Bagger errichten Hochwasserschutz in Kärnten
Bauarbeiten in März 2016.

Regulierung mit Retention

26. April 2016
Kötschach-Mauthen liegt im Südwesten Kärntens am Übergang vom Oberen Gailtal zum Lesachtal. Mit den laufenden Regulierungsarbeiten werden 568 Objekte (Wohn-, Wirtschafts- und Nebengebäude) und rund 80 ha Bauland im Falle eines 100-jährlichen Hochwasserereignisses (HQ100) des Gailflusses geschützt. Bauherr ist die Gemeinde, die Investitionskosten betragen 10,65 Millionen Euro, die Bauzeit ist von 2010 bis 2017 geplant.

Der Gailfluss entspringt am Kartitscher Sattel in Osttirol auf einer Seehöhe von 1522 Meter über Adria (m ü.A.), durchfließt zunächst das wildromantische Lesachtal in Form einer Schluchtstrecke und erreicht nach 40 Kilometer die Marktgemeinde Kötschach-Mauthen, wo sich das Tal aufweitet. Im Oberen Gailtal bis zur Bezirkshauptstadt Hermagor ist das Flussregime dem verzweigten, im Mittleren Gailtal bis Arnoldstein dem mäandrierenden Flusstyp zuzuordnen. Nach Überwindung einer sogenannten Kataraktstrecke im Raume Arnoldstein (Bergsturzgebiet des Dobratsch) mündet die Gail nach einer Fließstrecke von insgesamt 122 km bei Villach in die Drau (Seehöhe 474 m ü.A.). Das Gailtal wird im Süden von den Karnischen Alpen und Karawanken sowie im Norden von den Lienzer Dolomiten und Gailtaler Alpen begleitet.



Im Flussabschnitt zwischen Kötschach-Mauthen und Arnoldstein wurde seit dem Jahre 1935 schrittweise eine Hochwasserregulierung mit Retention[1] umgesetzt. Dadurch kommt es zu keiner Erhöhung der Hochwassermengen im Unterlauf der Gail, was auch eine wichtige Vorgabe der Stadt Villach für die Zustimmung zur Regulierung war. So werden im Falle eines HQ 100 in 25 Rückhaltebecken (Fläche 40 km²) 38 Mio. m³ Hochwasser zwischengespeichert und nach Ablauf der Hochwasserspitze wieder dosiert abgegeben. Der Hochwasserschutz für die Siedlungen und der Hochwasserrückhalt (Retention) wird durch ein ausgeklügeltes System von Dämmen bewerkstelligt, wobei neben flussbegleitenden Längsdämmen auch Ringdämme zum Schutz von tiefgelegenen Ortschaften und Querdämme zur Ermöglichung der Retention errichtet wurden.

Hochwasserschutz für Kötschach und Mauthen – die Planung



Ausgangspunkt für dieses Projekt waren die Ergebnisse des Gewässerbetreuungskonzepts aus dem Jahre 1998, wonach große Bereiche des Siedlungsgebietes von Kötschach und Mauthen ab einem 30-jährlichen Hochwasserereignis überflutet werden.

In einer Variantenstudie und der nachfolgenden Detailprojektierung wurde die schutzwasserwirtschaftlich und ökologisch beste Variante mit nachfolgenden Eckdaten zur behördlichen Genehmigung eingereicht: Auf einer Gesamtlänge von 2,7 km wird das Flussprofil aufgeweitet und eine Erhöhung des Sohlgefälles durch Entfernung von zwei Sohlstufen vorgenommen. An neuralgischen Stellen ist es auch notwendig, Dämme und Mauern zu errichten. Ein am Institut für Wasserbau und hydrometrische Prüfung (IWB) in Wien durchgeführter Modellversuch hat die Notwendigkeit der Belegung der Gailsohle mit einem „Offenen Deckwerk“ ergeben.

Einen großen Stellenwert hat auch die ökologische Begleitplanung eingenommen. Im Rahmen dieser wurde der ökologischen Ausgestaltung des Flussprofils (Ausbildung einer strukturierten Niederwasserrinne, Initiieren von Schotterbänken) sowie der Herstellung der Durchgängigkeit (Fischaufstieg bei der Einmündung des Mauthner Dorfbaches) besonderes Augenmerk geschenkt.

Die Bauumsetzung



Mit den Bauarbeiten, die in Form von Eigenregiearbeiten des Landes Kärnten (Landeswasserbauhof Hermagor) durchgeführt werden, wurde im Jahre 2010 begonnen. Nachfolgende Massenbewegungen sind zu bewältigen: Aushubarbeiten 340.000 m³, Anschüttungen (Dämme, Wege, Wiederauffüllung des „Offenen Deckwerkes“) 60.000 m³, Hochwasserschutzmauern 180 lfm, Wasserbausteine 132.000 Tonnen. Geräteanmietungen (Bagger, Lkw, Siebanlagen) werden auch bei Privatfirmen vorgenommen. Die Zulieferung der nicht im Baufeld zu gewinnenden Bruchsteine erfolgt durch Steinbruchunternehmen aus Kärnten und Osttirol.

Die Fertigstellung der Hochwasserschutzmaßnahmen ist für das Jahr 2017 vorgesehen. Die Finanzierung erfolgt über den Gailfinanzierungsschlüssel mit 83 Prozent Bundesmittel und 17 Prozent Interessentenanteil (Anrainergemeinden von Kötschach-Mauthen bis Villach, ÖBB, Landesstraßenverwaltung, Asfinag).

Zusammenfassung



Mit der Umsetzung des Regulierungsprojektes für Kötschach-Mauthen wird nicht nur der notwendige Hochwasserschutz für die bestehenden Siedlungen erzielt, sondern auch eine wichtige Voraussetzung für eine Weiterentwicklung der Region geschaffen; dies unter dem Motto: „Vorsorgen ist besser als Heilen“.



[1] Als Retention bezeichnet man die ausgleichende Wirkung von Stauräumen auf den Abfluss in Fließgewässern.