Bürgermeister Eder
Wolfgang Eder: „Als Bürgermeister muss man Visionen haben und die Gemeinde gestalten.“

Wenn der Zufall das Schicksal bestimmt

Seit einem Vierteljahrhundert steht Wolfgang Eder an der Spitze Mauterndorfs. Der gelernte Tischler erlangte durch Zufall das Bürgermeisteramt und behielt es bis heute. Der Zufall half ihm auch im tragischsten Moment seiner Amtszeit.

Herr Eder, wie sind sie in die Politik gekommen?



Das war ein Zufall. Ich war auf unserer Liste so weit hinten, dass gar nicht absehbar war, dass ich in die Gemeindevertretung kommen würde. Allerdings haben wir derart viel dazugewonnen, dass ich als letzter noch in die Gemeindevertretung von Mauterndorf hineingekommen bin.



Wir hatten einen guten Bürgermeister, der allerdings mit 53 Jahren einen Sekundenherztod gehabt hat und plötzlich verstarb. Er hätte sicher noch zehn Jahre oder länger das Amt ausüben können, doch plötzlich stand man überraschend vor der Frage eines Nachfolgers und hat sich umgesehen, wer das sein könnte. Meine Lebensplanung war nie Bürgermeister zu werden, und da ich zuhause noch einen Tischlereibetrieb hatte, sagte ich zu, das Amt nur vorübergehend zu übernehmen. Irgendjemand musste es ja machen. Gewollt oder angestrebt habe ich das so aber nie. Und jetzt habe ich das Amt immer noch. (lacht)



Wenn wir damals nicht das elfte Mandat gemacht hätten, wäre ich gar nicht in die Gemeindevertretung gekommen und dann wäre auch nie zur Diskussion gestanden, Bürgermeister zu werden.



Wie hat ihre ursprüngliche Lebensplanung ausgesehen?



Ich hatte daheim den Tischlereibetrieb. Dem galt mein Hauptaugenmerk und nicht sosehr der Gemeinde. Als ich dann Bürgermeister wurde, habe ich den Betrieb anfangs noch parallel weitergeführt. Mein Sohn hatte andere Interessen als die Tischlerei und ich somit keinen Nachfolger, doch dann bekam ich die die Gelegenheit den Betrieb zu verpachten. Das tat ich auch, und so kam es, dass ich Bürgermeister geblieben bin. Mittlerweile bin ich zum sechsten Mal angelobt worden. So komisch geht's oft!



Sie sind über 25 Jahre in den Spitzenpositionen der Gemeinde tätig. Was hat sich hinsichtlich der Anforderungen an dieses Amt geändert?



Es hat sich die Gesellschaft verändert, und dadurch auch das Amt. Für meine Vorgänger, und auch in meiner ersten Zeit, war die Aufgabe in der Gemeinde noch nicht so intensiv wie jetzt. Als Bürgermeister muss man sich um alles kümmern. Das musste man früher zwar auch, aber damals hatte man noch andere Möglichkeiten gehabt. Da wurde vieles einfach so erledigt, und Probleme sofort lösen können. Heute erwartet sich die Bevölkerung, dass der Bürgermeister permanent ansprechbar und rund um die Uhr für sie da ist.



Erinnern Sie sich an einen besonderen Moment in ihrer Amtszeit?



Ich habe in meiner Amtszeit eigentlich alles erlebt. Das tragischste war 1997 der Amoklauf in Mautendorf, bei dem insgesamt sechs Menschen erschossen wurden, darunter mein damaliger Vizebürgermeister. Ich selbst habe durch Zufall überlebt, weil wir gerade an diesem Tag eine Sitzung in Tamsweg hatten. So ein Vorfall gehört zu den Dingen, die einen prägen, und zutiefst einschneidende Erlebnisse darstellen. In einem so kleinen Ort wie Mauterndorf, hat man nie gedacht, dass das passieren könnte. Man war der Meinung, dass passiere in den Städten, oder in Amerika, aber nicht bei uns.  Das arbeitet heute noch nach...



Sie sind Obmann des Regionalverbandes, Vorstandsmitglied im Salzburger Gemeindeverband, und im Bundesvorstand des Gemeindebundes. Hat man aus diesen Positionen einen anderen Blickwinkel als andere Bürgermeister?



Selbstverständlich. Man muss aber auch einiges tun, um diese Funktionen zu erreichen. Man muss sich das Vertrauen der Bürgermeisterkollegen im Bezirk erst einmal verdienen und dann erhalten. Natürlich hat man in der Folge verschiedene Zugänge und Informationen, die Bürgermeister ohne diese Funktionen nicht so schnell erfahren. Meine Aufgabe und meine Pflicht ist daher, die Bürgermeister im Bezirk über die Neuigkeiten zu informieren, welche Probleme auf uns zukommen werden, und wie sie sich auf die Gemeinde auswirken könnten. Als Vorsitzender der Bürgermeisterkonferenz und des Regionalverbandes muss man sich nach jeder Gemeinderatswahl von neuem der Wahl stellen, und meine Bürgermeisterkollegen haben mir bis heute immer noch das Vertrauen ausgesprochen. Man braucht aber nicht nur das Vertrauen, man braucht auch viel Zeit. Erst durch das Verpachten meines Betriebes konnte ich mehr überörtliche und überregionale Funktionen übernehmen, ansonsten wäre das zeitlich gar nicht möglich gewesen.



Sie wollen das Amt im Frühjahr 2018 abgeben. Welche Ratschläge werden sie ihrem Nachfolger mitgeben?  



Mein voraussichtlicher Nachfolger ist derzeit Vizebürgermeister. Er hat jetzt schon einen gewissen Einblick, über die gesamten Tätigkeiten des Bürgermeisters und über die aktuellen Probleme. Ratschläge, die ich ihm sicher mitgebe sind, dass er Geduld haben muss, dass er zuhören können muss, dass er die Menschen gerne haben muss, und dass er sich besonders um jene kümmern muss, die sich selbst nicht so laut artikulieren können und um die sich die Leute sonst weniger kümmern. Das ist ganz wichtig, denn diese Menschen fühlen sich ansonsten von allen verlassen und sind diejenigen, die mit der Erkenntnis "Mir hilft eh keiner" in die Politikverdrossenheit gleiten.

Der Mensch hinter dem Bürgermeister



Was ist für Sie zuhause?



Meine Familie. Da kann ich abschalten kann, und das brauche ich.



Wovor haben Sie Angst?



Vor sehr radikalen Tendenzen und Entwicklungen in der Gesellschaft, ansonsten aber eigentlich vor nichts.



Wenn ich einen Wunsch frei hätte …



Persönlich bin ich wunschlos glücklich. Der Gemeinde Mauterndorf wünsche ich auch in Zukunft eine gute Entwicklung, sodass sich die Bevölkerung wohl fühlen kann.



Haben Sie ein Lebensmotto?



Menschen mögen und für alle da sein, und nicht nur für Teile von ihnen.



Wie würden sie sich selbst mit einem Wort beschreiben?



Gesellig, lustig und (ganz sicher auch im Ruhestand) aktiv