Franz Haugensteiner
Franz Haugensteiner: „Wir fordern eine gezieltere Ausgestaltung von Förderungen seitens der EU zugunsten unserer Ge-meinden.“
© Jürg Christandl

Bundesfachtagung des FLGÖ

Die Kosten der Finanzierung und ihre Auswirkungen auf kommunale Projekte

In Zeiten steigender Zinsen und unklarer Fördermittelentwicklung stehen kommunale Projekte vor wachsenden Herausforderungen. FLGÖ-Obmann Franz Haugensteiner warf einen Blick auf die Finanzierung eines Primärversorgungszentrums in Purgstall und verdeutlichte die Schwierigkeiten, mit denen Gemeinden konfrontiert sind.

Eine wesentliche Erkenntnis, die in den letzten beiden Jahren deutlich zutage getreten ist, betrifft, so Haugensteiner, die steigenden Kosten für Geld in Form von Zinsen. Insbesondere der 3-Monats-Euribor sei ein Indikator, der diese Entwicklung verdeutlicht. Anfang 2021 und 2022 lag er noch bei minus 0,56 Prozent, doch innerhalb eines Jahres stieg er auf 3,9 Prozent an und verharrt seitdem auf diesem Niveau.

Dies hat direkte Auswirkungen auf kommunale Projekte, wie das Beispiel aus der Marktgemeinde Purgstall verdeutlicht. Dort wurde in den Jahren 2021 und 2022 ein Primärversorgungszentrum (PVZ) errichtet, um der prekären ärztlichen Versorgung im Erlauftal entgegenzutreten. Die Investitionssumme betrug mehr als 2,7 Millionen Euro, und das PVZ wurde gemäß den Vereinbarungen mit den Ärzten vollständig ausgestattet.

Ursprünglich war eine Förderung von 90 Prozent der Investitionssumme in Aussicht gestellt worden. Diese wurde jedoch durch den österreichischen Aufbau- und Resilienzfonds ersetzt, der im Zeitraum von 2020 bis 2026 Mittel der Europäischen Union verwaltet. Obwohl für Gesundheit, Soziales und Digitales insgesamt 125 Millionen Euro für Österreich zur Verfügung stehen, waren davon 100 Millionen für die Primärversorgung vorgesehen.

Fördermittel nicht wie erwartet bereitgestellt

„Trotz mündlicher Zusagen und der dringenden Notwendigkeit des Projekts wurden die Fördermittel nicht wie erwartet bereitgestellt“, so Haugensteiner. Eine Rahmenrichtlinie zur Vergabe von Förderungen trat erst am 1. Februar 2022 in Kraft, was zu Verzögerungen und Unsicherheiten führte. Die komplexen Zuständigkeiten und unterschiedlichen Interessen im Gesundheitsbereich erschwerten eine zielgerichtete Umsetzung.

Das PVZ Purgstall konnte schließlich durch eine Finanzierung mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einem Zinssatz von unter einem Prozent gesichert werden. Eine Nettomiete von 13,20 Euro pro Quadratmeter war dadurch möglich, während bei einem höheren Zinssatz eine Nettomiete von über 19 Euro untragbar gewesen wäre.

Trotz dieser Herausforderungen beschäftigt das PVZ Purgstall heute 31 Mitarbeiter, darunter sechs Ärzte und einen Kinderarzt. Aufgrund des großen Zulaufs musste die Fläche bereits während der Bauphase erweitert werden, und seit der Eröffnung vor elf Monaten wurden weitere Flächen erworben und ausgebaut. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich mittlerweile auf rund vier Millionen Euro, ohne wesentliche Fördermittel.

Haugensteiner: „In Anbetracht dieser Erfahrungen fordert der FLGÖ eine gezieltere Ausgestaltung von Förderungen seitens der EU zugunsten unserer Gemeinden. Die Bereitstellung von Fördermitteln sollte nicht nur ein Lippenbekenntnis sein, sondern konkret umgesetzt werden, um die dringend benötigten Projekte in den Gemeinden zu unterstützen.“

Er gab auch einen Ausblick auf das KWF, das sich unter anderen neben Finanzen mit Themen wie dem Fachkräftemangel und der Personalbewirtschaftung beschäftigt. Auch da geht es dem FLGÖ nicht nur darum, die richtigen Mitarbeiter zu finden, sondern auch darum, diese langfristig zu binden.

„Dabei spielen Aspekte wie das Image des Arbeitgebers, klare Identitäten und flexible Arbeitsmodelle eine entscheidende Rolle“, präzisiert Haugensteiner. In Workshops und Vorträgen diskutieren die Teilnehmer am Kommunalwirtschaftsforum Lösungsansätze, die sowohl die menschlichen als auch die technologischen Potenziale berücksichtigen.