So interpretiert KI-Bildgenerierung das Thema Service mithilfe künstlicher Intelligenz. Das Bild wurde mit der KI-Anwendung midjourney.com generiert.

Digitalisierung

Die Zukunft der Bürgerdienste sind KI-fähige Gemeinden

Die Frage ist nicht, ob oder wie, die Frage ist, wann KI-gestützte Systeme oder Roboter die vielen Routinejobs übernehmen werden – die Art Jobs, die immer wiederkehrende Anfragen oder Abläufe in Verwaltungen, reproduktiven Abteilungen oder Serviceabteilungen betreffen. Der Hype um den Chatbot ChatGPT, der Ende vergangenen Jahres ausgebrochen ist, hat diese Erkenntnis nur bestärkt.

Es steht außer Frage, dass die Entwicklung künstlicher Intelligenz auch die Arbeit der Gemeinden stark beeinflussen wird. Beeinflussen ist vielleicht das falsche Wort, sie wird die Arbeit der Gemeinden möglicherweise revolutionieren.

Vor allem in der Verwaltung und der Abwicklung von Bürger-Anfragen haben Chatbots schon die ersten Schritte getan: Die Beantwortung von immer wiederkehrenden Fragen wie „Wo bekomme ich einen Gelben Sack?“ oder „Wann hat die Müllsammelstelle offen?“ wird jetzt schon und künftig immer mehr von KIs übernommen werden. Das ist aber nicht das einzige Einsatzgebiet. 

KI ist geduldiger als jeder Mitarbeiter

KI-Professor Josef „Sepp“ Hochreiter meint im Hintergrundgespräch, dass eine KI auch für komplexere Anfragen, etwa die Frage nach Hilfe beim Ausfüllen von Formularen für alle möglichen Verfahren, hilfreich sein kann. Auch das Beschwerdemanagement sieht er als Einsatzgebiet.

„Diese Systeme sind viel geduldiger als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nach 20 oder 30 Anfragen zum gleichen Fehler kann dann schon Ärger durchkommen, kann man sich denken: ,Bitte nicht schon wieder ich!‘ oder ,Wie blöd können Leute sein?‘ Diese Reaktionen können mit einer KI vermieden werden.“

Braun und Hochreiter
KOMMUNAL-Chefredakteur Hans Braun im Gespräch mit Sepp Hochreiter (via MS Teams).

Eine KI wäre nach Ansicht Hochreiters auch gut geeignet, wenn Formulare für eine Verwaltung ausgefüllt werden müssen. Oder Antworten auf Fragen wie „Wo muss ich hingehen?“, „Was sind die Vorgänge?“ gegeben werden müssen.

„Bis hin, dass mich ein Chatbot erinnert, dass ich etwas nachreichen muss oder dass Fristen einzuhalten sind. Oder dass bei Baugenehmigungen etwas zu regeln ist. Das sind meist komplexe Vorgänge, wo man sich erst durch die Verwaltung durcharbeiten muss. Wenn es Systeme gibt, die einem da zur Seite stehen und auch Beispiele zeigen, wie etwas auszufüllen ist und vielleicht auch die Telefonnummer parat haben, damit man anrufen kann, dann ist das hilfreich.“ 

In der Mobilität, beim Kampf gegen den Klimawandel, in der Bildung, beim Programmieren – die Liste an Einsatzgebieten für eine KI ist lang. Je länger der Hype um ChatGPT anhält, desto mehr werden Angebote für alle möglichen Einsatzgebiete aus dem Boden schießen. Nur wie wählt man die aus, die für einen geeignet ist?

Wie kann man als Anwender eine KI bewerten?

Die Bewertung einer KI hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ob sie in der Lage ist, die Aufgaben zu erfüllen, für die sie entwickelt wurde. Kundenanfragen beispielsweise sollten angemessen und zufriedenstellend beantwortet werden. Eine KI sollte auch in der Lage sein, genaue Ergebnisse zu liefern. Wenn es sich beispielsweise um Bilderkennung handelt, sollte eine KI in der Lage sein, Objekte richtig zu identifizieren – das wäre für den Einsatz etwa in Bauansuchen hilfreich. 

Geschwindigkeit ist ein weiterer wichtiger Faktor, insbesondere wenn es darum geht, komplexe Aufgaben zu erledigen. Für den User sollte eine KI auch einfach zu bedienen und zu verstehen sein. Und ganz wichtig: Eine KI sollte zuverlässig sein und keine unerwarteten Fehler aufweisen. 

