Symbolbild Energiesparen
Die Heiztemperatur sollte auf maximal 20 Grad reduziert werden.
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Energiekrise

Wo Gemeinden Energie sparen können

8. September 2022
Die eingeschränkte Versorgung mit russischem Gas und die damit verbundene Energiekrise machen auch vor den österreichischen Städten und Gemeinden nicht Halt. Die steigenden Kosten und die zweifelhafte Energieversorgung mit Gas machen das zu einer großen Herausforderung. Energiesparmaßnahmen sind angesagter denn je. Die Frage ist nur: Wie?

Die Umsetzung von Energiesparmaßnahmen sollte möglichst schnell erfolgen. Denn alles, was jetzt an Gas eingespart werden kann, bleibt als Reserve für Herbst und Winter erhalten.

Die Ausgangslage ist bekannt: Österreich ist stark von russischem Gas abhängig – 87 Prozent ist der Anteil Russlands an Österreichs Gasimporten. Die Lage ist sehr angespannt. Aktuell sind die österreichischen Speicher etwas mehr als halb voll. Dieser Vorrat entspricht ungefähr der Hälfte des österreichischen Jahresverbrauchs. Dennoch dürfen wir uns nicht darauf verlassen und ausruhen, sondern müssen weiter Energie einsparen. Denn die Speicher sind unsere Versicherung für den Winter. Je mehr wir heute an Gas einsparen, desto voller werden die Speicher.

Daher müssen wir jetzt alles daransetzen, die Stromerzeugung durch Gas herunterzufahren, auf Klimaanlagen zu verzichten, Heizungstemperaturen zu reduzieren (höchstens bis etwa 18 bis 20 Grad) und Warmwasser einzuschränken.

Die österreichischen Städte und Gemeinden sind seit Jahrzehnten Vorbilder, Trendsetter und Multiplikatoren, wenn es um Nachhaltigkeit und Energieeffizienz geht. Jede österreichische Gemeinde ist mit dem Thema vertraut und setzt seit vielen Jahren eigeninitiativ klimaschonende Maßnahmen um – ob es die Umstellung der Beleuchtung auf LED, die thermische Sanierung von öffentlichen Gebäuden, die Installierung von PV-Anlagen oder klimaschonende Mobilitätslösungen vor Ort sind.

Die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energie- und Versorgungskrise zwingt nicht nur die einzelnen Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Städte und Gemeinden zu Energiesparmaßnahmen.

Es gibt keinen einheitlichen Masterplan

Einen einheitlichen Masterplan zum Energiesparen von Städten und Gemeinden gibt es in Österreich nicht. Die EU hat erstmals einen Notfallplan zur Diskussion gebracht, wie gemeinsam agiert werden kann, wenn es einen Gas-Lieferstopp aus Russland geben sollte. Dennoch arbeiten bereits viele Städte und Gemeinden eigeninitiativ und verantwortungsbewusst an Energiesparkonzepten.

Nützliche Tipps, was Städte und Gemeinden aktiv tun können, um Einsparpotenziale vor Ort zu heben, gibt es dennoch.

Dabei geht es in erster Linie um einfache Maßnahmen, die die Gemeinden – und auch die Bürgerinnen und Bürger – rasch und kurzfristig umsetzen können, ohne allzu großen Aufwand und Einschnitte für den Betrieb.

Wie schon im privaten Bereich geht es auch bei den Städten und Gemeinden in einem ersten Schritt um Empfehlungen – auch eine Prioritätsliste nach Einrichtungen ist ratsam (Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen, Kindergärten etc.).

  • Überprüfen und Entlüften der Heizungsanlagen in allen öffentlichen Gebäuden
  • In der Folge Absenkung der Temperatur in Verwaltungsgebäuden und öffentlichen Einrichtungen (ein Grad weniger spart bis zu sechs Prozent Energie, die Empfehlung lautet auf höchstens 18 bis 20 Grad Raumtemperatur)
  • Klimaanlagen im Sommer abschalten und reduzieren
  • Licht sparen, wo immer möglich
  • Standby-Modi in öffentlichen Gebäuden abschalten
  • Verzicht auf Warmwasseraufbereitung in öffentlichen Gebäuden
  • Straßenbeleuchtung reduzieren (auch Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden, Wahrzeichen, Kirchen, Schaufenstern etc.)
  • Ampelanlagen einschränken
  • Verzicht auf Flutlichtanlagen auf öffentlichen Sportanlagen in den Wintermonaten
  • Verzicht auf Weihnachtsbeleuchtung in der Gemeinde
  • Keine Beheizung von Schwimmbädern abseits der Saison
  • Verzicht auf Eislaufplätze in Gemeinden

