Österreichische Politiker auf einem Gruppenfoto
Zufriedene Gesichter bei den FAG-Verhandlern bei der Unterzeichnung des Paktums.
Foto: BMF

Das Ergebnis ist zufriedenstellend

Die politische Vereinbarung – das Paktum – zum Finanzausgleich 2017 bis 2021 wurde am 7. November 2016 unterzeichnet. Das Ergebnis kann sich angesichts der Vorgeschichte durchaus sehen lassen. Aber durch die umfangreichen Reformen bei der Ermittlung der Gemeindeertragsanteile gibt es jedoch auf Landesebene nun Handlungsbedarf.

Nach 18 Monaten Verhandlungen, die über lange Strecken von (zu) hohen Erwartungen und wenig Kompromissbereitschaft geprägt waren, konnte nach einem sonntäglichen Verhandlungsmarathon am Montag, 7. November 2016 die Einigung über die letzten, vor allem finanziellen Punkte des Paktums verkündet werden. Die Vertreter des Bundes, der Länder sowie des Gemeindebundes und des Städtebundes unterzeichneten das Paktum zum Finanzausgleich 2017 bis 2021. Derzeit wird diese „paktierte Gesetzgebung“ sozusagen in das Finanzausgleichsgesetz 2017 gegossen, welches Mitte Dezember im Nationalrat beschlossen werden wird.



Die Änderungen sind mannigfach: Es beginnt mit dem sogenannten „Einstieg in den Umstieg“ (© BMF), womit die Absicht der Finanzausgleichspartner gemeint ist, ab 2018 beziehungsweise 2019 Teile der Länder- und Gemeindeertragsanteile nach aufgabenorientierten statistischen Schlüsseln im Zusammenhang mit Kinderbetreuung (bis Sechsjährige) und Schulen (Sechs- bis 15jährige) zu verteilen. Über weitere politische Zielsetzungen wie die Einrichtung eines Benchmarking-Systems für Effizienzvergleiche zwischen den Gebietskörperschaften (Gemeinden innerhalb eines Bundeslandes) gehen die Neuerungen bis hin zu den mit 1. Jänner 2017 in Kraft tretenden Änderungen, die sich auch im Gemeindehaushalt niederschlagen. Vor allem mit Blick auf die Umlagen ist sehr positiv auf die Weiterführung des künftig noch strengeren Ausgabendämpfungspfads im Gesundheitsbereich (3,6 sukzessive absteigend auf 3,2 Prozent) zu verweisen. Und es gibt künftig auch in der Pflege (der vereinbarte Umlagen-Zuwachsdeckel in Höhe von 4,6 Prozent kann nicht einseitig vom Land gelockert werden) zusätzliche Mittel des Bundes in Höhe von insgesamt 111 Millionen Euro, da die 350 Millionen des Pflegefonds 2018 bis 2021 jährlich mit 4,5 Prozent valorisiert werden. Darüber hinaus konnte in den Verhandlungen erreicht werden, dass der Bund und die Länder weiterhin an der solidarischen Finanzierung der Siedlungswasserwirtschaft teilnehmen (der Neuzusage-Rahmen beträgt 80 Millionen Euro pro Jahr).

Reform der Grundsteuer geplant



Ein wichtiger (Teil)Erfolg ist der kommunalen Ebene damit gelungen, dass sich im Vereinbarungstext folgender Wortlaut finden: Die „Arbeitsgruppe „Grundsteuer“ […] hat bis Mitte des Jahres 2017 […] eine Stärkung der Abgabenautonomie der Gemeinden durch eine Reform der Grundsteuer vorzubereiten.“ Hier ist zu ergänzen, dass der Finanzminister jedoch zwei Bedingungen stellt, um einen Gesetzesvorschlag vorzulegen: Die politische Verantwortung für eine Steuererhöhung liegt bei den Gemeinden und sie vollziehen diese Abgabe selbst. Zu ersterer ist zu sagen, dass die Gemeinden mit Abgabenautonomie umgehen können, zu zweiterer, das die Arbeitsgruppe bereits in intensive Gespräche eingetreten ist, um eine möglichst einfache und effiziente Bemessungsgrundlage für kleine wie große Gemeinden zu entwickeln.

