Bauland soll mobilisiert werden

25. Juli 2016
Die Salzburger Landesregierung hat sich auf die Eckpunkte eines neuen Raumordnungsgesetzes geeinigt. Damit sollen zentrale Herausforderungen gemeinsam angegangen werden: Mobilisierung von Bauland, befristete Widmungen und somit weniger Spekulation mit Bauland, Abbau des Baulandüberhanges, Eindämmen weiterer Zersiedelung, Stärkung der Ortskerne durch restriktive Handhabung bei neuen Handelsgroßbetrieben, verbindliche Regionalplanung sowie Stärkung der Raumplanungsverantwortung auf Gemeindeebene, wirksame Maßnahmen gegen illegale Zweitwohnsitze, höhere Planungsqualität und mehrere Verfahrensvereinfachungen.

„Es gibt kaum eine komplexere Querschnittsmaterie als Raumordnung. Daher war es auch erforderlich, dass wir die Dinge neu und ohne ideologische Vorbehalte denken. Es ist uns gelungen, bei einer relativ großen Kontinuität der Raumordnungssystematik doch einige fundamentale Systemumstellungen zu wagen. Die Wesentlichsten sind wohl die Umstellung von einer Vorratswidmung auf eine Bedarfswidmung, die Befristung von Widmungen und der Abbau des Baulandüberhanges durch die Einführung einer Infrastrukturabgabe. Das bedeutet im Endeffekt das Ende der Baulandspekulation im Bundesland Salzburg. Durch die Mobilisierung von Bauland erwarten wir uns eine erhebliche preisdämpfende Wirkung. Wohnen wird erschwinglicher werden, und die Wirtschaft wird angekurbelt“, meint Landeshauptmann Wilfried Haslauer.



Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler, zuständig für die Raumordnung: „Raumordnung ist der Schlüssel zur Gesamtentwicklung unseres Landes, sie umfasst alle Lebensbereiche, von Wohnen bis Arbeiten, von Sozialinfrastruktur bis Naturraum und Bodenverbrauch. Ein sorgsamer Umgang mit der begrenzten Ressource Boden ist für eine nachhaltige Entwicklung und Vorsorge für künftige Generationen unverzichtbar und muss das erklärte gemeinsame Ziel sein.“



Das neue Salzburger Raumordnungsgesetz enthält wesentliche Maßnahmen zur Mobilisierung von Bauland. Die Widmungskategorie „Förderbarer Wohnbau“ soll für die Gemeinden neue Möglichkeiten der Steuerung schaffen.



Auf folgende Punkte hat sich die Landesregierung nun im Detail geeinigt:

Neues Bauland befristen



Neue Widmungen werden auf einen Zeitraum von zehn Jahren befristet. Werden sie innerhalb von zehn Jahren nicht bebaut, tritt die vorher festgesetzte Folgewidmung (Grünland) automatisch in Kraft. Damit wird verhindert, dass neuer Baulandüberhang aufgebaut wird und gewidmete Flächen zum Spekulationsobjekt werden.

Bestehendes Bauland mobilisieren



Salzburgs Baulandreserven sollen genützt werden. Zur Mobilisierung bestehenden Baulands haben die Grundeigentümer ab Inkrafttreten der Novelle fünf Jahre Zeit für eine Bebauung. Erfolgt dies nicht, ist entweder eine Infrastrukturabgabe zu leisten oder die Fläche wird auf Antrag des Grundbesitzers in Grünland rückgewidmet.



Bei nachgewiesenem Eigenbedarf kann die Bebauungsfrist um zehn Jahre (auf insgesamt max. 15 Jahre) verlängert werden. Danach ist die Infrastrukturabgabe zu leisten oder auf Antrag des Grundbesitzers in Grünland zurück zu widmen. Eigenbedarf ist eng gefasst, er gilt nur für Nachkommen ersten Grades und den Eigentümer selbst. Im Falle von vorverstorbenen Kindern treten die Enkelkinder ein (Nachkommen in gerade Linie). Die Flächengröße bei Eigenbedarf ist auf 700 Quadratmeter pro Parzelle beschränkt.