Auch längerfristige Maßnahmen wären in großen und kleinen Gemeinden planbar, wobei manche Punkte entweder schon gesetzt sind oder bereits laufen – oder derzeit nur schwer umsetzbar sind:

  • Thermische Sanierung von öffentlichen Gebäuden
  • Umstellung von fossilen auf energieeffiziente Heizsysteme bei öffentlichen Gebäuden
  • Installierung von PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden
  • Umsetzung von Energiegemeinschaften
  • Installierung von Blackout-Plänen und Sicherheitskonzepten

Weitere Möglichkeiten

Es gibt neben den angesprochenen aber auch weniger naheliegende Möglichkeiten, Energie zu sparen. Homeoffice für Gemeinde- und Landesbedienstete – vielleicht nur zeitweise – wäre etwa eine Maßnahme, die zu enormen Einsparungen führt. Eine weitere: Temporeduktionen. Auf Gemeindestraßen fallen sie nämlich in die Verantwortung der Gemeinden. Eine Herabsenkung von Tempo 50 auf 30 wurde etwa in vielen Straßen in Graz vorexerziert.

Bleiben zuletzt noch ganz gewöhnliche Energiesparmaßnahmen, wie sie Privatpersonen setzen können, aber eben auch Gemeinden und Länder. Heizkörper entlüften, Thermostate installieren, Radiatoren nicht mit Möbeln verstellen. „Man unterschätzt gemeinhin stark, welche Effizienzgewinne derartige Maßnahmen bringen“, erklärt Gregor Thenius, Experte der Österreichischen Energieagentur (AEA) mit Schwerpunkt Energieeffizienz, in einem Beitrag im „Standard“.

Rahmenbedingungen für das Reduzieren von Beleuchtungen noch nicht geklärt

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Reduzieren von Straßenbeleuchtungen oder Ampeln im Straßenverkehr speziell im Schadensfall (Haftungsfragen) werden mit den zuständigen Stellen noch abgeklärt.

Eine drohende Energie- und Versorgungskrise ist nur im Schulterschluss mit Bund, Ländern, Gemeinden und Bevölkerung zu bewerkstelligen. Da sind Solidarität und Zusammenhalt mehr denn je gefragt. Die Städte und Gemeinden werden jedenfalls ihren Beitrag leisten – in der Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger.

Thenius spricht aber auch Probleme mit solchen Maßnahmen an. So müssen die Verantwortlichen in Sachen Beleuchtung einen Mittelweg finden: Es dürfe an manchen Stellen ruhig etwas dunkler werden, gerade etwa bei der Beleuchtung von Sehenswürdigkeiten – zugleich jedoch sollen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht unsicher fühlen oder gar wegen schlechter Sicht in Gefahr geraten.

Bei Temperaturabsenkungen wiederum geht es nicht unbedingt darum, stur überall die Temperatur zu reduzieren. „Man kann stattdessen überlegen, welche Räume inwieweit genutzt werden“, sagt Thenius. „Wenn ein Raum kaum belegt ist, kann man die dort Arbeitenden vielleicht woandershin verlegen.“ Der betreffende Raum könne dann kalt bleiben – andere kann man im Gegenzug regulär beheizen.

Strom ist der größte Energieverbraucher

Strom wird in einer Gemeinde vor allem in Gebäuden verwendet. In einer  Beispielsgemeinde mit 2.000 Einwohnern entfallen über 40 Prozent auf diesen Verbrauchsposten.

Fast ein Viertel des Stromverbrauchs entfällt auf die Straßenbeleuchtung. Weitere wichtige Verbraucher sind die Kläranlage, ein Schwimmbad und die Wasserversorgungsanlage.

„Strom ist die teuerste Energieform. Daher ist es hier besonders wichtig, auf Effizienz zu achten“, sagt Monika Panek von der Energie- und Umweltagentur NÖ (eNu). PV-Anlagen und Erneuerbare Energie­gemeinschaften bieten hier Möglichkeiten, Strom in der Gemeinde selbst zu erzeugen.

