So sollen Parkplätze zukünftig aussehen.
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Tirol

„Jeder Parkplatz muss zum Kraftwerk werden“

5. Oktober 2022
Eine von Tirols Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler in Auftrag gegebene Studie zum Photovoltaik-(PV)-Freiflächenpotenzial liegt im Entwurf vor. Und sie zeigt, dass in Tirol in einem hohen Ausmaß bereits versiegelte oder minderwertige Flächen zur Verfügung stehen, um das PV-Ausbauziel zu erreichen. Das größte Potenzial liegt dabei in der Überdachung von Großparkplätzen.

„Jeder Großparkplatz muss ein Kraftwerk werden. Wie die Potenzialstudie zeigt, können wir allein auf den bestehenden Großparkplätzen die Hälfte der aus PV-Freiflächen benötigten Energie erzeugen. Wir brauchen keine Solarparks auf der grünen Wiese“, erklärt Geisler.

Mehr als 3.400 größere Parkplätze mit einer Gesamtfläche von 5,6 Millionen Quadratmetern gibt es in Tirol. Überdacht man die geeigneten Flächen mit PV-Modulen, können 283 Gigawattstunden (GWh) Sonnenstrom pro Jahr produziert werden. Das entspricht dem derzeitigen Strombedarf von rund 81.000 Haushalten.

19 Prozent Sonnenstrom für Energieunabhängigkeit

In der Energiestrategie des Landes „Tirol 2050 energieautonom“ spielt Photovoltaik neben Wasserkraft, Holz und Umweltwärme eine tragende Rolle in der Erreichung der Energieunabhängigkeit.

19 Prozent des gesamten Energiebedarfs oder 3.900 GWh Strom sollen bis zum Jahr 2050 aus PV kommen. Der Großteil der Sonnenenergie (85 Prozent) soll auf Dächern und Fassaden der Gebäude produziert werden. Doch um die PV-Ausbauziele und die Energieunabhängigkeit Tirols zu erreichen, sind auch sogenannte PV-Freiflächenanlagen im Ausmaß von sechs bis sieben Millionen Quadratmetern oder 560 GWh notwendig.

„Ohne das Landschaftsbild nachhaltig zu verändern, können wir auf bereits versiegelten Flächen einen Großteil der benötigten Energie erzeugen. Ein Grund mehr, hochwertige landwirtschaftliche Flächen nicht anzugreifen. Die Lebensmittelproduktion hat Vorrang vor der Energieproduktion“, bekräftigt Geisler. Sollte die Sonnenstromproduktion am Feld ohne Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung möglich sein, sei aber auch das in Einzelfällen vorstellbar, will Geisler die so genannte Agri-PV nicht kategorisch ausschließen.

Viele Flächen fallen aus

Im Rahmen der von Wasser Tirol erstellten Potenzialstudie für PV-Freiflächenanlagen wurden in einem Ausschlussverfahren Flächen definiert, die grundsätzlich für die Sonnenstromproduktion zur Verfügung stehen.

70 Prozent der Flächen können etwa aufgrund naturschutzfachlicher Ausschlusskriterien wie Natura 2000-Gebiete nicht zur Stromproduktion genutzt werden, sind landwirtschaftliche Vorsorgeflächen oder befinden sich in roten Gefahrenzonen.

Bei einem Viertel der Flächen bedarf es jedenfalls einer genaueren Einzelfallbetrachtung, weil sie beispielsweise in einer gelben Gefahrenzone liegen oder Waldbrandgefahr besteht. In einem weiteren Schritt wurden dann Flächen identifiziert, die auch die für einen wirtschaftlichen Betrieb der PV-Anlagen erforderliche Sonneneinstrahlung aufweisen.

Als besonders für die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen geeignet wurden bereits versiegelte Flächen definiert. Hierzu zählen rund drei Millionen Quadratmeter an größeren Parkplätzen. Aber auch Verkehrsrandflächen, Kläranlagen, stillgelegte Deponien, Lärmschutzwände, Autobahneinhausungen oder Brücken können mit PV-Modulen bestückt und zur Energieproduktion herangezogen werden. Jährlich 730 Gigawattstunden (GWh) Sonnenstrom können so theoretisch produziert werden.