Kommunale Finanzen
Düstere Aussichten in Europas Gemeinden
Nicht nur die österreichischen Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand, auch in Deutschland, Schweden, Lettland und Großbritannien ist die Situation mehr als angespannt.
In den Niederlanden wurden die Gemeinden durch die Wahlen gerettet, da eine von der Regierung Rutte auf den Weg gebrachte Mittelkürzung vorerst auf Eis liegt. Wenn die angedrohte Kürzung im Ausmaß von drei Milliarden Euro kommt, wird sich in den Niederlanden jedoch eine Investitionslücke von ca. 2,4 Milliarden pro Jahr auftun. Und das angesichts eines Wohnungsnotstands, mit landesweit fast 400.000 fehlenden Wohnungen.
In Deutschland gibt es einen kommunalen Investitionsrückstau von 166 Milliarden Euro, die notwendigsten Investitionen betreffen Schulen und Straßen. Da 2024 mit einem strukturellen Minus gerechnet wird, werden Investitionen weiter aufgeschoben, Infrastruktur wird vielerorts mehr schlecht als recht am Leben erhalten. Inflation und ein hoher Gehaltsabschluss im öffentlichen Dienst sind wie in Österreich weitere Kostentreiber im laufenden Betrieb.
Auch in Schweden herrscht Alarmstimmung. Ein Drittel der Gemeinden wird einen negativen Jahresabschluss vorlegen, Inflation, Löhne und Pensionen sind die größten Kostentreiber im laufenden Betrieb. Die Mehrheit der Gemeinden finanziert diesen über Rücklagen und versucht, Effizienzpotenziale zu nutzen. Dennoch wird es vielerorts nicht ohne Steuererhöhungen gehen. Die Bauwirtschaft steht vor dem Stillstand, aufgrund der explodierenden Kosten werden derzeit keine öffentlichen Bauprojekte geplant. Der Zentralstaat beteiligt sich auch in jenen Gemeinden nicht an Infrastrukturkosten, wo Großprojekte von europäischem Interesse (etwa Batteriefabriken) umgesetzt werden, was die Errichtung von Wohnraum, Schulen und Kindergärten gefährdet.
In Lettland kappte der Finanzausgleich die frei verfügbaren Zuweisungen, was selbst wohlhabende Gemeinden hart trifft. Staatlich verordneten Aufgaben sind latent unterfinanziert, als Beispiele wurden die verpflichtende Anschaffung von Elektrobussen oder die Erhöhung des Mindestlohns genannt.
Brexit-Versprechungen nicht bewahrheitet
Und selbst, wenn Großbritannien nicht mehr EU-Mitglied ist, zeigt ein Blick in die englischen Gemeinden, dass sich die Versprechungen des Brexit so gar nicht bewahrheitet haben. Mit den Gemeinden geht es seit der Regierung Cameron finanziell stetig bergab geht.
Birmingham erklärte sich Ende 2023 zahlungsunfähig, Nottingham folgte wenig später und ist nicht mehr in der Lage, die wichtigsten kommunalen Dienstleistungen zu finanzieren. Für dieses Jahr befürchten 50 Prozent der englischen Councils, ihren wichtigsten finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen zu können.