Sepp Hochreiter arbeitet derzeit gemeinsam mit dem TÜV Austria an einem System, KI-Methoden zu zertifizieren. „Man kann nicht sagen, wie gut die KI ist, aber zumindest, dass sie richtig gemacht sind. Es geht darum, dass die Entwicklung der KI nach dem Stand der Technik richtig gemacht wurde, damit nicht ein Marktschreier etwas anbietet, wo nichts dahinter steckt. Das Um und Auf ist, dass ausreichend Daten verwendet werden – und zwar jene Daten, die man braucht, um die Aufgaben auch zu lösen.“

Es gibt mittlerweile genügend ­Beispiele, welche Fehler wie entstanden sind. Der „Spiegel“-Bestseller „Klick – Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen“ von Gero Giegenzer ist eine gute und informative Quelle. Beispielsweise gibt der „Texanische Scharfschütze“ einen Einblicke, worauf KI-Entwickler aufpassen und was User beachten sollten. Für die Beurteilung einer KI vor einem Einsatz in einem so sensiblen Bereich wie einer Gemeindeverwaltung ist das Wissen, wie und mit welchen Daten sie trainiert wurde, ganz wesentlich.

Aufgaben für die KI

Aber gehen wir einmal davon aus, dass eine KI bestmöglich auf ihre Aufgabe vorbereitet wurde. Welche Aufgaben in Gemeinden könnten denn das sein?

  • Automatisierung von Büroaufgaben: Durch die Verwendung von KI-Systemen können Aufgaben wie Dateneingabe, Dokumentenkategorisierung und E-Mail-Management automatisiert werden. Ein Beispiel wäre die Verwendung von KI-Systemen zur Automatisierung von Dokumentenklassifizierung, indem Dokumente automatisch nach Inhaltsstoffen und Schlüsselwörtern kategorisiert werden.
     
  • Verwaltung von Bürgerserviceanfragen: KI-Systeme werden bereits eingesetzt, um Anfragen von Bürgern schneller und effizienter zu bearbeiten. Hierbei beantworten Chatbots Bürgeranfragen automatisch und leiten Probleme gegebenenfalls an die richtige Stelle weiter. Das wird im Übrigen schon verbreitet angewendet, etwa wenn Sie bei einer Urlaubsbuchung Fragen haben und über die betreffende Website um Hilfe anfragen: Die Antworten kommen in der Regel von Chatbots und solche Chatbots sind auch für Gemeinden einsetzbar. 
     
  • Überwachung und Analyse von Finanzen: KI-Systeme können verwendet werden, um Finanzdaten zu überwachen, zu analysieren und zu berichten. Hierbei kann ein KI-System Finanzdaten aus verschiedenen Quellen sammeln, analysieren und Trends und Muster erkennen, um Entscheidungen über Budgetfragen und Steuerungsmaßnahmen zu unterstützen.
     
  • Verwaltung von Baumaßnahmen und Infrastrukturprojekten: KI-Systeme können eingesetzt werden, um den Fortschritt von Baumaßnahmen und Infrastrukturprojekten zu überwachen und zu berichten. Hierbei kann ein KI-System Daten aus verschiedenen Quellen wie Überwachungskameras, Sensoren und Projektmanagement-Tools sammeln und analysieren, um den Fortschritt von Projekten zu überwachen und zu berichten.
     
  • Vorhersage von Verkehr und Parkbedarf: KI-Systeme können verwendet werden, um Verkehrsströme und Parkbedarf in einer Stadt vorherzusagen und Verkehr und Parkplatzmanagement zu verbessern. Hierbei kann ein KI-System Daten aus Verkehrssensoren, GPS-Daten von Fahrzeugen und Handys und öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Parkplatzdaten sammeln und analysieren, um Verkehrsströme und Parkbedarf vorherzusagen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
     
  • Vorhersage von Wartungsbedarf: KI-Systeme können verwendet werden, um den Bedarf an Wartungsarbeiten für öffentliche Einrichtungen und Infrastruktur vorherzusagen. Dabei kann ein KI-System Daten aus Sensoren und Überwachungssystemen sammeln und analysieren, um Trends und Muster zu erkennen und den Bedarf an Wartungsarbeiten vorherzusagen.
     
  • Verwaltung von Katastrophenereignissen: KI-Systeme können eingesetzt werden, um Katastrophenereignisse wie Überschwemmungen, Brände und Erdbeben zu überwachen und zu bewerten. Hierbei kann ein KI-System Daten aus Überwachungssystemen, Wetterdaten und sozialen Medien sammeln und analysieren, um schnelle und effiziente Entscheidungen im Falle einer Katastrophe zu treffen.
     