Für neues Bauland kann künftig kein Eigenbedarf geltend gemacht werden.

Infrastrukturabgabe



Zur Baulandmobilisierung bestehender gewidmeter Flächen wird eine Infrastrukturabgabe eingeführt. Der Entwurf sieht eine gestaffelte Abgabe in Höhe von zirka maximal zwei Euro pro Quadratmeter und Jahr vor. Fällig wird sie erstmals ab einer Größe zwischen 500 und 700 Quadratmeter in der Höhe von max. 1.400 Euro und dann für jede weitere Einheit von 700 Quadratmeter. Die Möglichkeit einer regionalen Staffelung ist politisch vereinbart, bedarf noch einer legistischen Prüfung.

Eindämmen der Zersiedelung



Den bestehenden Planungsgrundlagen der Räumlichen Entwicklungskonzepte 2009 (REK 2009) kommt (am REK 2009 ändert sich nichts) eine stärkere Rolle zur Stärkung von kompakten Siedlungsstrukturen zu. Es ist vorgesehen, die Siedlungsstandorte auf ihre Standortqualitäten genauer zu prüfen. Das gilt für jene Flächen, die über die erschöpfte Baulandbilanz hinaus befristet gewidmet werden.



Ab Inkrafttreten des neuen Raumordnungsgesetzes haben die Gemeinden fünf Jahre Zeit, die räumlichen Entwicklungskonzepte neu zu erstellen.

Stärkung der Ortskerne



Die Stärkung der Ortskerne und damit der ländlichen Regionen ist vorrangiges Ziel der Landesregierung. Deshalb können Handelsgroßbetriebe der Kategorie Verbrauchermärkte künftig nur noch in ausgewiesenen Stadt- und Ortskernbereichen errichtet werden.



Bestehende Verbrauchermärkte in peripheren Lagen erhalten die Möglichkeit einer einmaligen Verkaufsflächenerweiterung um maximal 100 Quadratmeter.



Für Verbrauchermärkte an einwohnerstarken Siedlungsstandorten außerhalb von ausgewiesenen Stadt- und Ortskernbereichen kann in Einzelfällen und in direkter Verbindung mit Wohnbebauung der Schwellenwert der Verkaufsfläche um 100 Quadratmeter erhöht werden. In Gewerbegebieten können keine neuen Verbrauchermärkte und Fachmärkte mit mehr als 300 Quadratmeter errichtet werden.

Stärkung der Regionalplanung



Der Regionalplanung als überörtliche Planungsebene wird zukünftig mehr Gewicht beigemessen. Alle Regionalverbände haben einstimmig Regionalprogramme mit verbindlichen Festlegungen mit einer Frist von drei Jahren ab Inkrafttreten des ROG zu erstellen. Damit sollen regional wirksame Maßnahmen besser abgestimmt werden.



Im neuen ROG soll der Umfang der Regionalprogramme reduziert und die wesentlichen Mindestinhalte definiert werden, wie etwa angestrebte Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung, Verkehrsentwicklung, Tourismus und Mobilität.



Die Inhalte des Landesentwicklungsprogrammes, der Regionalprogramme sowie der Instrumente der örtlichen Raumplanung werden zukünftig besser aufeinander abgestimmt.

Wirksame Maßnahmen gegen illegale Zweitwohnsitze



Binnen Jahresfrist ab Inkrafttreten des Gesetzes wird von den Gemeinden eine Wohnsitzerhebung durchgeführt. Jeder Wohnungsbesitzer hat die Nutzung der Wohnung (Hauptwohnsitz/Nichthauptwohnsitz/Leerstand) bekannt zu geben. Nach Bekanntgabe der jeweiligen Nutzung kann im Falle einer Nichthauptwohnsitznutzung (Zweitwohnnutzung) die Wohnung weiter unbefristet als höchstpersönliches Recht als Zweitwohnung genutzt werden, aber nicht vererbt oder verkauft werden.



