Ein Bierfass beim Anstich durch Kommunalpolitiker
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Es droht die Vernichtung vieler Vereine

Die Registrierkassenpflicht erhitzt die Gemüter und sorgt bei vielen Vereinen für Existenzängste. Zahlreiche Feste wurden bereits abgesagt. Nun zittern auch Brauchtumsvereine, Feuerwehren und andere gemeinnützige Einrichtungen.

"Entbehrliche Vereine sind nicht begünstigungsschädlich“. So heißt es in einer Broschüre, die den Vereinen die komplexen Regeln der neuen Registrierkassenpflicht eigentlich „eindeutschen“ sollte. Ein fast kabaretthaftes Gustostück aus einer völlig verkorksten Regelungswut. Gemeindebund-Chef Helmut Mödlhammer versteht die Welt nicht mehr. „Was hier passiert, gleicht einer bewussten Vernichtung der Freiwilligenarbeit in Österreich“, sagt Mödlhammer. „Ich habe jeden Tag ein paar Anrufe, in denen mir gesagt wird, dass Vereinsveranstaltungen abgesagt werden, in einigen Fällen sollen Vereine sogar aufgelöst werden, weil sie unter diesen Rahmenbedingungen keine Zukunft mehr sehen.“ Auch die Mailbox des Gemeindebundes füllt sich jeden Tag mit Beschwerden, Hilferufen und Resolutionen aus den Kommunen.

Freiwillige opfern Zeit für die Allgemeinheit



Grund dafür ist die Registrierkassenpflicht, die der Bund dem Land und damit auch den Vereinen und gemeinnützigen Einrichtungen verordnet hat. Ab einem Jahresumsatz von 15.000 Euro bzw. 30.000 Euro (bei gemeinnützigen Vereinen) besteht nun die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht. „Jeder, der schon einmal bei einem Sportfest oder einem Feuerwehrheurigen war, der weiß, dass die Anwendung dieser Regeln solche Einrichtungen vor riesige Probleme stellt“, weiß auch Alfred Riedl, Gemeindebund-Vizepräsident und Bürgermeister von Grafenwörth. „Da geht es nicht nur um die Grundinvestition, sondern auch um die Handhabung. Auf solchen Festen ist ja kein geschultes Personal im Einsatz. Das sind Freiwillige, die unbezahlt ihre Zeit opfern, um für die Allgemeinheit und die Einrichtung, der sie angehören, etwas auf die Beine zu stellen. Es ist unfassbar, dass man das durch völlig ausufernde bürokratische Regeln zerstören will“, so Riedl.

Rupert Dworak, Bürgermeister von Ternitz und auch Vize im Gemeindebund, sagt: „Die Einnahmen von Feuerwehrfesten sind aus meiner Sicht überhaupt steuerfrei zu stellen. Schließlich müssen die Wehren beim Ankauf von Ausrüstung auch noch 20 Prozent Mehrwertsteuer zahlen.“

Zusätzliche Kosten für Gemeinden, wenn Feuerwehren keine Feste mehr veranstalten



In der Tat könnten auf die Gemeinden im schlimmsten Fall zusätzliche Kosten zukommen. „Derzeit finanzieren sich die Feuerwehren zu einem guten Teil selbst“, weiß Mödlhammer. „Wenn man die Bürokratie so hoch ansetzt, dass die Helfer keine Feste mehr veranstalten und daher auch weniger Einnahmen haben, dann wird am Ende der Kostenanteil der Gemeinde an der Finanzierung der Feuerwehren steigen. Dass es eine Feuerwehr geben muss, ist schließlich gesetzlich vorgeschrieben und eine Verpflichtung der Gemeinde“, so Mödlhammer.



Konkrete Beispiele, wie sich die neuen Verpflichtungen auswirken, gibt es viele. „Bei uns sind insgesamt 40 Almhütten bewirtschaftet. Manche davon haben nicht einmal Strom“, berichtet der Bürgermeister der Salzburger Gemeinde Hüttschlag. „Für die ist die Belegerteilungspflicht ein Wahnsinn. Auch unsere Feuerwehr kämpft damit. Die hat aber für ein neues Fahrzeug aus eigener Tasche 80.000 Euro aufgebracht, erwirtschaftet durch Feuerwehrfeste. Das ist Geld, das wir als Gemeinde zahlen müssten, wenn es solche Feste nicht mehr gibt. Das kann doch nicht der Sinn der Sache sein.“



Aus der oberösterreichischen Gemeinde Schwertberg kommen zwei andere Beispiele. Die Aiserbühne Schwertberg veranstaltet jedes Jahr im Sommer Theateraufführungen. In den 20- minütigen Pausen werden den 500 Besuchern Getränke und/oder Imbisse serviert. „Da helfen dutzende Personen zusammen, dass der Ansturm in so kurzer Zeit bewältigt werden kann – mit der Registrierkassa geht das künftig wohl nicht mehr. Erstens bräuchte der Verein gleich zehn mobile Geräte und zweitens dauert alles viel länger“, erzählt Bürgermeister Max Oberleitner. Beim großen Aiserfest, wo sich 2500 Besucher über das gesamte Festareal verteilen, sei es ähnlich problematisch. Da gibt es rund 15 kleine Bars und Ausschankstellen, die allesamt von den Vereinsmitgliedern betrieben werden. Der Verein Aiserbühne müsste mehrere

Registrierkassen anschaffen.

