Ines Schiller
Weil Ines Schiller als Altenfachbetreuerin in einem Seniorenheim zu arbeiten begonnen hatte, zog sie nach Bad Ischl und ist seitdem in der Kaiserstadt fest verwurzelt.
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Soziales hat Priorität

Ines Schiller war Altenfachbetreuerin und Volksschullehrerin bevor sie Bürgermeisterin von Bad Ischl wurde. Das Soziale war für sie immer schon das Wichtigste, und in der Pandemie bestätigte sich das mehr denn je.

Die Habsburger Doppelmonarchie ist seit über hundert Jahren Vergangenheit. Das sei zur Klarstellung vorausgeschickt, denn wenn es einen Ort gibt, der die kaiserliche Geschichte wiederauferstehen lässt, dann ist es Bad Ischl. Die ehemalige Sommerresidenz des wunderbar zu vermarktenden Regentenpaars Franz Joseph & Sissi versetzt ihre Gäste gekonnt in eine k.u.k.-Atmosphäre, die den Kurort zu einer ganz besonderen Stadt machen. Bad Ischl ist das kulturelle und touristische Zentrum des Salzkammerguts. Seine Geschicke lenkt Ines Schiller, die vor eineinhalb Jahren in den Chefsessel gewählt worden ist.

Kongress- & Theaterhaus Bad Ischl
Das Kongress- & Theaterhaus von Bad Ischl ist ein begehrter Veranstaltungsort. Das Problem in Bezug auf Kongresse ist jedoch ein Bettenmangel. Daher wird hinter dem Kongress- & Theaterhaus ein neuer Hotelkomplex gebaut. Foto: www.badischl.at/Daniel Leitner
Bad Ischl vom Siriuskogl aus gesehen.
Bad Ischl vom Siriuskogl aus gesehen. Die Traun umfließt das Stadtzentrum annähernd in einem Halbkreis. Foto: www.badischl.at/Daniel Leitner

Ursprünglich aus der Nachbargemeinde Ebensee stammend war Schiller bereits in jungen Jahren bei den dortigen Kinderfreunden mit dabei. Als sie sechzehn wurde, leitete sie bei den roten Falken bereits Jugendgruppen.

„Durch den Beruf bin ich in die Stadt gekommen“, erinnert sich Schiller an ihre Übersiedelung. Weil sie hier als Altenfachbetreuerin in einem Seniorenheim zu arbeiten begonnen hatte, zog sie nach Bad Ischl und ist seitdem in der Kaiserstadt fest verwurzelt.

Durch die Kinderfreunde war sie dem ehemaligen Vizebürgermeister bereits bekannt, und kurzerhand fragte er sie, ob sie nicht politisch mitarbeiten wolle. Schiller bejahte und war somit auch in dieser Hinsicht schnell in der neuen Heimat angekommen. Elf Jahre lang arbeitete Schiller als Altenfachbetreuerin, ehe sie auf dem zweiten Bildungsweg Volksschullehrerin wurde. 

Esplanade Bad Ischl
Die Esplanade entlang der Traun war lange Zeit eine der exklusivsten Flaniermeilen der Doppelmonarchie. Foto: www.badischl.at

Auch politisch entwickelte sich Schiller weiter. 2009 wird sie ordentliche Gemeinderätin, im Jahr darauf Stadträtin. Dieses Amt hat Schiller weitere zehn Jahre inne und erarbeitet sich in dieser Zeit einiges an Respekt. Zunächst für Jugend und Freizeit zuständig, übernimmt sie drei Jahre später auch das freigewordene Sozialresort und ist fortan unter anderem auch für die Kinderbetreuung, Frauen und Senioren zuständig. Äußerst passend, denn „Soziales ist immer das Wichtigste für mich gewesen“, bekennt die Bürgermeisterin – schon aufgrund Ihrer Berufswahl wenig überraschend, dafür umso glaubwürdiger. 

Gleich in mehrerer Hinsicht bemerkenswert ist Schillers Amtsantritt als Bürgermeisterin Anfang 2020. Ihr Vorgänger, Hannes Heide, der als Abgeordneter ins EU-Parlament wechselte, ist nämlich zugleich ihr Lebensgefährte. Dieser Umstand sorgte zwar für vereinzelte Zwischentöne, doch Schillers Eignung als Stadtchefin war allein schon durch ihre Kompetenz und Erfahrung als Stadträtin mehr als gerechtfertigt.

In der zweiten Amtswoche begann Corona

Bemerkenswert war auch der Zeitpunkt ihrer Amtsübernahme. Zwar schon zu Jahresanfang gewählt, blieb Schiller noch an der Volksschule in Strobl tätig und ließ sich erst karenzieren, als Ersatz für sie da war. „Die erste Märzwoche war für mich die erste hauptberufliche Bürgermeister-Woche, und nach der zweiten Woche ist schon Corona gekommen.“ Ein idealer Beginn sieht wahrlich anders aus, „aber es ist gut gegangen und ich habe viel gelernt. Etwa, wie die Leute zusammen halten, wenn es drauf ankommt. Das war ein Wahnsinn. In der Krise ist man miteinander stark.– dieses Gefühl möchte ich nicht missen.“

Schiller erinnert sich auch an den Schulterschluss zwischen Tourismus, Wirtschaft und Stadtgemeinde. „Als von heute auf morgen praktisch nichts mehr ging“ hat man binnen kürzester Zeit das Kulturprogramm „Ein Sommer in Bad Ischl“ auf die Beine gestellt. Mit Veranstaltungen von ganz klein bis ganz groß und mit der Intention den Künstlern die Bühne wieder zurückzugeben.