Es wird legistisch geprüft, ob ein illegaler Zweitwohnsitz als höchstpersönliches Recht fortgesetzt werden kann.



Ausnahmen gelten weiterhin für berufsbedingte oder ausbildungsbedingte Wohnnutzungen. Im Fall einer Zweitwohnungsnutzung ist die „besondere“ Ortstaxe mit einem 30-prozentigen Zuschlag zu bezahlen. Dieser Zuschlag kommt rein der Gemeinde zu.



Zur Abgrenzung von Zweitwohnsitz und Leerstand gelten künftig nur unmöblierte Wohnungen als Leerstand. Ausnahmen gelten für Wohnungen, die gerade saniert werden beziehungsweise die aufgrund ihrer Baufälligkeit nicht bewohnbar sind. Mit der Wohnsitzerhebung steht der Gemeinde eine Evidenz für gemeldete und genehmigte Zweitwohnungen (und Leerstand) und tatsächlicher Leerstand zur Verfügung.

Erhöhung der Planungsqualität



Bei der Erstellung der Räumlichen Entwicklungskonzepte soll die Gemeinde jene Siedlungsbereiche ausweisen, für die zukünftig Bebauungspläne zu erstellen sind. Damit soll gewährleistet werden, dass größere Planungsgebiete abgegrenzt werden, in denen grundlegende Festlegungen (Bebauungsdichte, Bauhöhe, Verkehrserschließung etc.) festzulegen sind. Dadurch kann für die Grundbesitzer, für allfällige Investoren, aber auch für die Anrainer eine höhere Planungssicherheit erreicht werden.

Weitere wesentliche Änderungen

Einführung der Widmungskategorie "Förderbarer Wohnbau"

Zur Unterstützung und Mobilisierung von Flächen für den geförderten Wohnbau wird eine neue Wohnbauland-Widmungskategorie "Förderbarer Wohnbau" eingeführt. Verfügt ein Grundstück über diese Widmungskategorie, dann können auf dieser Fläche nur förderbare Wohnungen (Miete oder Eigentum) errichtet werden. Eine Veräußerung als Anlegerwohnung ist in dieser Widmungskategorie nicht möglich.

Diverse Verfahrensvereinfachungen

Bisher unterliegen alle Änderungen des Flächenwidmungsplanes einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung. Zukünftig kann die Aufsichtsbehörde bei Vorliegen eines neuen Räumlichen Entwicklungskonzeptes (2009) innerhalb einer vierwöchigen Frist prüfen, ob alle Widmungsvoraussetzungen im Verfahren ausreichend berücksichtigt wurden. Sind die Widmungsvoraussetzungen erfüllt, dann genügt eine Kenntnisnahme durch die Aufsichtsbehörde. Bei unvollständigen Unterlagen oder gravierenden Verstößen gegen das ROG oder das REK kann die Aufsichtsbehörde ein Bescheidverfahren einleiten, in dem wie bisher eine aufsichtsbehördliche Genehmigung oder Versagung ausgesprochen werden kann.

Baulandbilanz / Baulandüberhang

Jene Gemeinden, die in ihrer Baulandbilanz einen Baulandüberhang über dem 10-Jahresbedarf haben, dürfen zukünftig nur in raumplanungsfachlich gut geeigneten Standorten neue Widmungen erlassen.

Revision der Flächenwidmungspläne

Gemeinden, die über ein neues REK (2009) verfügen, sind verpflichtet, innerhalb einer Frist von zwei (fünf Jahre wurden vereinbart, da ab diesem Zeitpunkt die Maßnahmen greifen) Jahren eine Revision des Flächenwidmungsplanes durchzuführen. Jene Gemeinden, die erst auf das REK 2009 umstellen, haben diese Revision innerhalb von zwei Jahren durchzuführen. Im Zuge dieser Revision sind allfällige Baulandüberhänge dem 10-Jahresbaulandbedarf anzupassen (ähnlich wie seinerzeit beim ROG 1992).