Fernsehen, wo wir daheim sind

Ende März hat der ORF sein „Frühfernsehen“ gestartet. Mit „Guten Morgen Österreich“ versucht der öffentlich-rechtliche Sender Marktanteile zurückzugewinnen und sendet jeden Tag aus einer anderen Gemeinde Österreichs.





Lange hatte sich der ORF um diese Frühschiene gedrückt. In den USA gibt es nationales Frühstücksfernsehen seit den 50er-Jahren, in Deutschland starteten die Privatsender Ende der 80er-Jahre damit, auch die Morgenformate der öffentlich-rechtlichen Kollegen von ARD und ZDF sind schon 20 Jahre „on air“. Zuletzt war der Druck für den ORF immer größer geworden, spätestens seit das Morgenprogramm des kleinen, aber durchaus originellen Privatsenders Puls 4 an Reichweite zulegt. Seit elf Jahren bespielt die Puls 4-Mannschaft nicht nur den eigenen Sender jeden Morgen, sondern auch die Österreich-Fenster der ProSieben-Gruppe. Nicht ohne Erfolg, wie es scheint.

Von 6 bis 9 Uhr



Mit „Guten Morgen Österreich“ fährt der ORF nun mit voller Kraft in den Tag. Von 6 bis 9 Uhr werden Unterhaltung, Service, Information und Wissenswertes aus der jeweiligen Region geboten. „Wir sind bei allen Problemen ein tolles Land“, sagte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bei der Präsentation. „Es lohnt sich, jeden Tag aufzustehen, und das wollen wir in unserem Frühfernsehen zeigen.“

„Entscheidendes Plus an Aktualität“



TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher erläutert die Nachrichtenschiene, die wichtiger Teil des Frühfernsehens ist: „Drei Stunden früher mit Nachrichtensendungen zu beginnen, ist ein entscheidendes Plus an Aktualität, sechs Sendungen mehr ein Plus an Ausführlichkeit und Vielfalt, über das wir uns sehr freuen. Wir haben dafür ein kompetentes Team aufgestellt, die beiden neuen ‚ZiB‘-Präsentatorinnen Rosa Lyon und Gaby Konrad werden gekonnt durch die Frühnachrichten führen.“



Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer durfte die Vorstellung des Formats gemeinsam mit Wrabetz übernehmen. „Für uns und die Gemeinden ist das ein Tag der Freude“, so Mödlhammer unübersehbar euphorisch. „Wir sprechen von drei Stunden täglichem Programm aus Österreichs Gemeinden, das ist sensationell. Viele Gemeinden wissen schon davon und rennen uns die Türen ein, weil sie wissen wollen, wann sie drankommen.“

Mobiles Fernsehstudio



Abgewickelt wird jede Sendung aus einer Gemeinde mit Hilfe des mobilen „Guten Morgen Österreich“-Studios. In nur zwei Stunden Aufbauzeit ist das Wunderwerk sendefertig: Rund zehn Meter Länge, fünf Meter Breite, vier Meter Höhe, ca. 18 Tonnen Gesamtgewicht – das sind die technischen Daten des mobilen „Guten Morgen Österreich“-Studios, das genau genommen aus zwei Trailern besteht, die am jeweiligen Standort miteinander zu einem großen Studio verbunden werden. Der „Guten Morgen Österreich“-Crew steht dann ein 35 Quadratmeter großes Studio, ein rund sieben Quadratmeter großer Maskenraum und ein ebenfalls rund sieben Quadratmeter großer Technikraum zur Verfügung. Für Monate mit warmen Außentemperaturen lässt sich zusätzlich ein knapp fünf Quadratmeter großer „Balkon“ ausklappen, das Studiodach ist auf einer Fläche von 4,5 x 4,5 Metern voll begehbar. Die jeweilige Gemeinde hat – in Absprache mit dem Landesstudio und der Produktionscrew – nur die nötigen Flächen zur Verfügung zu stellen und die Crew so gut es geht zu unterstützen.



Das „Guten Morgen Österreich“-Studio wird am jeweiligen Standort aufgebaut.

Dreiminütiger Film über die Gemeinde



„Ein besonderes Zuckerl ist sicherlich auch, dass aus jeder Gemeinde ein dreiminütiger Film über eben diese Gemeinde gedreht wird“, so Mödlhammer. Dieser Film kann nachher erworben und für eigene Zwecke eingesetzt werden, wenn die Gemeinde das will. Kaufzwang besteht natürlich keiner.



„Wenn der ORF seine Zuseherinnen und Zuseher noch umfassender als bisher informiert und die Menschen dabei dort ‚abholt‘, wo sie leben, dann ist das ebenso begrüßens- wie unterstützenswert. Das Ziel, irgendwann einmal alle Gemeinden des Landes besucht zu haben, ist ein hoch gestecktes, aber wenn die ORF-Landesstudios mit der ORF-Zentrale gemeinsame Sache machen, dann kann so ein Vorhaben tatsächlich gelingen. Ich wünsche mir, dass ‚Guten Morgen Österreich‘ jenen Zuspruch bekommt, den dieses ambitionierte Projekt in jedem Fall verdient. Der ORF macht jetzt nicht nur für die Menschen, sondern mit den Menschen Programm und zeigt damit eindrucksvoll, dass der Slogan ,Wo ich daheim bin‘ auch umgesetzt wird.“



Für die Landesstudios ist das neue Format auch eine inhaltliche Aufwertung. Die „Bundesland Heute“-Sendungen zählen schon jetzt zum beliebtesten Content des Senders. „Die Stärke des ORF ist sicherlich die regionale Verwurzelung. Wenn dieser Teil ausgebaut wird, dann ist das für alle gut.“