Kommunale Sommergespräche
Werner Kerschl, Moderator Markus Frühauf, Patrick Bettscheider, Oliver Fincke, Johannes Pressl
© EventFotograf/Gemeindebund

Kluges Geld für regionale Einrichtungen

19. September 2019
Unter dem Motto “Intelligente Beschaffungsmodelle für regionale Einrichtungen” wurde bei den Kommunalen Sommergesprächen über die Finanzierung von Projekten in den Gemeinden diskutiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forum 4 gingen dabei der Frage nach, warum die Zusammenarbeit zwischen privaten Investoren und der öffentlichen Hand sinnvoll sein kann.

Der Investitionsbedarf der Kommunen ist enorm: Infrastruktur, Breitbandausbau und Klimawende erfordern in den kommenden Jahren zweistellige Milliardenbeträge. Obwohl die Finanzierungs- konditionen der Öffentlichen Hand so günstig wie noch nie sind, stoßen Kommunen an ihre Grenzen. Auf dem Forum “Kluges Geld – Intelligente Beschaffungsmodelle für regionale Einrichtungen” diskutierten im Rahmen der Kommunalen Sommergespräche 2019 der Aufsichtsratsvorsitzende der Kommunalkredit, Patrick Bettscheider, der leitende Portfoliomanager der Kommunalkredit, Oliver Fincke, der Executive Director des australischen Vermögensverwalters IFM Investors, Werner Kerschl, sowie Johannes Pressl, Bürgermeister der Gemeinde Ardagger, über neue Lösungen.

Zusammenarbeit mit privaten Investoren

Vor dem Hintergrund des hohen Anlagebedarfs von Pensionsfonds, die ihre Garantien nicht mehr mit negativ verzinsten Staatsanleihen erwirtschaften können, forderte Bettscheider Finanzierungsmodelle für private Investoren.

Werner Kerschl verwies auf erfolgreiche Beispiele aus Australien, wo Pensionsfonds die Infrastrukturprojekte tragen, aber dem Staat ausreichende Eingriffsrechte einräumen.

Mit der höheren Kompetenz privater Investoren und Banken im Bereich Erneuerbare Energien begründete Oliver Fincke, warum die Zusammenarbeit zwischen privaten Kapitalgebern und der Öffentlichen Hand sinnvoll sein kann.

Johannes Pressl sieht Vorteile solcher Kooperationen, betonte aber auch die Notwendigkeit der Kontrolle durch die Kommunen.

Kerschl führte die höhere Akzeptanz der Pension-Public-Partnerships in angelsächsischen Ländern auf den offenen Dialog zurück, der die Auswirkungen des zu finanzierenden Projekts aus den verschiedenen Blickwinkeln analysiert. Dieser Dialog fehlt nach seinen Worten in einigen europäischen Ländern. Kerschl fügte hinzu: “Wir bringen nicht nur das Geld.”

Sonnenkraft für Gemeindegebäude

Würden Projekte gut verstanden und Risiken richtig eingeschätzt, dann sei Geld klug investiert, sagte Fincke. Er stellte auf dem Forum eine Idee vor, wie im Rahmen der österreichischen Klima- und Energiestrategie “#mission2030” die Dächer von Gemeindegebäuden effizient mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet werden können.

Eine private Betreibergesellschaft, an der sich auch die Kommunen beteiligen können, würde die Solarpanels erwerben und den Kommunen zur Verfügung stellen. Die Kommune könnte dann den erzeugten Strom günstiger als am Markt erwerben und bekäme nach einem Zeitraum von rund 15 Jahren die Solarpanels übereignet. Pressl, der auch Vizepräsident des Niederösterreichischen Gemeindesbundes ist, hält den Gedanken für reizvoll, wenn Bürger über ihre Pensionsgelder an den Investitionen ihrer Gebietskörperschaften beteiligt werden. Seiner Ansicht nach werden die Infrastrukturinvestitionen immer umfangreicher und könnten für eine Bündelung von mehreren Einzelkommunen sprechen.

Kluges Geld braucht kluge Projekte

Bettscheider hält es für erforderlich, die Kommunen mit neuen Finanzierungsinstrumenten zu unterstützen. Eigenkapitalfinanzierungen privater Investoren gehörten dazu, ebenso wie die Bündelung der Investitionen in besicherten Wertpapieren. Wesentliche Voraussetzung dafür sei eine enge Kooperation zwischen Öffentlicher Hand und der Finanzwirtschaft, also von Pensionseinrichtungen, Lebensversicherern und Banken. Statt Kleinteiligkeit müssten sich die einzelnen Kommunen zusammenschließen, um größere Finanzierungsvolumina zu schaffen und daraus Wertpapiere zu kreieren.

Nach Ansicht von Hannes Pressl braucht kluges Geld auch kluge Projekte. Er verwies auf das Beispiel aus seiner Gemeinde Ardagger: Hier übernehme die Gemeinde zusammen mit regionalen Unternehmen den Ausbau des Glasfasernetzes, weil dies günstiger sei als die Lösung über die öffentlich-private Partnerschaft zwischen der Niederösterreichischen Breitband-Holding und der Allianz.

Für den Kommunalkredit-Manager Fincke müssen die Vorteile im Vordergrund stehen, die private Investoren der öffentlichen Hand bieten können. Das zeige der Umstieg im Bereich Erneuerbarer Energien von Einspeisevergütungsmodellen auf Auktionsverfahren. Es sei so möglich geworden, nachhaltige Energieprojekte mit wenig oder keiner staatlichen Unterstützung zu realisieren.

Text: Markus Frühauf, Redakteur bei der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”