Zusammen mit den in der Folge noch näher dargestellten „frischen Mitteln“ stehen für die 2100 österreichischen Gemeinden in dieser Finanzausgleichsperiode alles in allem jährlich zusätzliche Mittel in Höhe von rund 130 Millionen Euro zur Verfügung. Wenn man bedenkt, wie die Aufgaben und Herausforderungen für Gemeinden in den vergangenen Jahren gestiegen sind, nimmt sich dieser Erfolg bescheiden aus. Wenn man aber miteinbezieht, dass diese zusätzlichen Mittel in hohem Ausmaß an struktur- und finanzschwache Gemeinden gehen werden und der Finanzminister bis zuletzt keinen Cent aus dem Finanzausgleich abgeben wollte, kann man schon zufrieden sein. Der Finanzausgleich ist nun einmal der größte Kompromiss Österreichs.

Umfangreiche Änderungen bei den Ertragsanteilen



Noch im Sommer wollte der Bund sämtliche Verteilungsregeln bei den Ertragsanteilen des aktuellen Finanzausgleichsgesetzes durch statistische aufgabenorientierte Schlüssel ergänzt um einen Einwohnerindikator ersetzen, was zu massivsten Verschiebungen zwischen den länder- und gemeindeweisen Ertragsanteilen geführt hätte. Nachdem der Bund doch von diesem Radikalmodell Abstand genommen hat, lag sein Fokus auf einer umfassenden Bereinigung des FAG von seinen Detailregelungen. Da die Länder und Gemeindebünde hier sehr große Kompromissbereitschaft zeigten, kommt es ab 1. Jänner 2017 zu umfangreichen Änderungen bei den Ertragsanteilen:


  • 1. Schritt - Vertikale Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben in Höhe von rund 77 Milliarden Euro auf Bund, Länder und Gemeinden. Unter den diversen Vereinfachungen, ist als betragsmäßig für die Gemeinden bedeutendste, der Wegfall der bisherigen Finanzierungsregelung des EU-Beitrags zu nennen. Den Gemeinden werden hierfür künftig keine Ertragsanteile mehr abgezogen, ihren Anteil übernimmt der Bund, gleichzeitig wird jedoch der Anteil der Gemeinden beim allgemeinen Abgabenschlüssel gekürzt: Dieser wird 2017 11,848 und ab 2018 11,846 Prozent betragen. Insgesamt werden alle Änderungen im Jahr der Umstellung auf Basis der 2016er Zahlen neutralisiert, sodass sich durch die Vereinfachungen die Relation der Mittelzuteilung an Bund, Länder und Gemeinden nicht ändert. Eigentlich hieße es nicht spürbar ändert, da sich etwa durch die Umwandlung eines bisher fixen Betrages in einen Prozentsatz einer Abgabe immer eine gewisse Dynamik entwickelt.

  • 2. Schritt – Bei der Bildung der Ländertöpfe findet eine Reihe bedeutender Vereinfachungen statt: So entfallen etwa die auf mittlerweile historischen Abgabenaufkommen basierenden Verteilungsschlüssel (Getränkesteuer- und Werbesteuerausgleich) - nicht zuletzt aufgrund ihrer latenten Verfassungswidrigkeit. Auch auf dieser horizontalen Ebene sorgt eine länderweise Neutralisierung (durch Anpassung des jeweiligen Fix-Schlüssels) dafür, dass zum Beispiel die ehemaligen Mittel des Getränkesteuerausgleichs auch im jeweiligen Bundesland bleiben.

  • 3. Schritt – Die mit Abstand umfangreichsten Änderungen finden bei der gemeindeweisen Verteilung der Ertragsanteile statt. Aus Platzgründen sei vermerkt, dass im Endeffekt sämtliche Detailregelungen (zum Beispiel die gemeindeweisen Getränkesteuerausgleichsmittel oder der sogenannte Unterschiedsbetrag des landesinternen Finanzkraft-Finanzbedarfsausgleichs) wegfallen, sodass lediglich folgende Schlüssel verbleiben:

    − Größenklassenweise Fixbeträge je Einwohner (diese werden im Zuge der Reform angepasst, sodass es dadurch zu keinen Verschiebungen zwischen der Größenklassen kommt),

    − Vorausanteil von 90 Cent je Nächtigung (ein wesentliches Kriterium, um den Wegfall des Getränkesteuerausgleichs teilweise auszugleichen sowie

    − der abgestufte Bevölkerungsschlüssel (aBS), bei dem der Städtebund jegliche Abflachung ablehnte, selbst wenn den Städten die Mindereinnahmen abgegolten worden wären.