„Wir haben geschaut, dass die ganze Stadt bespielt wird, auch wenn fast nichts möglich ist, damit sich etwas tut. Da haben alle zusammengeholfen. Das war für mich faszinierend, weil es so ein Miteinander gegeben hat, das über allem gestanden ist“, erinnert sich Schiller zurück. Nach sorgfältiger Evaluation werden übrigens etliche Teile des Programms fortgeführt und fanden wegen des großen Zuspruchs heuer bereits wieder statt. 

Planung für die europäische Kulturhauptstadt 2024

Zwar wurde Bad Ischl von der Corona-Krise in wirtschaftlicher Hinsicht nicht verschont, doch die Stadt, die vom Tourismus lebt, erfreut sich eines stark gewachsenen Zuspruchs inländischer Gäste. „Seit letztem Jahr haben wir etliche Touristen aus Bundesländern wie Tirol oder Vorarlberg, die bislang kaum zu uns kamen,“ freut sich Schiller.

Sie befindet sich dennoch in einer herausfordernden Lage, denn 2024 wird Bad Ischl europäische Kulturhauptstadt sein, und die Pandemie war den Vorbereitungen dafür alles andere als dienlich. Beispielsweise muss ein Mobilitätskonzept für die Stadt ausgearbeitet werden, das auch in die Region ausgebreitet werden soll.

Zu wenig Hotelbetten

Davon abgesehen gibt es noch diverse weitere Vorhaben, die nicht unmittelbar mit der Kulturhauptstadt zu tun haben. Zum Beispiel das Dauerthema Hotel: „Bad Ischl hat das Lèhar-Festival und ist als Kongressstadt begehrt. Trotzdem müssen wir oft Kongresse oder Tagungen absagen, weil wir nicht die nötige Bettenkapazität haben. Nach vielen Jahren und Anläufen wird nun endlich damit begonnen hinter dem historischen Kongress und Theaterhaus einen Hotelkomplex zu errichten. Bis zum Kulturhauptstadt-Jahr soll er betriebsbereit sein.“

Auch die Bauarbeiten zu einem großen neuen Schulzentrum beginnen diesen Sommer. Für Schiller ist das ein ganz besonderes Anliegen denn als Lehrerin versteht sie „sehr gut wie man qualitativ hochwertigen Unterricht verwirklicht. Da kommt es nicht nur auf das Personal an, sondern auch auf die Räumlichkeiten.“ Bei den Freizeitangeboten wird ein neuer Skaterpark geschaffen, und zusätzlich ein Multifunktionsplatz in Form eines Funcourts.

Und noch eine Idee Schillers wird kommen: „Wir haben gemerkt, dass wir eine Region sind, die vom Ehrenamt und von Vereinen lebt, die unsere Gesellschaft einfach prägen. Darum sollen sie auch die Möglichkeit bekommen, sich zu präsentieren. Es wird ab heuer einen ‚Tag der Vereine‘ geben, an dem die ganze Stadt im Zeichen der örtlichen Vereine steht.“ verrät Schiller. Sie weiß, wie schwierig es sein kann Menschen zur Mitarbeit zu bewegen, auch weil diese natürlich Zeit in Anspruch nimmt.  

Wochenmarkt Bad Ischl.
Den Wochenmarkt in Bad Ischl hat Ines Schiller während des Lockdowns ausgesetzt. Diese Entscheidung bereut sie nicht, auch wenn sie  mit dem heutigen Wissensstand anders entscheiden würde.  

Bei der Frage welche Entscheidungen sie bereut, oder rückblickend anders treffen würde, holt Schiller weiter aus.

„Als Bürgermeisterin muss man täglich viele Entscheidungen treffen, und ist für die auch verantwortlich. Wie bei jedem Menschen, der Entscheidungen treffen muss, gibt es Sachen, bei denen man sich im Nachhinein denkt, es wäre anders besser gewesen. Das ist meiner Meinung nach ganz normal. Ich finde es aber wichtig, dass man auch oder gerade in der Bürgermeisterposition Fehler zugeben kann. Wo gearbeitet wird, passieren Fehler, das ist einfach menschlich. In der Coronazeit habe ich von heute auf morgen Entscheidungen treffen müssen, bei denen man niemanden um Erfahrungswerte fragen konnte. Viele Entscheidungen triffst du aus dem Bauch heraus im Glauben, dass sie das Beste für Bad Ischl sind. Rückblickend hätte man sicher etwas anders machen können. Das heißt aber nicht, dass ich es bereue, denn zu dem Zeitpunkt war es für mich richtig. Mit dem Wissen von heute, über diese Pandemie und die Ansteckung  im Freien, würde ich z. B. den Wochenmarkt nicht mehr schließen lassen, doch damals hat man wenig über Corona gewusst, wie etwa dass die Ansteckung draußen unter freiem Himmel nicht so groß ist. Mir waren die Gesundheit und die Sicherheit am wichtigsten. Daher bereue ich diese Vorsichtsmaßnahme nicht. Ich habe mir in Bezug auf die Pandemie schon viel anhören müssen, das war nicht einfach.“ Aber man muss auch hinter seinen Entscheidungen stehen, und das kann Ines Schiller stets mit bestem Gewissen.  

Zur Person

Ines Schiller

Alter: 43

Gemeinde: Bad Ischl

Einwohnerzahl: 14.109 (2021)

Bürgermeisterin seit: 2. Jänner 2020

Partei: SPÖ