Auch Experten kennen sich nicht aus



„Am skurrilsten ist ja, dass sich zum Teil nicht einmal die Experten des Finanzministeriums mit der neuen Regelung auskennen“, empört sich Mödlhammer. „Wenn man dorthin konkrete Anfragen richtet, bekommt man entweder Textbausteine, Hinweise auf irgendwelche Folder oder unverständliches Beamtendeutsch zurück. Ständig sprechen alle von Bürokratieabbau und Verwaltungsreform. Davon sind wir meilenweit entfernt. Es ist sogar so, dass die Schikanen zunehmen, anstatt weniger zu werden.“ Die Registrierkassenpflicht sei nicht nur inhaltlich völlig falsch, sondern auch im Detail für die betroffenen Vereine einfach unverständlich. „Wer einmal den Folder gelesen hat, mit dem das Ministerium das den Vereinen eigentlich einfach erklären will, der stellt fest, dass am Ende alles noch verwirrender ist als vor der Lektüre“, so Gemeindebund-Generalsekretär Walter Leiss.



Besonders grantig über diese Schikanen ist der Gemeindebund-Chef angesichts der Leistungen, die Vereine und Organisationen in den letzten Monaten erbracht haben. Man könne nicht in Katastrophen- und Krisenfällen ständig auf das ehrenamtliche Engagement vieler Freiwilliger bauen und ihnen dann bei der Finanzierung ihrer Tätigkeit solche Prügel vor die Füße schmeißen, sagt Mödlhammer im Hinblick auf die Einsatzorganisationen. „Gerade die letzten Monate haben ja gezeigt, wie wichtig diese ehrenamtliche Arbeit in vielen Bereichen ist. Die Flüchtlingskrise wäre ohne die Mithilfe von Vereinen, Feuerwehren, NGOs und Rettungsorganisationen schlichtweg nicht bewältigbar gewesen. Wenn das nun der Dank an diese Helfer/innen ist, dann braucht man sich nicht wundern, wenn die Leute sich von der Politik abwenden."

Finanzminister zeigt sich gesprächsbereit

In den Bundesländern mobilisieren die Landesverbände des Gemeindebundes zum Teil schon gegen die neuen Regelungen. So hat der Vorarlberger Gemeindeverband seine Mitglieder aufgefordert, Resolutionen im Gemeinderat bzw. Gemeindevorstand gegen die Registrierkassenpflicht für Vereine zu beschließen. Diese sollen dann dem Finanzminister übergeben werden. Die Problematik scheint inzwischen bei Hans Jörg Schelling auch angekommen zu sein. Er zeigte sich vor einigen Wochen offen für eine Diskussion über etwaige Änderungen bei der Registrierkassenpflicht, passiert ist bislang freilich nichts. Auch die Bundesländer haben Schelling einen umfangreichen Forderungskatalog auf den Tisch gelegt. „Man merkt einfach, dass hier ein Gesetz von praxisfernen Bürokraten im gläsernen Turm erarbeitet wurde", so Mödlhammer, der nun folgende Anpassungen fordert: „Zum einen gehört die Umsatzgrenze, unter der es keine Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht gibt, von derzeit 15.000 auf einheitlich 30.000 Euro angehoben", so Mödlhammer. Die unentgeltliche Mitarbeit von vereinsfremden Personen bei „kleinen Vereinsfesten" sollte weiterhin möglich sein. Auch der Entfall der Belegerteilungspflicht bei Bagatellumsätzen  sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.

„Der Gemeindebund wird hier nicht nachlassen. Ich habe mehrfach unsere Bedenken gesagt, auch schon im Vorfeld der Entstehung. Ich werde damit nicht aufhören. Es handelt sich hier um ein Problem, das der Bund zu lösen hat, und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bundesregierung ein Interesse daran hat, dass sich die Freiwilligenarbeit in manchen Bereichen in Luft auflöst."

Dass die Registrierkassenpflicht nicht nur Vereine, sondern auch Kleinunternehmen und die Gastronomie empört, ist inzwischen auch evident. Eine originelle - wenn auch verzweifelte - Form des Protests hat das Tiroler Ehepaar Krieger gewählt, das in Schwaz ein privat geführtes Planetarium betreibt. „Unsere Kunden sind genervt. Sie lassen die Belege mit blöden Kommentaren versehen einfach liegen", sagt Gabi Kriegler in der Tageszeitung „Kurier". Die liegengelassenen Bons stecken die Krieglers jeden Tag in ein Kuvert und schicken sie per Post dem Finanzminister. Dort reagiert man typisch österreichisch: Die eingelangten Belege werden „laut allgemeiner Kanzlei- und Archivierungsverordnung" behandelt. Das heißt, dass sie sieben Jahre lang aufzubewahren sind.