - viele machen das ohnehin -, dann hätten wir das auch schnell im Griff, aber solange es immer wieder diese Ausreißer gibt, die sich nichts sagen lassen, werden wir noch länger daran herumzerren. 

Ich verstehe ja die Corona-Müdigkeit. Mich nervt sie selbst auch. Ich hätte es auch gern wieder ein bisschen normaler. Doch wenn man sich die Zahlen und Fakten anschaut, dann ist Corona leider nicht ohne. Die ganze Welt hat damit zu kämpfen – wurscht, welche Regierung, ob liberal oder konservativ. Es nehmen alle ernst. Manche Leute meinen ja, dass das nur bei uns so aufgebauscht wird, doch das ist leider nicht der Fall.“ 

Fest steht jedenfalls, dass Feichtinger sowohl im Job als auch im Amt noch länger mit der Pandemie und ihren Folgen beschäftigt sein wird. Auch wenn sie sich irgendwann eine Familiengründung wünscht, trifft es sich gut, dass sie in den nächsten ein, zwei Jahren eine solche eigentlich noch nicht geplant hat. Wobei: „Bürgermeisterin war jetzt auch kein Lebensziel, und es ist trotzdem gekommen. Gewisse Dinge entwickeln sich, ohne dass man sie vorher großartig akribisch verfolgt oder plant.“

Momentan ist Andrea Feichtinger jedenfalls sehr zufrieden damit, wie sich ihr Leben entwickelt hat. Möge sich Kappel trotz der schwierigen Zeiten unter ihrer Führung ähnlich gut entwickeln. 

Zur Person

Andrea Feichtinger

Alter: 31

Gemeinde: Kappel am Krappfeld 

Einwohnerzahl: 1.939 (2020)

Bürgermeisterin seit: 28. Februar 2021

Partei: ÖVP