Bagger bei der Arbeit
Verteilung nach dem Schlüssel des Gemeindepakets von 2017: Beispielsweise erhält die Gemeinde Sillian mit rund 2000 Einwohnern bis zu 200.000 Euro aus dem Paket, Hartberg mit rund 7000 Einwohnern bis zu 700.000 Euro, Steyr mit rund 40.000 Einwohnern viereinhalb Millionen Euro – und Wien mit rund zwei Millionen Einwohnern bis zu 238 Millionen Euro.
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Eine Milliarde für den Wirtschaftsmotor Gemeinden

Nach Unterstützungspaketen für die Wirtschaft, den Tourismus und die Kultur wurde Ende Mai das ersehnte und vom Österreichischen Gemeindebund lange geforderte Gemeindepaket präsentiert. Das Paket ist eine Milliarde Euro schwer. Es sieht eine 50-Prozent-Förderung bestehender wie künftiger Projekte vor und soll die Ausfälle bei den Ertragsanteilen und bei den Kommunalsteuereinnahmen abfedern.

Das frisch ausgehandelte „Gemeinde­investitionspaket 2020“ sieht vor, dass der Bund 50 Prozent von Investitionsprojekten übernimmt, wenn eine Finanzierung aufgrund der krisenbedingten Mindereinnahmen nicht mehr möglich ist. Die Mittel sollen etwa zur Modernisierung von Kindergärten und Schulen verwendet werden. Damit würden auch die regionale Wirtschaft belebt und Arbeitsplätze gesichert, so Bundeskanzler Sebastian Kurz bei der Präsentation.

Noch nie da gewesene Investition

Kurz nannte das eine Milliarde Euro schwere Gemeindepaket „eine noch nie da gewesene Investition“, mit der man die Gemeinden finanziell unterstützen, die regionale Wirtschaft beleben und Arbeitsplätze sichern wolle.

„Als Bundesregierung haben wir nach wie vor zwei Prioritäten, an denen wir auf Hochtouren arbeiten. Zum Ersten wollen wir die Ansteckungszahlen weiterhin niedrig halten und alles tun, um die weltweite Corona-Pandemie in Österreich bestmöglich unter Kontrolle zu halten und zu bewältigen. Zum Zweiten haben wir natürlich das Ziel, die Wirtschaft zu beleben und schnellstmöglich wieder hochzufahren, um möglichst viele Arbeitsplätze in unserem Land zu sichern. Gerade bei der regionalen Wirtschaft sind die Städte und Gemeinden besonders entscheidend.“

Präsentation des Hilfspakets für Gemeinden
Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, Finanzminister Gernot Blümel, Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer als aktueller Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz und Städtebund-Präsident Michael Ludwig (v. r. n. l.) präsentierten Ende Mai das ersehnte Gemeindeinvestitionspakte 2020–2021 zur Minderung der Auswirkungen des Corona-Shutdowns. Foto: BKA/Andy Wenzel

Die Wirtschaft zu beleben würde vor allem durch regionale Investitionen in den Regionen angepeilt. Kurz: „Eine Milliarde Euro wird vom Bund zu den Gemeinden fließen, um Projekte wie den Bau oder die Sanierung von Kindergärten, Schulen, Senioreneinrichtungen, Sportstätten und den Breitbandausbau zu unterstützen.“
Mit dem Paket würden die Gemeinden nicht nur finanziell unterstützt, man vereine damit gleichzeitig zwei Ziele: „Zum einen fördern wir die Modernisierung von Kindergärten, Schulen und vielem mehr. Das ist besonders für die Bevölkerung vor Ort relevant. Zum anderen beleben die Investitionen die regionale Wirtschaft und sichern Arbeitsplätze in einer Zeit der Krise“, so Kurz.

Gemeindepaket enthält ökologische Schwerpunkte

Auch Vizekanzler Werner Kogler bedankte sich bei allen Beteiligten für das „gut verhandelte Paket“, das „in seiner Dimension einmalig“ sei. Besonders erfreut zeigte sich der Grüne über die im Gemeindepaket enthaltenen ökologischen Schwerpunkte: „Mit der Ökologisierung des Gemeindepakets können wir auch dazu beitragen, die im Regierungsprogramm verankerten Klimaziele umso besser zu erreichen.“

Es sei in der jetzigen Situation besonders wichtig, die Investitionskraft der Gemeinden zu erhalten, denn die Kommunen seien wesentliche Auftraggeber für die regionale Wirtschaft. „Jeder hier investierte Euro ist deswegen gut angelegt“, so Kogler mit Verweis auf die „hohen Effekte“ für die regionale Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.

