Traktorreifen in Großaufnahme
Mehr als die Hälfte der Gemeinden benötigen neue Fahrzeuge. Fast alle haben einen Traktor.

Darauf fahren die Gemeinden ab

In den Fuhrparks der österreichischen Gemeinden läuft nicht alles rund. KOMMUNAL hat erstmals den Bestand an gemeindeeigenen Fahrzeugen von Kommunen mit vergleichbarer Größe erhoben. Die Ergebnisse zeigen, das sowohl die Probleme als auch deren Ursachen in vielen Orten in großem Ausmaß die gleichen sind.

In zahlreichen Rückmeldungen haben Gemeindebedienstete nicht nur die Antworten auf die Frage nach Anzahl und Art der vorhandenen Fahrzeuge geliefert, sondern auch detaillierte Listen mit Marke, Modell, Baujahr oder Anzahl der Betriebsjahre übermittelt. Das geschah in derart vielen Fällen, dass sich dadurch zusätzliche zuverlässige Aussagen über diese Kriterien treffen ließen. Zum Beispiel haben derart viele Gemeinden als Pick-up einen Mitsubishi L200, dass, selbst wenn man alle nicht näher spezifizierten Pick-ups einem einzigen anderen Modell zuordnen würde, dieser nicht mehr von Platz eins verdrängt werden könnte.



Ähnlich klar ist die Dominanz des Unimogs bei den Multifunktionsfahrzeugen. Bei den Hochdachkombis/Kastenwägen rangiert der VW Caddy am höchsten in der kommunalen Gunst, knapp gefolgt vom Peugeot Partner. Im Bereich der E-Fahrzeuge ist der Renault ZOE das meistgenannte Modell. All das sind wohlgemerkt zusätzliche Erkenntnisse aus proaktiv gelieferten Angaben.



Die befragten Gemeinden haben alle eine Bevölkerungszahl zwischen 2500 und 3500 Einwohnern. Zwar unterscheiden sie sich natürlich hinsichtlich ihrer Fläche und Topographie, dennoch ist die Bandbreite an Fahrzeugen erstaunlich. Während manche Kommunen mit nur zwei motorbetriebenen Fahrzeugen zurande kommen, umfasst der Fuhrpark in einigen anderen Fällen 15 bis 20 derselbigen.

Einen Traktor haben fast alle



Unangefochten an der Spitze liegt dabei der Traktor als meistgenutztes Gemeindefahrzeug. Häufiger genannt wurde nur der Schneepflug, wobei dieser in den allermeisten Fällen nur als Anbaugerät für ein anderes Fahrzeug angegeben wurde. Im Schnitt verfügen die Gemeinden übrigens über je zwei Schneepflüge, ein Streugerät.



Eine Schneefräse im Gemeindebesitz hat nur ca. jede dritte Kommune. Hinzu kommen ausgelagerte Winterdienste. Gemeinden, die über keinen klassischen Traktor verfügen, weisen stattdessen eine überdurchschnittliche Anzahl an Kleintraktoren auf. Dabei ist zu beachten, dass die Grenzen der Fahrzeugklassifikationen fließend sind. Manche dieser Fahrzeuge, wie z. B. Modelle der Firma Kubota, könnten auch zu den Geräteträgern gezählt werden. Für die Erhebung wurden die Modelle mit unterschiedlich großen Vorder- und Hinterrädern und ohne eigene Ladefläche zu den Kleintraktoren gezählt, während Unimog oder AEBI in der Regel den Universalgeräteträgern zugeordnet sind.



Die Gemeinden, die weder über Traktor, Kleintraktor oder einen Geräteträger verfügen, lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen und besitzen stattdessen zumindest einen Bagger. Häufig vorhanden ist zudem ein Pritschenwagen oder zumindest ein Pickup.Die Top 10 der häufigsten Fahrzeuge befinden sich in der Grafik auf den Folgeseiten. Den Einzug in dieses Ranking knapp verpasst haben mit Platz 11 übrigens die Rasen-und Böschungsmähfahrzeuge.

50 Prozent der Gemeinden brauchen ein Fahrzeug



KOMMUNAL fragte neben dem Bestand auch nach dem grundsätzlichen Bedarf an Fahrzeugen, unabhängig davon, ob eine tatsächliche Anschaffung realistisch ist oder nicht. Nur knapp die Hälfte aller Gemeinden hat demnach ihren Bedarf an Fahrzeugen auch tatsächlich gedeckt. Über 50 Prozent haben teils akuten Anschaffungsbedarf. Wiederum ein Drittel dieser Gemeinden benötigt gleich zwei oder mehr Fahrzeuge.



In etlichen Fällen geht es dabei gar nicht um eine Aufstockung des Fuhrparks, sondern um einen Austausch funktionsuntüchtiger, essenzieller Maschinen. So finden sich Traktor, Kleintraktor und Pritsche unter den meistgenannten Fahrzeugtypen. Weit oben auf dem Wunschzettel stehen weiters Fahrzeuge mit einer dezitierten Funktion, wie zum Beispiel Bagger, deren Aufgaben bislang vom vorhandenen Fahrzeugmaterial mehr schlecht als recht abgedeckt werden müssen.



