Heiligenblut
Heiligenblut wurde am 14. März völlig überraschend von der Umwelt abgeriegelt.
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Quarantäne in Heiligenblut: „Das war ein Schock!“

Es ist Samstag früh, sieben Uhr, als Josef Schachner, dem Bürgermeister von Heiligenblut am Großglockner, ein Anruf ereilt, der die gesamte Gemeinde auf den Kopf stellen wird. Ein Gendarm informiert Schachner, die Zu- und Ausfahrtsstraßen seien abgeriegelt, kein Mensch komme mehr in die Gemeinde rein oder raus. „Das war ein Schock, dass man so kurzfristig und ganz ohne Vorankündigung vor vollendete Tatsachen gestellt wurde“, erinnert sich Schachner.

In Heiligenblut ging es mit einmal Schlag auf Schlag: Erst am Mittwoch, dem 11. März, wurden die beiden ersten Coronavirus-Infizierte mit der Kärntner Gemeinde in Verbindung gebracht, schon drei Tage später verhängte die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau Quarantäne über die gesamte Gemeinde. Der Ort ist nun zwei Wochen lang abgeriegelt, niemand darf mehr rein oder raus. Von der Regelung ausgenommen sind Blaulichtorganisationen, Lebensmitteltransporte, Straßendienste und die Müllabfuhr. Was Bürgermeister Josef Schachner am meisten bedrückt: Ausländische Gäste durften zwar noch ausreisen, die Österreicherinnen und Österreicher, die in Heiligenblut Urlaub machten oder in den örtlichen Tourismusbetrieben arbeiten, sitzen nun fest.

„Die Mitarbeiter, die großteils aus den umliegenden Gemeinden kommen, sind in der Früh noch nichtsahnend in die Arbeit nach Heiligenblut gefahren, und durften abends schon nicht mehr nach Hause“, so Schachner.

„Viele Tränen sind geflossen“

Die Situation schärfte sich vor allem am Sonntag zu, das Gemeindeamt wurde Schauplatz heftiger Gefühlsausbrüche. „Das war richtig tragisch, die haben Familie, kleine Kinder, manche eine Landwirtschaft. Da kam es zu einem dramatischen Tumult, auch viele Tränen sind geflossen.“

Josef schachner
Josef Schachner, Bürgermeister von Heiligenblut: „Die Situation wird weiterhin eine Herausforderung bleiben. Wir hätten uns gewünscht, für so rigorose Maßnahmen eine gewisse Vorlaufzeit zu haben.“

Am selben Tag noch richtete sich der Bürgermeister via Video-Appell an die zuständigen Behörden: Er bittet innigst darum, auch die inländischen Gäste ausreisen zu lassen, und so die Situation zu entschärfen. Schachner appelliert, neben der notwendigen Eindämmung des Virus, auch den menschlichen Aspekt nicht unberücksichtigt zu lassen.

Obwohl es bisher noch keine verträgliche Lösung gibt, lobt Schachner die Behörden und auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser für ihre Bemühungen. „Die gesamte Republik muss jetzt die bestmögliche Vorsorge treffen. Wir wollen alle unseren Beitrag dazu leisten, dass sich das Virus nicht weiter explosionsartig verbreitet“, sagt Schachner.

Die Gäste im Ort bleiben vorerst in Pensionen und Hotels untergebracht. Die beiden örtlichen Nahversorger bieten nun auch Zustelldienste an, aber um auch den Gästen warme Mahlzeiten bieten zu können, überzeugte Schachner einen Wirten, mittags und abends Essen zum Mitnehmen auszugeben. „Die Situation wird weiterhin eine Herausforderung bleiben. Wir hätten uns gewünscht, für so rigorose Maßnahmen eine gewisse Vorlaufzeit zu haben.“

Bevölkerung ist es gewohnt, mit außergewöhnlichen Ereignissen umzugehen 

Die einheimische Bevölkerung hingegen, habe sich laut Schachner schnell und gut konsolidiert. „Die Quarantäne ist auch für die Heiligenbluter Bürger eine harte Pille, aber um einiges leichter bewältigbar“, meint Josef Schachner. Denn im Ort ist man es gewohnt, mit außergewöhnlichen Ereignissen umzugehen. Im November letzten Jahres gab es bis zu drei Meter Schnee, eine Woche konnte das Haus nicht verlassen werden, fünf Tage gab es keinen Strom, alle Wege waren geschlossen wegen Lawinengefahr. „Wir haben das sehr gut gemeistert, es kam zu einem engen Schulterschluss mit der Bevölkerung. Wenn Not am Mann ist, dann halten die Einheimischen hier zusammen.“ Der große Unterschied zu heute? „Dass uns dieser Schicksalsschlag mit Gästen im Ort trifft, die nach Hause wollen, aber nicht raus dürfen.“