Mindestens 20 Prozent der Mittel sollen für ökologische Maßnahmen verwendet werden. Als Beispiele nannte Kogler mögliche Investitionen in den öffentlichen Verkehr, die Infrastruktur für das Laden von E-Fahrzeugen und die Sanierung von Gebäuden, die sich im Besitz der Gemeinden befinden. Damit sei es möglich, zwei Krisen auf einmal zu bekämpfen. Neben den zuletzt beschlossenen Geldern für Mobilität und Schutz von Gewässern sei das Gemeindepaket das dritte Paket in diese Richtung.

Unterstützung für bestehende und zukünftige Investitionen

Finanzminister Gernot Blümel bezeichnete das Gemeindepaket als einen „weiteren wesentlichen Baustein für den Wiederaufschwung“, denn auch die Gemeinden und Städte hätten deutliche Einkommensverluste durch die Coronakrise zu verkraften. Um den Kommunen in dieser „schwierigen Zeit“ die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen, sei dieses Investitionspaket geschnürt worden. „Wir unterstützen damit sowohl bestehende als auch zukünftige Investitionen mit bis zu 50 Prozent der Projektkosten“, erläuterte Blümel. Der förderbare Zeitraum reicht bis 31. Dezember 2021.

Gemeinden sind das Rückgrat der Republik

„In einer gemeinsamen Resolution mit den Präsidenten aller Landesverbände des Österreichischen Gemeindebundes haben wir das Paket vor etwa einem Monat als Investitionspaket gefordert, damit wir unsere Projekte umsetzen und die regionale Wirtschaft unterstützen können. Heute freuen wir uns über die Präsentation des Gemeindepakets in der Höhe von einer Milliarde Euro und sagen Danke an die Bundesregierung“, so Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.

In den letzten Wochen habe sich eines wieder deutlich gezeigt: „Die Gemeinden sind das Rückgrat der Republik und unserer Gesellschaft“, so Alfred Riedl. Daher hätten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gemeinden einen wesentlichen Anteil daran, dass die Krise so gut gemeistert und überstanden wurde, so Riedl. Allein im vergangenen Jahr haben die österreichischen Städte und Gemeinden nahezu drei Milliarden Euro in die lokale Wirtschaft investiert. „Damit wir uns auch jetzt nach der Krise wieder als größte öffentliche Investoren beweisen können, war das Unterstützungspaket für die Gemeinden dringend notwendig“, so Riedl.

Was wird gefördert?

Mit diesem frischen Geld für die Städte und Gemeinden können rund zwei Milliarden Euro an dringend notwendigen Investitionen ausgelöst werden. Konkret sollen mit dem Investitionspaket Instandhaltungen, Sanierungen und Investitionen auf kommunaler Ebene gefördert werden, die entweder von 1. Juni 2020 bis 31. Dezember 2021 begonnen werden oder bereits ab 1. Juni 2019 begonnen wurden, wenn die Finanzierung aufgrund der Corona-bedingten Mindereinnahmen nicht mehr möglich ist. Die Fertigstellung der Projekte muss bis 31. Jänner 2024 erfolgen.

„In den Verhandlungen haben wir aber auch durchgesetzt, dass nicht abgeholte Mittel jedenfalls über den Strukturfonds oder Bedarfszuweisungsmittel an die Gemeinden gehen“, stellt Alfred Riedl klar.

Zusätzlich zum Gemeindepaket für die Kommunen laufen weitere Förderschienen des Bundes und der Länder, wie etwa der Breitbandausbau, die Siedlungswasserwirtschaft (200 Millionen Euro) oder der Ausbau des öffentlichen Verkehrs (300 Millionen Euro).
„Mit all diesen Maßnahmen wollen wir uns aus dieser Krise herausinvestieren und den Wiederaufschwung gemeinsam schaffen“, so Riedl.

Kurzfristige Finanzhilfe fehlt

Leise Kritik übte der Präsident des Städtebundes, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, am Gesamtpaket: „Wir begrüßen das vom Bund beschlossene Investitionspaket. Doch zuvor muss der Einnahmenausfall von Städten und Gemeinden kompensiert werden, sonst bleibt das Investitionsprogramm unwirksam. Wir brauchen dringend eine kurzfristige Finanzhilfe, insbesondere um den Entfall der Kommunalsteuer auszugleichen“, meinte Ludwig.

Gemeindebund und Städtebund hatten im Vorfeld einen Rettungsschirm für Kommunen gefordert, um akute Liquiditätsprobleme zu lösen. Prognosen der beiden kommunalen Spitzenvertreterverbände sprachen demzufolge von zu erwartenden Mindereinnahmen und Mehrkosten von bis zu zwei Milliarden.