    − Da diese drei Schlüssel es aber nicht vermögen, die erfolgten Vereinfachungen ansatzweise verwerfungsfrei zu ersetzen, wurde ein neuer Mechanismus eingefügt, die sogenannte „Dynamik-Garantie“. (siehe auch Kasten nächste Seite)






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Schwieriges Umstellungsjahr 2017



Wie sich auch aus Tabelle 1 „Entwicklung der Gemeindeertragsanteile 2016 auf 2017“ ergibt, ist das heurige Jahr 2016 wesentlich erfreulicher als prognostiziert gelaufen (+ 243 Millionen Euro v.a. wegen den Vorzieheffekten der Steuerreform), und der vorläufige Erfolg 2016 ist praktisch ident mit der Prognose für 2017. Der Vergleich der aktuellen Ist-Daten 2016 mit der Prognose für 2017 führt damit auch unabhängig von den kommenden FAG-Änderungen zu einem unerfreulichen Ergebnis.

Das Bild wird sich durch die zur Prognose 2017 hinzukommenden frischen jährlichen Mittel aus den Finanzausgleichsverhandlungen (insgesamt knapp 113 Millionen Euro für die Gemeindeebene) und ebenso durch das vom Finanzministerium für die Jahr 2018 bis 2020 erwartete jährliche Wachstum der Ertragsanteile im Bereich von vier Prozent etwas verbessern. Insgesamt hat man wohl, wie auch ein Spitzenbeamter des Finanzministeriums einräumte, den Gesamteffekt dieser Schlüsselbereinigungen auf Gemeindeebene etwas unterschätzt.



ertragsanteile

Änderungsbedarf auf Länderebene



Zwar mildert die Dynamik-Garantie den Effekt des Wegfalls einer Schlüsselzuweisung wie etwa des Unterschiedsbetrags auf den Finanzbedarf deutlich ab, dennoch ergeben sich Verschiebungen, da die Dynamik ja nicht zu 100 Prozent garantiert wird. Im gegenständlichen Fall verlieren somit finanzschwache Gemeinden einen Teil Ihrer Einnahmen aus dem Finanzausgleich, was generell nicht sachgerecht ist und schon gar nicht, wenn die Reform eigentlich nur dem Zweck dient, die Komplexität des Finanzausgleichsgesetzes zu reduzieren bzw. historische Schlüssel, die vielleicht der nächsten Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht mehr standhalten würden, zu ersetzen. Sowohl auf vertikaler (Bund/Länder/Gemeinden) als auch horizontaler (Ländertöpfe im Verhältnis zueinander) und gemeindegrößenklassenweiser Ebene wurden reformbedingte Verschiebungen neutralisiert, nicht jedoch innerhalb der einzelnen Größenklassen. Mittlerweile laufen innerhalb der Länder hier bereits einige Initiativen, diese unerwünschten Verschiebungen, die sich vor allem in der Größenklasse bis 10.000 Einwohner abspielen, durch entsprechende Anpassungen von landesrechtlichen Finanzkraftregelungen (z.B. bei der Landesumlage) wieder rückgängig zu machen. Aber nicht nur hier gibt es durch den kommenden Finanzausgleich neuen Regelungsbedarf auf Landesebene:

Überführung der § 21 Mittel in die Gemeindebedarfszuweisungsmittel



Ein weiteres Thema, dass die Länder und die lokalen Gemeindebünde in den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen wird, ist die Umsetzung der Überführung der ehemaligen § 21 FAG-Mittel (Finanzkraftausgleich) in die BZ-Mittel, die damit ausgeweitet werden. Ab 1.1.2017 sollen zumindest 15 Prozent und ab 1.1.2020 zumindest 20 Prozent der nun erweiterten Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel für nachfolgende drei Bereiche verwendet werden:


  • Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ),

  • Unterstützung von strukturschwachen

    Gemeinden sowie

  • Förderung von Gemeindezusammenlegungen (bisher schon im § 21 vorgesehen).






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Da die vorhandenen bundesgesetzlichen Finanzkraftausgleichsregelungen (Unterschiedsbetrag sowie § 21) nun im Finanzausgleichsgesetz wegfallen werden,


  • soll ein landesinterner Finanzkraftausgleich zwischen den Gemeinden geschaffen werden, der mit den anderen landesrechtlichen Finanzkraftregelungen (für die Umlagen) entsprechend abgestimmt sein soll.

  • Die verbleibenden Mittel (weiterhin der Großteil der BZ-Mittel) gehen wie bisher als Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände.






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Insgesamt ergibt sich aus dieser Neuregelung aber auch hier einiger Handlungsbedarf für die Länder und deren Gemeindeabteilungen (Änderung der Richtlinien etc.), die hoffentlich – schon wie bisher – in gutem Einvernehmen mit den Landesorganisationen von Gemeindebund und Städtebund erfolgen werden.