Amortisationszeit verringert sich

In einer Gemeinde wurde die Straßenbeleuchtung im Jahr 2016 komplett auf LED umgestellt. Dadurch sank der Stromverbrauch um 64 Prozent. Jährlich konnten so 70.000 Euro eingespart werden – nicht nur Stromkosten, sondern auch Material- und Personalkosten. Nach zehn Jahren sollte sich, so die ursprünglichen Berechnungen, die Investition amortisiert haben. Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und den damit einhergehenden höheren Energiekosten hat sich die Amortisationszeit auf acht Jahre verringert.

Sparpotenziale herausfinden

Bei den Kosten für die Erzeugung von Wärme sieht es ähnlich aus. In der Beispielsgemeinde gibt es eine Neue Mittelschule, die alleine über 30 Prozent der Wärme benötigt. Die beiden Veranstaltungsgebäude im Ort verbrauchen zusammen 27 Prozent der Wärme, das Gemeindeamt etwa 11 Prozent. „Das ist natürlich in jeder Gemeinde etwas anders. Wichtig ist aber zu wissen, was die großen Wärmeverbraucher im Ort sind und wo das größte Einsparpotenzial ist“, erläutert Monika Panek. Die verpflichtende Energiebuchhaltung biete hier wertvolle Daten, um herauszufinden, wo man bei der Sanierung ansetzen kann.

Wichtig ist es, die Nutzer von Gemeindegebäuden zu schulen, wie sie Energie einsparen können. Große Einsparungspotenziale gibt es in Schulen und Kindergärten. Dort sind die Temperaturen oft ungesund hoch. Hier können die Energiebeauftragten der Gemeinden mit den Pädagoginnen und Pädagogen Gespräche führen, um ein Umdenken zu erwirken. In einem konkreten Fall konnten die Heizkosten dadurch um 30 Prozent gesenkt werden.

Förderungen nutzen

Die Energiekosten hängen natürlich auch sehr davon ab, welche Energieträger verwendet werden. 

Bei den von der eNu betreuten 250 Gemeinden werden derzeit rund 45 Prozent fossile Energieträger – 41 Prozent Gas, 4 Prozent Öl – genutzt. Eine Umstellung auf Erneuerbare Energieformen ist dank umfangreicher Förderungen und Bedarfszuweisungen derzeit enorm attraktiv. Auch das Kommunale Investitionsprogramm des Bundes bietet interessante Förderungsmöglichkeiten. „Wenn Sie noch KIP-Mittel zur Verfügung haben, dann nutzen Sie diese“, rät eNu-Expertin Panek. Einreichungen sind bis Ende 2022 möglich. 

Heizen in Gebäuden per Verordnung eingeschränkt

Um Energie zu sparen, sollen öffentliche Gebäude in Deutschland ab September in der Regel nur noch bis maximal 19 Grad beheizt (statt bisher 20)werden. Eine entsprechende Verordnung beschloss das Bundeskabinett Ende August.

Durchgangsbereiche wie Gänge, Foyers und Technikräume sollen nicht mehr geheizt werden. Diese und eine Reihe anderer Vorgaben sollen ein halbes Jahr lang gelten.

Außerdem vorgesehen ist ein Aus der Beleuchtung von Gebäuden und Denkmälern aus rein ästhetischen oder repräsentativen Gründen. Auch beleuchtete Werbeanlagen sollen über Nacht ausgeschaltet werden.

Beispiele aus Gemeinden

Linz will der drohenden Energieknappheit entgegentreten, indem man die Beleuchtung öffentlicher Gebäude reduziert. Bauwerke und Brücken werden abends nur mehr bis 23 Uhr und morgens überhaupt nicht mehr beleuchtet. 

In Salzburg Stadt gehen seit Anfang August die Lichter bei Gebäuden wie Kirchen und Denkmälern früher aus. Insgesamt wird bei 32 Objekten die sogenannte Anstrahlzeit um eine Stunde reduziert, um ein Zeichen der Energieeinsparung zu setzen. Zudem hat die Stadt bereits 2013 begonnen, Leuchten und Masten auf LED-Lampen umzurüsten.

Rund 200.000 Straßenlaternen wurden in Niederösterreich auf LED umgestellt, beinahe jede zweite Laterne leuchtet somit energiesparend und ist damit auch dimmbar. In Wiener Neustadt haben die Stadt, die Militärakademie und die Pfarren die abendliche Beleuchtung von Sehenswürdigkeiten seit Mitte Juli ausgesetzt.

In Feldkirch im Ländle werden seit Anfang August historische Gebäude bis auf Weiteres nicht mehr beleuchtet. „Auch wir als Stadt wollen einen Beitrag zum Stromsparen leisten“, sagt Bürgermeister Wolfgang Matt.