„Alle werden den Gürtel enger schnallen müssen“

Kanzler Kurz stellte in Folge dann klar, dass alle Gebietskörperschaften den Gürtel enger schnallen werden müssten. Nicht nur Bund und Länder, auch die Gemeinden würden demzufolge ihre geplanten Budgets nicht einhalten können. Aber Österreich als Ganzes sei so gut aufgestellt, dass eine günstige Kreditfinanzierung (über die OeBFA, die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur) in Sicht sei. Von den günstigen Konditionen des Bundes könnten auch alle anderen Ebenen des Staates profitieren. Nichtsdestotrotz, so der Kanzler, würden sich alle mehr verschulden müssen, um aus der Corona-Krise zu kommen.

Gerade was die Unterstützung von Abgangsgemeinden oder von Gemeinden mit Liquiditätsengpässen betreffe, seien auch die Bundesländer gefordert. Dabei geht es um neue Kassenkredit-Regelungen oder zusätzliche Förderungen für Gemeinden. Die meisten Bundesländer seien diesen Weg schon gegangen und hätten entsprechende Regelungen erlassen.

Nicht abgeholte Mittel bleiben bei den Gemeinden

In den Verhandlungen hat der Gemeindebund auch durchgesetzt, dass nicht abgeholte Mittel jedenfalls über den Strukturfonds oder Bedarfszuweisungsmittel an die Gemeinden gehen. Zusätzlich zum Gemeindepaket für die Kommunen laufen weitere Förderschienen des Bundes und der Länder, wie etwa der Breitbandausbau, die Siedlungswasserwirtschaft (200 Millionen Euro) oder der Ausbau des öffentlichen Verkehrs (300 Millionen Euro). „Mit all diesen Maßnahmen wollen wir uns aus dieser Krise herausinvestieren und den Wiederaufschwung gemeinsam schaffen“, so Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.

Anträge der Gemeinden nimmt wie schon beim KIG 2017 die Buchhaltungsagentur des Bundes entgegen: www.buchhaltungsagentur.gv.at

Was möglich ist

Zuschüsse sind für Neubauten, Sanierungen etc. in folgenden Bereichen möglich:

  • Kindertageseinrichtungen und Schulen
  • Einrichtungen für die Betreuung von Senioren und behinderten Personen
  • Barrierefreiheit
  • Sportstätten und Freizeitanlagen
  • Ortskern-Attraktivierung
  • Öffentlicher Verkehr (ohne Fahrzeuginvestitionen)
  • Schaffung von öffentlichem Wohnraum und Gemeinschaftsbüros
  • Sanierung (z. B. thermisch) und Errichtung von Gebäuden im Eigentum der Gemeinde
  • Energieeinsparungen und Straßenbeleuchtung
  • Photovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Dächern
  • Abfallentsorgungsanlagen und Abfallvermeidung
  • Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungseinrichtungen
  • Breitband-Ausbau
  • Ladeinfrastruktur für E-Mobilität

Erster Kassasturz im Herbst

Es handle sich um einen wesentlichen Baustein des „Comebackpakets“, sagte Finanzminister Gernot Blümel. Er verwies auf WIFO-Zahlen, wonach die Länder bei den Beitragsanteilen laut Prognose ein Minus von 7,3 Prozent gegenüber der ursprünglichen Planung zu verzeichnen hätten, die Gemeinden ein Minus von 6,8 Prozent. Im Herbst solle es einen ersten Kassasturz geben.

Mit den Mitteln aus dem Paket könnten bestehende sowie neue Investitionen mit bis zu 50 Prozent gefördert werden; der Förderzeitraum endet mit 31. Dezember 2021. Bei der Verteilung folge man dem Schlüssel des Gemeindepakets von 2017. Blümel nannte mehrere Beispiele: Die Gemeinde Sillian mit rund 2000 Einwohnern könne bis zu 200.000 Euro aus dem Paket erhalten, Hartberg mit rund 7000 Einwohnern bis zu 700.000 Euro, Steyr mit rund 40.000 Einwohnern viereinhalb Millionen Euro und Wien mit rund zwei Millionen Einwohnern bis zu 238 Millionen Euro.

Blümel erklärte auch, dass eine hundertprozentige Kompensation der Auswirkungen der Krise wohl nicht möglich sein werde – die Milliarde würde aber zumindest einen Großteil der Probleme abdecken.

Das merkte auch Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl an: „Eine Milliarde Euro sind nicht wenig, sondern viel.“ Das KDZ (Zentrum für Verwaltungsforschung) hatte den Einbruch der Wirtschaftsleistung um 7,5 Prozent im Vorfeld mit einem möglichen Einnahmenentfall von „bis zu zwei Milliarden Euro“ berechnet. „Wenn jetzt eine Milliarde Euro kommt von der Regierung, dann ist das nicht wenig, sondern viel. Die Summe ist beachtlich“, so der Gemeindebund-Chef.