Frisches Geld für die Gemeinden



Dass der Finanzminister rund 18 Stunden vor Unterzeichnung des Paktums zum Finanzausgleich 2017-2021 frisches Geld auf den Tisch gelegt hat, machte den Weg frei, dass am Montagmittag (7.11.) die Verhandlungseinigung verkündet werden konnte. Denn bis dahin waren noch einige Verhandlungspunkte offen, die ohne zusätzliche Mittel kaum gelöst hätten werden können. Das Paktum sieht hier folgende neue Mittel für die Länder und Gemeinden vor:


  • „Einmalig 125 Mio. Euro (70/30 für Länder und Gemeinden) zur Bewältigung der besonderen Aufwendungen aus Migration und Integration. Damit sind sämtliche Ansprüche aus diesem Zusammenhang abgegolten.“ Länder und Gemeinden haben in diesem Zusammenhang auf folgenden Wortlaut in den Erläuterungen zum FAG 2017 gedrängt: „Bei einer Flüchtlingswelle, die mit der im Jahr 2015 vergleichbar ist, werden zwischen den Finanzausgleichspartnern wiederum Gespräche über die Auswirkungen auf den Finanzausgleich zu führen sein.“

    Die Aufteilung des Gemeindeanteils von 37,5 Millionen Euro in diesem pauschalen Kostenersatz des Bundes wird sich voraussichtlich an der gemeindeweisen Verteilung der Flüchtlinge orientieren, die Mittel werden Anfang Juli 2017 an die Gemeinden fließen.

  • „Zur Sicherstellung einer nachhaltigen Haushaltsführung wie unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Soziales erhalten die Länder und Gemeinden 300 Mio. Euro jährlich. […] Die 300 Millionen Euro stehen auch für die horizontalen Ausgleichsbedürfnisse zur Verfügung. Länder und Gemeinden schließen eine eigene Vereinbarung über die Verteilung dieser Mittel.“ Für die Gemeinden stehen aus diesen (nicht valorisierten) Mitteln jährlich insgesamt 112,86 Millionen Euro zur Verfügung, nachdem von Länderseite bzw. von Wien noch Mittel in Höhe von 1,1 bzw. sechs Millionen Euro ergänzt wurden. Der Österreichisch Gemeindebund und der Österreichische Städtebund haben sich darauf verständigt, dass von diesen Mittel 60 Millionen Euro pro Jahr für einen Strukturfonds verwendet werden, „der vor allem bevölkerungsabwanderungsbetroffenen und finanzschwachen Gemeinden und Städten zugutekommen soll.“ Die verbleibenden Mittel in Höhe von 52,86 Millionen werden voraussichtlich nach aBS verteilt werden.

    Tabelle 2 „Jährlicher Fixbetrag von 52,86 Millionen Euro, verteilt nach abS“ zeigt die entsprechenden Ergebnisse einer solchen Verteilung.






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Mittel für finanzschwache Gemeinden und Abwanderungsgemeinden



Gemäß dem Paktum zum FAG 2017 hat der Österreichische Gemeindebund ein Modell für die Verteilung der Strukturfondsmittel in Höhe von Jährlich 60 Millionen Euro entwickelt (berücksichtigt werden u.a. Bevölkerungsabgang und unterdurchschnittliches Wachstum, Finanzschwäche sowie altersdemographische Aspekte). Zum Fertigstellungszeitpunkt dieses Beitrags ist die Zustimmung des Österreichischen Städtebundes dazu jedoch noch nicht erfolgt, sodass die näheren Details zu dieser künftigen Finanzzuweisung des Bundes an die jeweiligen Gemeinden an anderer Stelle präsentiert werden.

Nach dem FAG ist vor dem FAG



Vermutlich sind all jene, die unmittelbar in diese sehr ausführlichen Verhandlungen zum FAG 2017 eingebunden waren, nicht unglücklich über die nahenden Weihnachtsfeiertage. Die Verschnaufpause wird jedoch, glaubt man dem Text des Paktums, nicht lange dauern: So soll etwa ein Benchmarking-System entwickelt und „Spending-Reviews“ (strukturierte Diskussions- und Evaluierungsprozesse zu definierten Aufgabenbereichen, wie etwa dem öffentlichen Personennahverkehr) durchgeführt werden. Besonders herausfordernd wird sicherlich die bis Herbst 2017 zu führende Diskussion rund um die mögliche Einführung von „aufgabenorientierten Gemeindeertragsanteilen“ im Bereich der Kinderbetreuung (0 – 6-Jährige) mit Anfang 2018 sein. Man wird also sehen, ob man es bis dahin schafft, die nötigen Antworten auf Fragen wie - welches Mindest-Leistungsniveau ist verpflichtend und welches wird darüber hinaus freiwillig erbracht und ist damit nicht über den Finanzausgleich zu finanzieren – gefunden werden.