Andreas Peck
Andreas Peck: „Der Bürgermeister ist der Chef der Gemeindebürger, aber eigentlich ist er deren höchster Diener.“  

Ortschef am Hotspot

Der gelernte Tiefbau-Techniker Andreas Peck ist der erste ÖVP-Bürgermeister in Andau – jener Marktgemeinde, über deren Gebiet 1956 mehr als 70.000 Ungarn nach Österreich flohen.

Andau im burgenländischen Seewinkel war mit seiner berühmten Brücke nicht nur 1956 ein Hotspot der Fluchtbewegungen des Ungarnaufstandes. Auch heute ist es ein Hotspot, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Andau ist bundesweiter Hitzepol. Mit über 1.300 Sonnenstunden pro Jahr ist es die sonnigste Gemeinde Österreichs und seit 2018 hält es zudem mit stolzen 127, den Rekord der meisten Sommertage (über 25°C). „Das hat zwei Seiten. Touristisch ist das ideal, denn alle wissen, kommt eine Regenwolke Richtung Andau, verdunstet die spätestens zwei Kilometer vor der Ortschaft“, erzählt der Bürgermeister von Andau, Andreas Peck. „Die Landwirte und Winzer hingegen müssen ihre Kulturen laufend bewässern. Was nicht beregnet wird, verbrennt bei uns.“  

Andau
Die Marktgemeinde Andau liegt im Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel, am nordwestlichen Rand der pannonischen Tiefebene. Im Hintergrund: der Windpark. Foto: Steindy CC BY-SA 2.0 DE

Passenderweise ist es neuerlich ein heißester Tag des Jahres, an dem der 52-jährige waschechte Andauer KOMMUNAL über seine Heimatgemeinde erzählt.

Wann ist man ein waschechter Andauer?

Um so ein waschechter Andauer zu sein, müsse man mindestens zwei Kriterien erfüllen: „Erstens musst du in Andau auf die Welt gekommen sein.“ Das ist er. Damals im 68er-Jahr, mit einer Hebamme, eine Woche vor Weihnachten. „Zweitens musst du in Andau wohnen.“ Auch das tat er immer, die Zeit im Konvikt auf der HTL in Mödling einmal ausgenommen. „Und wenn man dann noch zusätzlich Peck heißt, das ist der meist vertretene Name bei uns in der Ortschaft, dann ist man gewiss ein  waschechter Andauer. Wohlgemerkt mit hartem P. In Gols, der nächsten Weinbauortschaft, wohnen nämlich alle Beck mit weichem B. Wir sind aber die Harten!“ erklärt Peck mit einem Augenzwinkern und lacht.

Die wegen ihrer ungewöhnlichen Architektur bekannte Pfarrkirche ist neben der Brücke von Andau das Wahrzeichen der Marktgemeinde.
Die wegen ihrer ungewöhnlichen Architektur bekannte Pfarrkirche ist neben der Brücke von Andau das Wahrzeichen der Marktgemeinde. Foto: Marktgemeinde Andau

Fast könnte man meinen, typischer kann ein Andauer nicht sein, doch dann stolpert man über die Parteizugehörigkeit. Peck ist nämlich der erste ÖVP-Bürgermeister in der seit jeher eigentlich roten Hochburg. Er stammt auch selbst aus einer Arbeiterfamilie. Doch 1989 suchte man in seiner Firma in Bad Deutsch-Altenburg, die übrigens im Bundesbesitz war und sich um die Regulierungsarbeiten des Donaustroms kümmerte, Leute für die Personalvertretung und fragte unter anderem auch Peck. Der sah sich die Programme an, und stellte fest, dass ihm eigentlich jenes der ÖVP am meisten zusagte, da es ihm viel konstruktiver erschien als das der SPÖ. Also wurde Peck christlich-sozialer Gewerkschafter.

Die Bande zur ÖVP wurden schnell stärker. Nicht nur, dass Pecks Frau die Tochter eines damaligen ÖVP-Gemeinderates war – als in Andau einige Funktionäre aufhörten und deren Aufgaben zu übernehmen waren, stand allein Peck bereit und wurde so nicht nur der lokale ÖAAB-Obmann sondern kam sofort und direkt in den Gemeindevorstand. 

Mittlerweile ist Peck das längstdienende Mitglied  im Gemeinderat. Seit 2002 ist er durchgehend dabei, 2007 wurde er Vizebürgermeister und 2012 schließlich der erste schwarze Ortschef überhaupt. Möglich war das, weil im Burgenland Gemeinderatswahl und Bürgermeisterwahl getrennt stattfinden.

„Parteinaheverhältnis ist schnurzegal“

Erst 2017 wurde die ÖVP auch stimmenstärkste Fraktion. „Ich habe mich schon immer irgendwie mit den anderen Parteien einigen müssen“, sagt Peck, der niemals auf eine absolute Mehrheit zurückgreifen konnte. Weshalb er es dennoch geschafft hat, sich zu behaupten, liegt vermutlich an seiner Einstellung: „Du musst die Leute alle gleich behandeln. Ich habe noch nie irgendwelche Unterschiede nach Parteinaheverhältnis gemacht. Mir ist das schnurzegal. Du musst eine Lösung finden, und wenn es keine gibt, musst du das den Leuten erklären. Alle verstehen es so und so nicht, aber du musst Rückmeldungen geben und darfst dich nicht verstecken. Das hat es unter meinen Vorgängern auch gegeben, dass sie beim Gemeindeamt durch die Hintertür entschwunden sind und ausrichten ließen, sie seien nicht da. Der Bürgermeister ist der Chef der Gemeindebürger, aber eigentlich ist er deren höchster Diener.“  

Diese Einstellung kommt bei den Andauern offensichtlich gut an. Der Ort im Seewinkel kann übrigens mit mehr aufwarten als nur der historischen Relevanz vor 65 Jahren. Es sind nicht viele Winzer im Ort, aber die wenigen sind verhältnismäßig groß und räumen regelmäßig serienweise nationale und internationale Preise ab.