  • Öffentliche Sicherheit: KI-Systeme können eingesetzt werden, um die öffentliche Sicherheit durch Überwachung von öffentlichen Plätzen, Ereignissen und kritischen Infrastrukturen zu verbessern. Hierbei kann ein KI-System Daten aus Überwachungskameras, Sensoren und Alarmierungssystemen sammeln und analysieren, um frühzeitig Gefahren zu erkennen und angemessen zu reagieren.
     
  • Energie- und Ressourcenmanagement: KI-Systeme können eingesetzt werden, um Energie- und Ressourceneffizienz in öffentlichen Gebäuden und Infrastrukturen zu verbessern. Hierbei kann ein KI-System Daten aus Energieüberwachungssystemen und Ressourcenmanagement-Systemen sammeln und analysieren, um Einsparungen zu erzielen und die Effizienz zu verbessern.
     
  • Gesundheitswesen: KI-Systeme können eingesetzt werden, um die Gesundheitsversorgung in lokalen Gemeinden zu verbessern. Hierbei kann ein KI-System Daten aus elektronischen Patientenakten und Überwachungssystemen sammeln und analysieren, um frühzeitig Gesundheitsprobleme zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
     
  • Bildung: KI-Systeme können eingesetzt werden, um Bildung in lokalen Gemeinden zu verbessern. Hierbei kann ein KI-System Daten aus Schulmanagement-Systemen und Lernmanagement-Systemen sammeln und analysieren, um Schüler- und Lehrerleistung zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
     
  • Umweltüberwachung und Abfallmanagement: KI-Systeme können eingesetzt werden, um die Umweltqualität in lokalen Gemeinden zu überwachen und zu verbessern. Hierbei kann ein KI-System Daten aus Überwachungssystemen für Luft- und Wasserqualität sammeln und analysieren, um frühzeitig auf Probleme aufmerksam zu machen. KI-Systeme können auch die Müllsammelrouten optimieren, indem sie Daten über die Abfallproduktion und die Standorte der Mülltonnen nutzen.

Alle diese Anwendungsbereiche sind nicht für alle lokalen Verwaltungen geeignet oder erforderlich, aber sie zeigen die Vielseitigkeit und die Einsatzmöglichkeiten von KI in lokalen Verwaltungen. Ob eine bestimmte Anwendung erfolgreich sein wird, hängt von vielen Faktoren wie den lokalen Bedürfnissen, den verfügbaren Ressourcen und den Zielen der Verwaltung ab. Es ist wichtig, dass jede lokale Verwaltung ihre eigenen Anforderungen sorgfältig untersucht, bevor sie beschließt, eine  KI einzusetzen. 

Allerdings ist gerade hier auch zu sagen, dass die Verwendung von Daten aus Überwachungskameras, Handys und so weiter bei uns ein heikles Thema ist, nicht nur aus Datenschutzgründen, sondern auch aus unserer Geschichte. Unsere Erfahrungen als Gesellschaft mit „Überwachungsstaaten“ sind zwar schon rund 90 Jahre her, dürften aber immer noch im Unbewussten präsent sein.

Wenn man hier einwendet, dass wir über unser Surf-Verhalten im Internet und die exzessive Nutzung der Handys sowie schon fast alle Daten preisgeben, dann geschieht das einem sehr weit entfernten Unternehmen irgendwo an der Westküste eines anderen Kontinents gegenüber und nicht einer sehr nahe liegenden Behörde. Was nach Ansicht Hochreiters einen Unterschied macht.

Hollywood schürt Ängste

Ein weiterer Punkt: Geht man der oft irrationale Angst vor KIs nach, landet man überdurchschnittlich häufig bei einem Hollywood-Film. Diese Science-Fiction-Filme stellen KI immer als „dem Menschen (deutlich) überlegen“ dar – ein weiterer möglicher Grund für die Ablehnung gegenüber künstlicher Intelligenz.

Meistens wird allerdings darauf vergessen, dass diese Filme Fiktion, also „nur in der Vorstellung existent“ sind. Und das wird noch sehr lange so bleiben, denn alle diese „bösen KIs“ verfügen über menschliche Emotionen und eine vollständige Autonomie, um Entscheidungen auf äußerst hohem Niveau treffen zu können.

Anforderungen einer lokalen Verwaltung für den Einsatz von KI

Gemeindeverwaltungen müssten vor einem Einsatz von KI folgende Kriterien beachten und beantworten:

  1. Ziele: Was möchte die Verwaltung mit dem Einsatz von KI erreichen? Dies kann die Optimierung von Geschäftsprozessen, die Verbesserung der Dienstleistungen für die Bürger oder die Überwachung von öffentlichen Sicherheitsthemen sein.
     