Die dritte Kategorie an Wunschfahrzeugen bilden jene, die nur einen saisonalen Nutzen haben, wie etwa Kehrgeräte. Mit dem Argument der mangelnden Auslastung wird deren Anschaffung häufig hintangestellt, was viele Gemeinden im Herbst (Laub), im Winter sowie im Frühjahr (Streugut) vor logistische Probleme stellt und einen hohen Personalaufwand erzwingt. Für andere Gemeinden ist die mangelnde Auslastung hingegen existent. So gibt eine Kommune beispielsweise an, ihre zwei Unimogs praktisch nur für den Winterdienst einzusetzen.

Wenig gemeindeübergreifende Nutzung



Die gemeindeübergreifende Nutzung von Kommunalfahrzeugen ist dennoch kaum vorhanden. Über 90 Prozent der Befragten verneinten eine derartige Kooperation. Einige gaben an, dass indirekt eine gemeinsame Nutzung von E-Fahrzeugen vorliege, sofern mehrere Gemeinden die innerhalb eines regionalen Verbundes nutzen. Nur 5 Prozent der Gemeinden teilen sich Fahrzeuge. Zumeist solche deren alleinige Anschaffung unrentabel wäre. In diesem Zusammenhang öfters genannt wurden: Schneestangensetzgeräte, Loipenspurgeräte, Böschungsmäher. Mulcher und Kehrgeräte.



Die Betriebs- und Wartungskosten werden je nach verbrauchten Betriebsstunden auf die Gemeinden verteilt. Das funktioniet laut Angaben zwar so gut wie immer problemlos, dennoch bevorzugt der Löwenanteil der Gemeinden eher die Fahrzeuganmietung von privaten Anbietern gegenüber einer gemeinschaftlichen Nutzung. Die Tatsache, dass selbst beim Fahrzeugverleih zwischen zwei Gemeinden Umsatzsteuer fällig wird, ist diesbezüglich ein Hemmschuh.

Ein Viertel nutzt Elektroautos



Hemmschuh ist auch das Stichwort zum Thema der elektrisch betriebenen Fahrzeuge. In dieser Hinsicht sind Österreichs Gemeinden nämlich viel weiter als man vielleicht denkt. Mehr als ein Drittel hat bereits E-Cars in kommunaler Verwendung, ein weiteres Viertel beabsichtigt deren Einsatz in absehbarer Zeit. Erwähnter Hemmschuh ist dabei die Kostenfrage, konkret der Missstand, dass die öffentliche Hand einerseits mit gutem Beispiel vorangehen sollte, es aber just für sie keinerlei Förderung für E-Fahrzeuge gibt. Die Argumentation der Mehrkosten ist dem Steuerzahler dementsprechend schwer kommunizierbar. Das Resultat dieser Situation sind teilweise skurrile Workarounds. Nur wenige der Gemeinden besitzen die E-Fahrzeuge direkt. Eher werden die E-Cars über einen Regionalverband oder per Mietmodell genutzt. Am häufigsten wird allerdings ein E-Carsharing-Verein gegründet, der offiziell allen Bürgern offen steht. Die Gemeinde wird sodann selbst Vereinsmitglied und ist nicht selten mit Abstand der Hauptnutzer.



Die Kosten sind aber nicht nur in Bezug auf E-Fahrzeuge ein Problem. Gefragt nach den vorrangigsten Schwierigkeiten in Bezug auf den Fuhrpark gab mehr als die Hälfte Geldsorgen an. Ganz oben auf der Liste steht für 43 Prozent aller Gemeinden die Finanzierung, aber auch die teure Erneuerung bzw. Instandhaltung bereitet Kopfzerbrechen (20,7 Prozent).

Gemeinden hadern mit Ausschreibungen



Zweites großes Thema neben den Kosten ist der Anschaffungsprozess. Jede zehnte Gemeinde hadert mit den Ausschreibungen, in jeder zwanzigsten stockt der Prozess aufgrund von Unstimmigkeiten bei der Einigung auf ein konkretes Fahrzeug.



Auf Nachfragen kristallisierte sich heraus, dass es dabei weniger um Differenzen innerhalb des Gemeinderates geht, sondern vornehmlich um solche zwischen den Vorstellungen der Praktiker am Bauhof und den Politikern. Nennenswert sind weiters Qualitätsmängel und Ausfälle bei den Maschinen. Ausfälle beim Personal bringen aber auch so manche Gemeinde in die Bredouille, und zwar betrafen diese Angaben immer den Winterdienst.

Spezialfahrzeug sind oft schwierig zu bedienen



Wie schon erwähnt, sind Pflug, Streuer etc. zumeist als Anbaugeräte in Verwendung. Wurden diese für eher exotische oder Spezialfahrzeuge angeschafft, ist der Kreis der Personen, die in der Lage sind, diese Gefährte auch steuern zu können äußerst überschaubar. Bei einer Erkrankung der Lenker ist dann schnell Feuer auf dem Dach. Daher sollte man schon bei der Beschaffung darauf achten, wer überhaupt fähig ist, im Fall des Falles einspringen zu können.



Zwar bezieht sich die Erhebung nur auf Gemeinden um die 3000 Einwohner, dennoch lässt sie einige Schlussfolgerungen zu. Dringend gefordert wäre die Politik, hinsichtlich Elektro-fahrzeugen und gemeinsamer Nutzung von Kommunalmaschinen bessere Rahmenbedingungen und Anreize zu schaffen.