Prominente Weinbaubetriebe

Österreichweit große Bekanntheit haben die Weine der Winzerkeller „Zantho“ mit der einprägsamen Smaragdeidechse auf dem Etikett. Zantho ist jedoch weder ein Familienname noch ein griechisches Wort, sondern schlicht der alte Name für „Andau.“ Er bedeutet so viel wie Ackerland. Ein Blick aufs Kleingedruckte weist zudem einen (nicht mit Andreas verwandten) Wolfgang Peck aus. Insider können sich somit der Andauer Herkunft des Weines gleich doppelt sicher sein. 

Einer der örtlichen Winzerbetriebe, das Weingut Erich Scheiblhofer, eröffnet in drei Monaten ein Hotel mit 115 Zimmern im Ort. Das ist auch dringend notwendig. Die bemerkenswerte Pfarrkirche, der gute Wein, der mit Skulpturen gesäumte Fluchtweg und natürlich die Brücke von Andau selbst bringen gar nicht so wenige Touristen in den Ort, doch an Nächtigungsmöglichkeiten mangelt es sehr. Die verfügbaren Gästezimmer kann man an den Fingern abzählen.

Zantho
Der Wein mit der Smaragdeidechse genießt in Österreich eine hohe Bekanntheit. „Zantho“ ist nichts anderes als der alte Name von Andau und bedeutet soviel wie Ackerland. Foto: Ralph Darabos

Davon abgesehen gibt es nur den Campingplatz am übrigens sehr netten Badesee. Daher stiegen die meisten Touristen bislang in den Orten am Neusiedlersee ab. Die Fluchtstraße und die Brücke sollten für die zukünftigen Nächtiger auf Vordermann gebracht werden. Letztere liegt auf ungarischem Staatsgebiet und ist schon ziemlich desolat. Peck bemüht sich dahingehend um Unterstützung vom Bundesheer für eine Neuerrichtung. 

Abseits des Tourismus gibt es auch genug zu tun. Pecks neuestes Projekt: Betreutes Wohnen im Ortszentrum, sodass jene älteren Andauer, die Unterstützung brauchen, in der Gemeinde bleiben können. Das steckt aber noch in den Kinderschuhen. Praktisch fertig hingegen sind die kostenintensiven Kanalsanierungen und die Modernisierung der Kläranlage.

Riesiger Windpark

Weiters hat Andau seit 2014 mit 33 Windkraftanlagen einen der größten Windparks Österreichs, der für das Gemeindebudget eine wichtige Einnahmequelle ist. Stolz ist der Bürgermeister darauf, dass er bei den letzten beiden Windkraftanlagen, im heurigen Jahr, eine Bürgerbeteiligung herausholen konnte. Wer sich mit 1.000, 2.500 oder 5.000 Euro finanziell beteiligt, bekommt jährlich immerhin 1,5 Prozent ausgeschüttet.

Auch PV-Anlagen werden in Andau längst eifrig betrieben. Von Privaten und von der Gemeinde. Allerdings nur auf unproduktiven Flächen, sprich Dächern, „aber sicher nicht auf produktiven Flächen. Auf die wird in Andau sicher keine PV-Anlage kommen“, stellt Peck klar. Das ist Konsens im Ort, die entsprechenden Beschlüsse dazu sind intern bereits gefasst.   

Amtszeit limitieren?

Zu den Wahlen kommendes Jahr wird Peck noch einmal antreten: „Ich bin ja noch nicht alt. Schaffe ich es, ist es gut, denn ich habe noch viele Projekte, die ich gerne umsetzen möchte. Aber dann ist es genug. Dann soll ein anderer her. Meine Vorgänger waren bis zu fünf Perioden im Amt. Das finde ich zu lange. Man könnte die Amtszeiten auf zwei oder drei Perioden limitieren. Aber findet sich überall überhaupt noch einer, der das macht?“ Auch bei ihm selbst ging das nur dank des Entgegenkommens seines Arbeitgebers, Stichwort Freistellung und Teilzeit. 

Brauchtum in Andau
Brauchtum: In der Vorweihnachtszeit gestalten viele Andauer jeweils eines ihrer Fenster wie die Türchen eines Adventkalenders. Der Spaziergang durch den Ort wird so zu einer Entdeckungsreise. 

„Du schafft eine Gemeinde mit knappen 2.300 Einwohnern nicht im Vorbeigehen, und wenn die Familie nicht mitspielt ist es sowieso vorbei. Du bist an Wochenenden zu vielen Veranstaltung geladen, und sollst daher auch präsent sein.“

Deshalb war Peck insbesondere in der Adventzeit immer schwer im Einsatz und auf sämtlichen Weihnachtsfeiern der diversen Vereine. Durch Corona war er letzten Advent so viel daheim wie nie zuvor. So konnte er erstmals mit seiner Frau durch den Ort schlendern und die Adventfenster bewundern, einen Andauer Brauch, bei dem die Bürger ihre Fenster wie die Türchen eines Adventkalenders schmücken. Diese Gelegenheit hatte er vorher nie. 

Zur Person

Andreas Peck

Alter: 52

Gemeinde: Andau 

Einwohnerzahl: 2.265 (2021)

Bürgermeister seit: November 2012

Partei: ÖVP