  2. Ressourcen: Welche Ressourcen sind verfügbar, um den Einsatz von KI zu unterstützen? Dies umfasst sowohl finanzielle Mittel als auch Personalressourcen wie Datenwissenschaftler, IT-Spezialisten und Projektmanager.
     
  3. Daten: Welche Daten stehen für den Einsatz von KI zur Verfügung? Dies umfasst sowohl die Menge und Qualität der Daten als auch die Fähigkeit, diese Daten effektiv zu sammeln, zu bereinigen und zu analysieren.
     
  4. Rechtliche Überlegungen: Welche rechtlichen Überlegungen müssen bei der Verwendung von KI-Systemen berücksichtigt werden? Dies umfasst Datenschutzgesetze, Datensicherheit und ethische Überlegungen bezüglich der Verwendung von KI.
     
  5. Technische Anforderungen: Welche technischen Anforderungen müssen für den Einsatz von KI erfüllt sein? Dies umfasst die Verfügbarkeit von Hardware, Software und Netzwerken sowie die Fähigkeit, KI-Systeme effektiv zu implementieren und zu integrieren.

Indem eine Gemeindeverwaltung diese Kriterien sorgfältig untersucht, kann sie entscheiden, ob die Unterstützung einer KI eine sinnvolle Lösung für ihre Anforderungen ist, und kann beginnen, den Einsatz von KI zu planen. Ist das einmal geklärt, kommt die Frage nach der Finanzierbarkeit. Eine mittelgroße Gemeinde oder eine kleine Stadt könnten ihre KI-Projekte auf verschiedene Weise finanzieren, einschließlich:

  1. Öffentliche Mittel, wie etwa staatliche Förderprogramme, können eine wichtige Finanzierungsquelle für KI-Projekte in lokalen Verwaltungen sein.
  2. Partnerschaften mit privaten Unternehmen: Es kann vorteilhaft sein, Partnerschaften mit privaten Unternehmen einzugehen, die bereits Erfahrung im Bereich KI haben. Die Finanzierung kann in Form von Sponsoring, Joint Ventures oder PPP-Modellen erfolgen.
  3. Investitionen aus der Wirtschaft: Lokale Unternehmen können ein Interesse daran haben, in KI-Projekte zu investieren, um ihre Geschäfte und die Entwicklung ihrer Gemeinde zu fördern.
  4. Crowdfunding-Kampagnen können eine weitere Möglichkeit sein, Finanzierung für KI-Projekte aus der Bevölkerung zu gewinnen.
  5. Kreditaufnahme: Eine lokale Verwaltung kann einen Kredit aufnehmen, um KI-Projekte zu finanzieren. Es ist jedoch wichtig zu berücksichtigen, dass eine Kreditaufnahme langfristige Verpflichtungen mit sich bringt und sorgfältig überdacht werden sollte.

Hier sind einige Beispiele für KI-Lösungen mit Namen nach Einsatzmöglichkeit:

  • Dokumentenmanagement: Adobe Sign, ­DocuSign, HelloSign
  • Überwachung von Verkehr und Verkehrs­sicherheit: TrafficVision, Vioso, Anystream
  • Steuerung von Energieressourcen: AutoGrid, Bidgely, FluxVision
  • Prognose und Vorhersage: IBM Watson Studio, Google Cloud AI Platform, Microsoft Azure Machine Learning
  • Kundenservice: H2O.ai, Salesforce Einstein, Zendesk Sunshine

Zum Schluss eine Klarstellung: Der meiste Text dieses Beitrags wurde recherchiert und verfasst, aber die Aufzählung, welche Aufgaben einer Gemeinde von KIs zumindest teilweise übernommen werden könnten, stammt von – ja richtig, von ChatGPT. Auch die namentliche Nennung von KI-Lösungen stammt von der KI.

Und noch ein Wort zur Angst vor KIs wegen des befürchteten Verlusts des Arbeitsplatzes: „KIs verdrängen keine Menschen, aber Menschen, die KIs nutzen, werden Menschen, die das nicht tun, künftig verdrängen.“ Zu Beginn haben wir Jobs aufgezählt, wo KIs hineindrängen werden, aber andere menschliche Fähigkeiten wie soziale Kompetenz, Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten bleiben sehr wichtig und werden in einigen Fällen sogar viel wichtiger sein als die Fähigkeit, KIs zu nutzen.